a) Verlängerungsanspruch
§ 575 Abs. 3 BGB erfasst die Fälle, in denen bei einem wirksam befristeten Mietvertrag der Grund für die Befristung erst später (S. 1) oder gar nicht eintritt (S. 2). Im ersten Fall kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um einen entsprechenden Zeitraum verlangen, im zweiten Fall eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit (BGH, Urt. v. 18.4.2007 – VIII ZR 182/06). Nach richtiger Ansicht besteht eine Verpflichtung des Vermieters, den Mieter über einen Wegfall oder eine Verzögerung des Befristungsgrundes aufzuklären nur, wenn dieser seinen Auskunftsanspruch nach § 575 Abs. 2 BGB geltend gemacht hat (s. oben 4.; Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 575 Rn 48 f. m.w.N.). Nach § 575 Abs. 3 S. 3 BGB trägt der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt und eine etwaige Verzögerung des Befristungsgrundes.
Das Verlängerungsverlangen des Mieters ist nach h.M. als Angebot zum Abschluss eines Verlängerungsvertrags auf bestimmte bzw. unbestimmte Zeit anzusehen, das von allen Mietern gegenüber allen Vermietern abgegeben werden muss (Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 575 Rn 52). Nach a.A. ist das Fortsetzungsverlangen des Mieters ein einseitiges Gestaltungsrecht, das bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen das Mietverhältnis einseitig fortsetzt (Lammel, § 575 BGB Rn 69).
Das Fortsetzungsverlangen bedarf keiner besonderen Form und kann folglich auch mündlich erfolgen, eine Frist ist in § 575 BGB nicht normiert. Es ist aber anerkannt, dass der Vermieter i.d.R. erwarten kann, dass der Mieter das Verlangen binnen eines Monats nach Zugang der Information geltend macht, § 575 Abs. 2 S. 1 BGB analog.
Praxishinweis:
In der Literatur ist umstritten, ob im schlichten Fortsetzen des Mietgebrauchs des Mieters ein konkludentes Fortsetzungsverlangen gesehen werden kann, so dass aus Gründen der Beweissicherung und Rechtsklarheit dringend anzuraten ist, eine schriftliche Aufforderung vorzunehmen, in welcher deutlich wird, dass der Mieter mit einer Vertragsbeendigung zum ursprünglichen Befristungsende nicht einverstanden ist.
b) Verlängerung des Mietverhältnisses
Nimmt der Vermieter das Angebot an, so kommt ein Verlängerungsvertrag zustande, wobei im Fall einer Verlängerung auf bestimmte Zeit § 550 BGB (Schriftform) zu beachten ist, sofern der Vertrag insgesamt länger als ein Jahr dauern soll. Zwar können die Parteien kraft ihrer Privatautonomie auch Änderungen der Vertragsbedingungen vereinbaren, einen Anspruch hierauf hat jedoch keine Vertragspartei.
Können sich die Parteien nicht einigen, wird der Vertrag nicht zum ursprünglichen Befristungsende beendet, vielmehr gerät der Vertrag durch den Verlängerungsanspruch in einen Schwebezustand, der entweder durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über den Verlängerungsanspruch oder, sofern kein gerichtliches Verfahren angestrengt wird, durch allgemeine Vertragsgrundsätze beendet wird.
Hinweis:
In der Weiterzahlung der Miete durch den Mieter und der Entgegennahme des Geldes durch den Vermieter liegt regelmäßig noch keine konkludente Vertragsfortsetzung, weil dies als Zahlung der Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB nach Vertragsbeendigung durchaus sinnvoll bleibt. Etwas anderes kann gelten, wenn die Mietvertragsparteien sich auf einen Mieterhöhung nach § 558 BGB einigen (vgl. zum Ganzen Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 575 Rn 59).
c) Gerichtliches Verfahren
Der Mieter kann den Anspruch auf Vertragsverlängerung im Wege der Leistungs- und nicht der Feststellungsklage geltend machen, auch beispielsweise als Widerklage im Rahmen eines Räumungsrechtsstreits. Nicht ausreichend ist nach vorzugswürdiger Auffassung, wenn sich der Mieter in einem Räumungsprozess pauschal auf § 575 Abs. 3 BGB beruft, weil § 575 Abs. 3 BGB nicht ex lege eine Vertragsfortsetzung bewirkt, sondern der Mieter muss, da eine § 308a ZPO vergleichbare Regelung fehlt, Klage oder Widerklage erheben (LG Regensburg, Urt. v. 28.8.1991 – 2 T 243/91; Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 575 Rn 60 m.w.N. auch zur Gegenansicht).