Das BSG hat mehrere Entscheidungen zur Einkommensanrechnung gefällt.
aa) Bereite Mittel
In einem der entschiedenen Fälle (BSG, Urt. v. 24.5.2017 – B 14 AS 32/16 R) hatte der Kläger von seinem Arbeitgeber ein Darlehen erhalten. Der Arbeitgeber behielt zur Darlehenstilgung 100 EUR monatlich vom Lohn ein. Streitig war, ob diese Darlehensrate i.H.v. 100 EUR monatlich entweder als nicht bereites Mittel unberücksichtigt bleiben oder nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II vom Einkommen abgesetzt werden muss.
Das BSG verneinte (laut Terminbericht) beide Fragen: Die Darlehensrate sei nicht mit der Erzielung des Einkommens verbunden, so dass eine Absetzung nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II nicht möglich sei. Obwohl das Einkommen des Klägers in Höhe der Darlehensrate nicht zur Auszahlung komme, handele es sich dennoch um ein bereites Mittel. Das BSG begrenzte den Anwendungsbereich der Rechtsprechung zu den bereiten Mitteln: Nur bei einer fiktiven Einkommenszurechnung trotz vorzeitigen Verbrauchs einmaliger Einnahmen und bei der Zurechnung von Einnahmen, die im Moment ihres Zuflusses noch nicht zur Existenzsicherung eingesetzt werden können, greife diese Rechtsprechung. Hier habe der Kläger jedoch – wenn auch vor dem maßgeblichen Zeitraum – eine freiwillige Verwendungsentscheidung getroffen. Immerhin lässt das BSG ein Schlupfloch offen: Am Ende stellt es die Kontrollüberlegung an, ob das Existenzminimum des Klägers trotz Anrechnung der tatsächlich einbehaltenen 100 EUR noch gedeckt sei. Es bejaht dies, weil dieser Einbehalt durch den Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB II gedeckt sei.
Hinweis:
Die BSG-Rechtsprechung zu bereiten Mitteln dürfte im SGB II als eigenständiges Argument durch die jüngsten Gesetzesänderungen an Bedeutung verlieren. So sieht § 24 Abs. 4 S. 2 SGB II seit 1.1.2017 ausdrücklich die Gewährung von Darlehen vor, wenn einmalige Einnahmen, die über einen Verteilzeitraum von sechs Monaten anzurechnen sind (§ 11 Abs. 3 S. 4 SGB II), vorzeitig verbraucht worden sind. Auch die zweite Fallgruppe, dass eine einmalige Einnahme nicht sofort verwertet werden kann, wird schon deshalb an Bedeutung verlieren, weil seit 1.8.2016 Einnahmen in Geldeswert nicht mehr als Einkommen gelten.
bb) Absetzbarkeit von Aufwendungen
In mehreren Entscheidungen befasste sich das BSG darüber hinaus mit der Absetzbarkeit von Aufwendungen.
So bestätigte es (BSG, Urt. v. 8.2.2017 – B 14 AS 10/16 R) eine Entscheidung des LSG NRW (Urt. v. 28.1.2016 – L 7 AS 948/15), nach der Beiträge zu einer gesetzlich vorgeschriebenen Hundehalterhaftpflichtversicherung nicht nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II vom Einkommen abzusetzen sind: Zwar spreche der Wortlaut von § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II für eine Absetzbarkeit. Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck und Systematik der Norm verwiesen aber darauf, dass nur solche gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungsbeiträge abzusetzen seien, "die einen spezifischen Bezug zu den Zielen des SGB II aufweisen, weil sie entweder einem der in die Existenzsicherung einbezogenen Bedarfe oder der Eingliederung in Arbeit zuzurechnen sind." Dies sei bei einer Hundehalterhaftpflichtversicherung bei aus privaten Gründen gehaltenen Hunden nicht der Fall.
Für Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, sieht § 6 Alg II-V eine Versicherungspauschale i.H.v. 30 EUR monatlich vor, die nach § 6 Abs. 1 Alg II-V bei Volljährigen stets, bei Minderjährigen jedoch nur dann abzusetzen ist, wenn für den jeweiligen Minderjährigen eine Versicherung besteht. Der 14. BSG-Senat (Urt. v. 30.3.2017 – B 14 AS 55/15 R) schloss sich nun entgegen der Vorinstanz (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.2015 – L 13 AS 4522/13) dem 4. Senat (Urt. v. 8.12.2016 – B 4 AS 59/15 R) in der Auffassung an, dass eine Sammel-Zusatzversicherung mit einem nur symbolischen Beitrag von 1 EUR jährlich nicht ausreicht, diese Pauschale auszulösen, weil es an einem äquivalenten Austauschverhältnis zwischen den Vertragspartnern fehle.
Mit Urteil vom 8.2.2017 (B 14 AS 22/16 R) bestätigte das BSG, dass Unterhaltszahlungen nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 7 SGB II nur dann vom Einkommen abgesetzt werden können, wenn sie tatsächlich erbracht werden, auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen und tituliert sind. Dabei hat das BSG klargestellt, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG – hiernach müssen diejenigen, die eine solche Erklärung abgeben, die öffentlichen Mittel erstatten, die in einem Zeitraum von fünf Jahren für den Lebensunterhalt eines Ausländers aufgewendet werden – nicht mit einem Unterhaltstitel gleichzusetzen sind.
Praxishinweis:
Im entschiedenen Fall ging es um Zahlungen an die ausländische Mutter des Klägers zur Vermeidung der Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen. Hätte sich der Kläger nicht auf die Verpflichtungserklärung berufen, sondern seiner Mutter einen Unterhaltstitel gegen ihn verschafft, hätte die Situation anders ausgesehen. In solchen Situationen sollte also versucht werden, einen solchen Titel herbeizuführen, um eine Absetzbarkeit des tatsächlich gezahlten...