1 Anwälte treten immer seltener vor Gericht auf
Die Vertretung ihrer Mandanten vor Gericht verliert für die meisten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Deutschland immer mehr an Bedeutung. Im Mittel treten sie sechs Mal pro Monat vor Gericht auf. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Soldan Instituts hervor, für die 1.593 Anwälte befragt wurden. Der mit 35 % relativ höchste Anteil von ihnen erscheint sogar nur ein bis zweimal pro Monat vor Gericht; 7 % der Befragten gaben an, gar nicht mehr vor Gericht aufzutreten.
Unterschiede gab es bei einer Betrachtung nach den Tätigkeitsgebieten. Bei Anwälten mit den Tätigkeitsschwerpunkten im Straf-, Verkehrs-, Familien-, Versicherungs- und Sozialrecht spielen die Prozessmandate noch eine größere Rolle. Hingegen sind ihre Kollegen mit den Schwerpunkten Bilanz- und Steuerrecht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Wirtschaftsverwaltungsrecht oder Wettbewerbsrecht überwiegend beratend tätig.
"Es lässt sich feststellen, dass sich in der Anwaltschaft ausgeprägte Hemisphären ausgebildet haben. Auf der einen Seite stehen Rechtsanwälte, die eher beratend und gestaltend tätig sind und überwiegend Unternehmen betreuen, auf der anderen Seite finden sich Berufskollegen, die sich auf die prozessuale und außerprozessuale Vertretung gegenüber Dritten fokussiert haben und vor allem Privatleute zu ihren Mandanten zählen", erklärte Prof. Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts, die Resultate der Erhebung.
Ein weiterer Befund der Untersuchung ist, dass Methoden der alternativen Konfliktbeilegung wie etwa die Mediation in der Anwaltschaft bislang kaum eine Rolle spielen. Der Studie zufolge wenden Anwälte im Durchschnitt lediglich 3 % ihrer Arbeitszeit darauf. Knapp drei Viertel der Befragten gaben sogar an, in diesem Tätigkeitsfeld überhaupt nicht tätig zu sein.
[Quelle: Soldan]
2 Neue Fachanwaltschaft für Opferrecht vorerst gescheitert
Anfang Dezember fand die 5. Sitzung der 6. Satzungsversammlung bei der Bundesrechtsanwaltskammer statt. Auf der Agenda standen u.a. Änderungen im Bereich der Fachanwaltschaften und der Schutz des Anwaltsgeheimnisses bei der Mitwirkung Dritter (Stichwort "Outsourcing").
Beschlossen wurde eine Änderung beim Fachanwalt für Verkehrsrecht. Hier war nämlich Praktikern – 12 Jahre nach Einführung dieser Fachanwaltschaft – aufgefallen, dass die Aufzählung der Tätigkeitsbereiche unvollständig geblieben ist. Statt das gesamte "Verkehrsverwaltungsrecht" in den Kanon aufzunehmen, hatte es seinerzeit nur das "Recht der Fahrerlaubnis" in die Aufzählung des § 14d FAO geschafft. Dieses Versehen wurde nun behoben.
Nicht einigen konnte man sich in der Satzungsversammlung dagegen auf die Einführung einer neuen Fachanwaltschaft für Opferrechte. Diese neue Spezialisierung war bereits 2012 von der Justizministerkonferenz angeregt worden und wird seit rund vier Jahren in der Satzungsversammlung diskutiert. Der zuständige Ausschuss der Versammlung hat die Einführung anhand eines Kriterienkatalogs schließlich empfohlen. Beraten und vertreten soll der neue Fachanwalt der Empfehlung zufolge neben den klageberechtigten Opfern im Strafverfahren auch Personen, die Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) geltend machen. Unterschätzt wurde allerdings der Widerstand seitens der bereits im Strafrecht und im Sozialrecht spezialisierten Kollegen. Sie befürchteten wohl verstärkten Wettbewerb in ihren angestammten Tätigkeitsgebieten und eine Zersplitterung der Zuständigkeitsbereiche. Immerhin konnten die Befürworter einer Erweiterung der FAO durchsetzen, dass der zuständige Ausschuss bis Anfang kommenden Jahres die Anforderungen an die theoretischen Kenntnisse einer Fachanwaltschaft Opferrecht sowie die Anforderungen an die Fallzahlen präzisiert. Im April 2018 will sich die Satzungsversammlung dann erneut mit dem Thema befassen.
Dass die Einführung neuer Fachanwaltschaften nicht mehr so schnell gelingt wie bisher, dürfte sich auch bei den für die weitere Zukunft diskutierten Fachanwaltschaften für Verbraucherrecht und für Sportrecht zeigen. Sie sollen als nächste auf die Agenda kommen, weil ihre Befürworter darauf drängen, diese Tätigkeitsbereiche nicht der außeranwaltlichen Konkurrenz zu überlassen. Der Widerstand gegen neue Fachanwaltschaften wächst allerdings, viele Mitglieder der Satzungsversammlung sind der Meinung, dass die FAO inzwischen genügend Möglichkeiten der Spezialisierung bietet.
Ein weiteres wichtiges Thema der Tagung war der Schutz der Mandantendaten in Zeiten zunehmender Digitalisierung. Ein als Gastredner geladener Vertreter des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) beleuchtete den Einsatz sog. Cloud-Dienste und kam zu dem Ergebnis, dass solche Lösungen mehr Sicherheit bieten könnten als die ausschließliche Datenaufbewahrung innerhalb der Kanzlei. Er empfahl Anwälten, sich mit diesen Speicherlösungen zu beschäftigen und hierbei insbesondere auf die vom BSI erarbeiteten Mindeststandards zu achten.
[Red.]
3 Opferentschädigung nach Terroranschlägen
Opfer von Terroranschlägen sollen künftig umfassender betreut und besser entschädigt werden. Das sieht ein gemeinsamer Antrag der Bundestag...