1. Entwicklung
Die Geburtsstunde der gesetzlichen Krankenversicherung ist der 15.6.1883. Unter dem damaligen Reichskanzler Otto von Bismarck wurde das "Gesetz betreffend der Krankenversicherung der Arbeiter" erlassen. Von diesem Zeitpunkt an sind Industriearbeiter und Beschäftigte in Handwerks- und Gewerbebetrieben krankenversicherungspflichtig. Sie trugen 2/3, ihr Arbeitgeber 1/3 des Krankenversicherungsbeitrags. Deutschland ist damit das erste Land, das eine Sozialversicherung auf nationaler Ebene einführte. Zu Beginn der GKV waren etwa 10 % der Bevölkerung pflichtversichert, heute sind rund 87 % der Bevölkerung Versicherte in einer gesetzlichen Krankenkasse ( http://www.bmg.bund.de/themen/krankenversicherung/grundprinzipien/geschichte.html).
Praktisch von Beginn an wurde das Versicherungssystem reformiert, ohne – wie manche meinen – die gesteckten Ziele auch nur annähernd zu erreichen. Insbesondere angesichts permanent steigender Beiträge ist dies nicht von der Hand zu weisen.
2. Träger der gesetzlichen Krankenversicherung
Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sind gem. § 4 Abs. 1 SGB V die Krankenkassen als rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Die Krankenversicherung ist in folgende Kassenarten gegliedert:
- Allgemeine Ortskrankenkassen,
- Betriebskrankenkassen,
- Innungskrankenkassen,
- Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als Träger der Krankenversicherung der Landwirte,
- die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und
- Ersatzkassen.
Durch eine Reihe von Fusionen ist die Zahl der Krankenkassen in Deutschland stark gesunken. Gab es zu Beginn der siebziger Jahre noch weit über 1.500 gesetzliche Krankenkassen, sank die Anzahl bis 1995 auf unter 1.000 und lag zehn Jahre später nur noch bei 250. Derzeit gibt es noch knapp 88 geöffnete gesetzliche Krankenkassen und 29 gesetzliche Krankenkassen, die ausschließlich Betriebsangehörige versichern ( http://www.krankenkasseninfo.de/krankenkassen/).
Grundsätzlich besteht freie Krankenkassenwahl (geöffnete gesetzliche Krankenkassen) für versicherungspflichtige Personen.
3. Versicherter Personenkreis
Der Versicherungspflicht unterliegen u.a. Arbeiter, Angestellte, Arbeitslosengeldbezieher, Landwirte und Rentner, § 5 Abs. 1 SGB V. Versichert sind auch der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, § 10 Abs. 1 S. 1 SGB V, sog. Familienversicherung. Für Kinder gelten Altersgrenzen.
Hinweis:
An sich nicht versicherungspflichtige Personen können sich unter den Voraussetzungen des § 9 SGB V freiwillig versichern. Demgegenüber können sich versicherungspflichtige Personen gem. § 8 SGB V von der Versicherungspflicht befreien lassen. Die Befreiung wird nur wirksam, wenn das Mitglied das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachweist, § 8 Abs. 2 S. 3 SGB V.
4. Versicherungsfall
Die Krankenversicherung wird leistungspflichtig bei einer Krankheit. Interessanterweise wird der Begriff Krankheit gesetzlich nicht definiert. Krankheit wird in der Rechtsprechung und der herrschenden Literatur ganz überwiegend als "regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat" umschrieben (vgl. z.B. BSG SozR 3-2500 § 27 Nr. 5). Ob ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand vorliegt, beurteilt sich danach, ob der Versicherte noch die normalen psychophysischen Funktionen ausüben kann oder nicht (vgl. BSGE 59, 119, 121). Nur geringfügige Abweichungen sind nicht ausreichend ( http://www.rechtslexikon.net/d/krankheit/krankheit.htm).
Hinweis:
Auf Krankenversicherungsleistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind, § 11 Abs. 5 SGB V.
5. Leistungen
Die Krankenkassen stellen Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden, § 2 Abs. 1 SGB V.
Versicherte haben u.a. Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit, bei Schwangerschaft und Mutterschaft, zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch, zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten, § 11 Abs. 1 SGB V. Die medizinische Leistungserbringung ist geprägt vom Sachleistungsprinzip. Im Ergebnis nimmt der Versicherte die Leistungen unter Freistellung von den Kosten in Anspruch.
Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden, § 44 Abs. 1 SGB V. Arbeitsunfähigkeit liegt nach der Begriffskonkretisierung der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urt. v. 14.2.2001 – B 1 KR 30/00 R; 4.4.2006 – B 1 KR 21/05 R), die auch in die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien übernommen wurde, dann vor, wenn der Betroffene seine zu...