Im Rahmen der allgemeinen Billigkeitsabwägung können – unabhängig davon – unter dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität zahlreiche Gründe für oder gegen eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs eine Rolle spielen (ausführlich Viefhues FuR 2011, 505 [Teil 1] und FuR 2011, 551 [Teil 2]).
Hier kommt es auf umfassenden anwaltlichen Sachvortrag an! Von Bedeutung für diese Billigkeitsentscheidung ist dabei einerseits die Notwendigkeit der Unterhaltszahlungen für die Berechtigte und andererseits die dadurch entstehende Belastung für den Unterhaltspflichtigen. Relevant sind dabei aber auch die Leistungen beider Ehegatten während der Zeit der Ehe ("Lebensleistung", BGH, Beschl. v. 4.7.2018 – XII ZB 448/17, FamRZ 2018, 1506), wie z.B. die Betreuung der Kinder, die Finanzierung der Ausbildung des Ehemanns usw., aber auch die Dauer und die Höhe der bisher geleisteten Unterhaltszahlungen.
In die Billigkeitsabwägung im Rahmen der nachehelichen Solidarität können folgende Gesichtspunkte einfließen:
Besondere Leistungen des Ehegatten (BGH, Beschl. v. 26.2.2014 – XII ZB 235/12, NJW 2014, 1302 = FamRZ 2014, 823) während der Zeit des Zusammenlebens ("Lebensleistung") wie z.B.:
- überobligatorischer Einsatz während der Ehe zugunsten des Partners;
- Betreuung von vier Kindern während der 20 Jahre dauernden Ehe (OLG Köln FamRZ 2014, 1207, 1208);
- besonderer Einsatz bei der Betreuung der gemeinsamen Kinder (OLG Hamm, Urt. v. 20.4.2011 – 8 UF 103/10, FuR 2012, 266);
- Betreuung des Partners während längerer Krankheit;
- Versorgung eines Kindes des Ehegatten aus erster Ehe oder eines gemeinsamen Pflegekindes;
- Finanzierung der Ausbildung (BGH, Urt. 21.9.2011 – XII ZR 121/09, NJW 2011, 3577 mit Anm. Born = FamRZ 2011, 1851 mit Anm. Schürmann; OLG Hamm, Beschl. v. 13.6.2013 – 4 UF 9/13, FamFR 2013, 415; OLG Hamm NJW-RR 1991, 1447). Erfolgt diese Finanzierung während der Ehe, erwächst daraus auch ein ehebedingter Vorteil des anderen Ehegatten;
- Mitarbeit im Erwerbsgeschäft des Ehegatten;
- Pflege oder Unterstützung der Schwiegereltern;
- Bereitstellung von ererbtem Vermögen für den Erwerb eines gemeinsamen Hauses (OLG Koblenz, Urt. v. 17.4.2012 – 11 UF 205/12, FamRZ 2012, 1395);
- Tilgung von persönlichen Schulden des Ehegatten.
Die wirtschaftliche Situation beider Ehegatten kann bei der Billigkeitsabwägung des § 1578b Abs. 2 BGB nicht ausgeklammert werden, da es um die Abwägung der beiderseitigen Zumutbarkeit einer fortdauernden, unbefristeten Unterhaltsverpflichtung geht (BGH, Beschl. v. 26.2.2014 – XII ZB 235/12, NJW 2014, 1302 = FamRZ 2014, 823). So sind auf Seiten des Unterhaltspflichtigen bei der Billigkeitsabwägung auch seine durch die Unterhaltslast bedingte gegenwärtige und zukünftige Belastung vor allem durch die Höhe des zu zahlenden Unterhaltsbetrags und das ihm danach verbleibende Resteinkommen zu berücksichtigen (BGH, Beschl. v. 26.2.2014 – XII ZB 235/12, NJW 2014, 1302 = FamRZ 2014, 823; BGH, Urt. v. 20.3.2013 – XII ZR 72/11, NJW 2013, 1530 = FamRZ 2013, 853 mit Anm. Hoppenz = FF 2013, 308; BGH FamRZ 2007, 200, 204 mit Anm. Büttner; Brudermüller FF 2004, 101, 104 m.w.N.; OLG Celle FamRZ 2009, 2105, 2107).
Auch die Dauer der – bisherigen – Unterhaltszahlungen spielt eine Rolle für die Möglichkeit der Befristung (KG FamRZ 2014, 776; OLG Düsseldorf FuR 2009, 418). Dabei ist auch die Zeit der Trennung relevant (BGH, Beschl. v. 4.7.2018 – XII ZB 448/17; BGH, Beschl. v. 8.6.2016 – XII ZB 84/15, FamRZ 2016, 1345 Rn 15 m.w.N.). Im Rahmen des § 1578b Abs. 2 BGB ist die Gesamtbelastung des Unterhaltspflichtigen durch den Unterhalt ein Billigkeitskriterium und wird auch durch den – etwa längere Zeit gezahlten – Trennungsunterhalt mit beeinflusst. Dass die Zahlungen der gesetzlichen Verpflichtung entsprachen, steht dem ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass der Trennungsunterhalt selbst nicht entsprechend § 1578b BGB herabgesetzt oder befristet werden kann (BGH NJW 2011, 1807 mit Anm. Born).
Praxistipp:
Der Unterhaltspflichtige sollte zur Veranschaulichung der insgesamt geleisteten Zahlungen nicht nur auf den Zeitraum verweisen, sondern eine Auflistung seiner Zahlungen nach Zeiträumen und Höhe vorlegen. Sinnvoll ist es, dies auch noch in Relation zum Einkommen und zu den ggf. getragenen sonstigen Belastungen zu setzen.
Dabei gibt es keine Sperrwirkung einer bestimmten Ehedauer, nach deren Überschreiten eine Befristung generell ausgeschlossen ist. Das Zeitmoment hat der BGH lediglich als Hilfsargument verstanden, um den Umfang der wirtschaftlichen Dispositionen der Ehegatten zu erfassen. Je länger die Ehe gedauert hat, desto schwieriger wird die zeitliche Begrenzung sein, weil im Regelfall die wirtschaftliche Verflechtung der Eheleute (dazu s. BGH FamRZ 2007, 2049 mit Anm. Hoppenz FamRZ 2007, 2054, 2055; BGH, Urt. v. 26.11.2008 – XII ZR 131/07, FamRZ 2009, 406 mit Anm. Schürmann) und die Abhängigkeit normalerweise mit zunehmender Dauer stärker ausgeprägt sind. Die wirtschaftliche Verflechtung tritt insb. durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigk...