1. Nichtigkeit einer Eingliederungsvereinbarung im SGB III
In der Rechtsprechungsübersicht zum 1. Halbjahr 2016 (ZAP F. 18, S. 1476 f.) hatten wir über die strengen Anforderungen berichtet, die das BSG an die Wirksamkeit einer Eingliederungsvereinbarung (EGV) im SGB II stellt. Das Gericht hatte dort die konkret abgeschlossene Vereinbarung wegen Verstoßes gegen das in § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X geregelte Kopplungsverbot für nichtig angesehen: Die Eigenbemühungsverpflichtung des Klägers sei unangemessen i.S.v. § 55 Abs. 1 S. 2 SGB X, weil dieser keiner Gegenleistung des Jobcenters zur finanziellen Unterstützung dieser Bemühungen entsprach. Diese Rechtsprechung gilt auch dann, wenn die entsprechende Regelung durch Verwaltungsakt erfolgt, weil eine EGV nicht zustande kommt, § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II.
Auch in § 37 Abs. 2 u. 3 SGB III ist der Abschluss einer EGV vorgesehen und – wenn diese nicht zustande kommt – ergänzend eine Festsetzung der Eigenbemühungen durch Verwaltungsakt (§ 37 Abs. 3 S. 4 SGB III). Durch Urteil vom 4.4.2017 (B 11 AL 5/16 R) hat das BSG die vorgenannte Rechtsprechung zum SGB II auf die EGV nach § 37 SGB III übertragen und im konkreten Fall die Nichtigkeit der Vereinbarung wegen Verstoßes nach § 55 Abs. 1 S. 2 SGB X i.V.m. § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X festgestellt, weil der Vertrag keine Regelung zur Übernahme von Bewerbungskosten und/oder Reisekosten enthielt. Entgegen der Auffassung der Bundesagentur für Arbeit (BA) konnte demnach die fragliche EGV keine Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB III begründen. Gleiches muss für den Fall gelten, dass die Eigenbemühungen durch Verwaltungsakt gem. § 37 Abs. 3 S. 4 SGB III konkretisiert werden.
Hinweis:
In einer weiteren Entscheidung zu einer EGV nach § 37 SGB III vom gleichen Tag (BSG, Urt. v. 4.4.2017 – B 11 AL 19/16 R) hat das BSG die Entscheidung der Vorinstanz hinsichtlich eines Sperrzeiteintritts nach § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB III gebilligt. Hier enthielt die fragliche Vereinbarung die Zusage verschiedener Leistungen der BA, insbesondere auch die Übernahme von Bewerbungs- und Reisekosten. Das BSG trat im Hinblick auf den Wortlaut des Sperrzeittatbestands in § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB III der Auffassung des Klägers entgegen, es komme nur darauf an, ob die von ihm versprochenen Eigenbemühungen tatsächlich vorgenommen worden seien, nicht aber auf deren Nachweis. Das Gegenteil ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Norm, der ausdrücklich davon spricht, dass Arbeitslose die Eigenbemühungen nachweisen.
2. Versicherungspflicht aus sonstigen Gründen
a) Auslegung des Merkmals "unmittelbar" in § 26 Abs. 2 SGB III
Gemäß § 24 Abs. 1 SGB III stehen solche Personen in einem Versicherungspflichtverhältnis, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Den Personenkreis dieser Versicherungspflichtigen bestimmt § 26 SGB III. § 26 Abs. 2 SGB III betrifft Bezieher von Einkommensersatz- und anderer Leistungen, die aufgrund anderer Sachverhalte schon unmittelbar vor dem Bezug dieser Leistungen versicherungspflichtig im SGB III waren. Nach bisheriger Auffassung der BA, eines Teils der Instanzgerichte und der Literatur (s. etwa die durch die unten erwähnten BSG-Urteile aufgehobenen LSG-Entscheidungen und Scheidt, in: NK-SGB III, 6. Aufl., § 26 Rn 43) soll das Merkmal der Unmittelbarkeit nur erfüllt sein, wenn zwischen dem Ende der Versicherungspflicht bzw. dem Ende des Leistungsbezugs im SGB III und dem Beginn der in § 26 Abs. 2 SGB III angesprochenen Leistungen ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat liegt. Dieser Auffassung ist das BSG in zwei Entscheidungen vom 23.2.2017 entgegengetreten.
b) Unterbrechung durch verzögerten Rentenbezug nach Alg-Bezug unschädlich
Der Klägerin des Verfahrens hatte die BA zuletzt am 16.11.2011 für noch 149 Tage Arbeitslosengeld zugesprochen (BSG, Urt. v. 23.2.2017 – B 11 AL 3/16 R). Im Februar 2012 stellte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) eine volle Erwerbsminderung der Klägerin fest und bewilligte ihr Zeitrente vom 1.5.2012 bis Ende 2013. Die BA hob die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 8.3.2012 auf, weil die objektive Verfügbarkeit der Klägerin krankheitsbedingt entfallen war und wegen Feststellung verminderter Erwerbsfähigkeit durch den Rentenversicherungsträger ein Anspruch auch nach der "Nahtlosigkeitsregelung" (§ 145 SGB III) nicht mehr bestand.
Die Klägerin bezog Erwerbsminderungsrente ab dem 1.5.2012 bis zum 31.12.2013 und beantragte Arbeitslosengeld ab dem 1.1.2014. Sie ging hierbei davon aus, sie sei während des Rentenbezugs nach § 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB III im Arbeitsförderungsrecht pflichtversichert gewesen und habe die Anwartschaftszeit (§ 142 SGB III) für einen neuen Anspruch über acht Monate nach § 147 Abs. 2 SGB III erfüllt. Ihr stehe nicht lediglich der Restanspruch über 149 Tage abzüglich bereits bis 8.3.2012 erhaltener Tage zu.
Das BSG hat im Sinne der Klägerin entschieden: Diese habe durch den Bezug der Erwerbsminderungsrente im Zeitraum 1.5.2012 bis 31.12.2013 in einem Versicherungspflichtverhältnis gem. § 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB III gestanden, was bei der Bestimmung der Dauer ihres Alg-Anspruchs zu berücksichtigen sei. Trotz des Zeitraums von 43 Tagen zwischen dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld am 8.3.2012 u...