Das BSG hatte über einen Erstattungsanspruch auf bewusst zu Unrecht entrichtete Beiträge zur Sozialversicherung nach § 26 Abs. 2 SGB IV zu entscheiden (BSG, Urt. v. 23.5.2017 – B 12 KR 9/16 R).
Der Kläger betrieb ein Taxiunternehmen und überließ seine Fahrzeuge an Fahrer, die ihm dafür tägliche Pauschalbeträge bezahlten, die von ihnen erzielten Einnahmen aber behalten durften. Da der Kläger davon ausging, dieses "Mietmodell" verstoße gegen das Personenbeförderungsgesetz, meldete er, um diesen Sachverhalt zu verschleiern, die beteiligten Taxifahrer zur Sozialversicherung an und zahlte Beiträge auf Grundlage eines tatsächlich nie gezahlten Arbeitslohns. Im Zusammenhang mit diesem Verhalten wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung strafrechtlich verurteilt. Daraufhin beantragte er die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen und berief sich für die Begründung seines Anspruchs auf das Strafurteil, in dem ausgeführt worden sei, die am "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer seien selbstständig tätig gewesen.
Klage und Berufung des Klägers gegen den ablehnenden Erstattungsbescheid der Einzugsstelle blieben erfolglos: Gemäß § 814 Alt. 1 BGB (Ausschluss des Bereicherungsanspruchs bei Leistung in Kenntnis einer Nichtschuld) könne der Kläger die Sozialversicherungsbeiträge nicht zurückverlangen, weil er bei deren Entrichtung selbst davon ausgegangen sei, eine Beitragspflicht bestehe tatsächlich nicht. Die Revision des Klägers war im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung erfolgreich.
Die Aufhebung erfolgte zunächst, weil das LSG es unterlassen hatte, die zuständige Pflegekasse sowie die betroffenen Taxifahrer zum Verfahren beizuladen, was gem. § 75 Abs. 2 SGG notwendig war. In der Sache selbst entschied das Gericht, die Vorschrift des § 814 Alt. 1 BGB finde auf den Beitragserstattungsanspruch des § 26 Abs. 2 SGB IV keine Anwendung. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, der Gesetzessystematik und der Entstehungsgeschichte des Beitragserstattungsrechts. Hinsichtlich der Gesetzessystematik verweist das Gericht auf die Vorschrift des § 44 Abs. 1 S. 2 SGB X, die bei vorsätzlichem Verhalten den Anspruch auf eine Rücknahme eines Verwaltungsakts ausschließt. Hätte der Gesetzgeber einen entsprechenden Ausschluss wegen eines vorwerfbaren Verhaltens auch im Zusammenhang mit der Beitragserstattung nach § 26 Abs. 2 SGB IV regeln wollen, wäre dies ebenfalls normativ zum Ausdruck gebracht worden. Auch der mit § 26 Abs. 2 SGB IV verfolgte Zweck, der darauf abzielt, eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung auszugleichen, die darauf beruht, dass Beiträge zur Sozialversicherung zu Unrecht entrichtet wurden, ohne an ein eventuell vorwerfbares Verhalten eines am Beitragseinzug Beteiligten anzuknüpfen, erfordere kein anderes Ergebnis.
Hinweis:
Allerdings konnte das BSG anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen, ob die an dem "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer abhängig beschäftigt i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV oder selbstständig tätig waren. Dies wird nach der Zurückverweisung zu klären sein.