Beim unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen sind folgende Gesichtspunkte von Bedeutung:
- Welche Einkommenspositionen sind anzurechnen?
- Welche Abzugspositionen sind zu berücksichtigen?
Dabei gelten grds. für Einkünfte des Unterhaltspflichtigen und des Unterhaltsberechtigten die gleichen Kriterien.
1. Anzurechnendes tatsächliches Einkommen
Für die Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens sind alle tatsächlich erzielten Einkünfte heranzuziehen, wobei der Durchschnitt aus dem Einkommen eines abhängig Beschäftigten der letzten zwölf Monate und bei Selbstständigen der letzten drei Jahre errechnet wird.
Bestimmte Einkommenspositionen werden nicht oder nur teilweise angerechnet, weil sie dazu dienen, besonderen Aufwand auszugleichen (z.B. Auslösung, Fahrtkostenerstattung, Schmutzzulage), der substanziiert dargelegt werden muss. Bei sog. überobligatorischen Einkünften ist zuerst zu prüfen, ob die Tätigkeit, mit der diese Einkünfte erzielt werden, überobligatorisch – also nicht geschuldet – ist. Danach ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, in welchem Umfang das Einkommen aus überobligatorischer Tätigkeit für den Unterhalt anzurechnen ist.
Freiwillige Leistungen Dritter sind nur dann anzurechnen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht, was im Regelfall nicht anzunehmen ist.
2. Erzielbares (hypothetisches/fiktives) Einkommen
Im Unterhaltsrecht spielen nicht nur tatsächliche Einkünfte eine Rolle, sondern auch solche Einkünfte (und andere finanzielle Vorteile), die der Betreffende vorwerfbar nicht erzielt, obwohl er sie erzielen könnte. Voraussetzung der Anrechnung fiktiver Erwerbseinkünfte ist also das Bestehen einer Erwerbsobliegenheit und deren schuldhafte – also unterhaltsrechtlich vorwerfbare – Nichterfüllung durch den Erwerbspflichtigen. Diese ist bei Arbeitslosigkeit regelmäßig dann gegeben, wenn der Betreffende sich nicht in ausreichendem Maße um eine Arbeitsstelle bemüht.
3. Abzugspositionen bei der Einkommensberechnung
Maßstab ist das sog. bereinigte Nettoeinkommen. Abzuziehen sind daher die gesetzlichen Steuern (Einkommen- und Kirchensteuer, soweit Kirchensteuerpflicht besteht) sowie der Solidaritätszuschlag. Ebenso sind die gesetzlichen Sozialabgaben (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung) abzuziehen.
Aufwendungen für die private Krankenzusatzversicherung sind beim Unterhaltspflichtigen, der auf Minderjährigenunterhalt in Anspruch genommen wird, jedenfalls dann nicht anzuerkennen, wenn das Existenzminimum des Kindes nicht gesichert ist. Der Unterhaltspflichtige muss sich dann mit den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung begnügen (BGH, Urt. v. 30.1.2013 – XII ZR 158/10, NJW 2013, 1005 = FamRZ 2013, 616).
Der Unterhaltspflichtige darf von seinen Einkünften neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die bis zu 4 % des Bruttoeinkommens (BGH, Urt. v. 25.9.2019 – XII ZB 25/19, NJW 2019, 3570 = FamRZ 2020, 21; BGH, Urt. v. 11.5.2005 – XII ZR 211/02, FamRZ 2005, 1817, 1821 f.; BGH Urt. v. 28.2.2007 – XII ZR 37/05, FamRZ 2007, 793, 795; beim Elternunterhalt bis zu 5 % des Bruttoeinkommens (BGH, Urt. v. 30.1.2013 – XII ZR 158/10, NJW 2013, 1005 = FamRZ 2013, 616; BGH, Urt. v. 14.1.2004 – XII ZR 149/01, FamRZ 2004, 792, 793; BGH, Urt. v. 30.8.2006 – XII ZR 98/04, FamRZ 2006, 1511, 1514) betragen kann.
Berufsbedingte Aufwendungen sind grds. nur bei Arbeitnehmern abzugsfähig, nicht bei Selbstständigen, Rentnern usw., wobei von einigen Obergerichten Pauschalbeträge angesetzt werden, während andere eine konkrete Darlegung verlangen.
Bei der konkreten Berechnung von notwendigen berufsbedingten Fahrtkosten wird bei der Benutzung eines Kraftfahrzeugs vielfach ein fester Satz pro km angesetzt, mit dem aber sämtliche Kosten des Fahrzeugs einschließlich der Anschaffungskosten und evtl. Kreditkosten abgegolten sind. Zuvor ist aber immer zu prüfen, ob nicht zur Kostenersparnis öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden müssen.
4. Besonderheit: Schuldenbelastungen
Ratenverpflichtungen für Darlehen, die während der Ehe aufgenommen worden sind, werden beim Ehegattenunterhalt grds. in voller Höhe abgezogen, denn die monatlichen Raten haben in jedem Fall die ehelichen Lebensverhältnisse bestimmt. Dabei ist unerheblich, welcher Ehegatte die Kreditverbindlichkeiten eingegangen ist und wofür das Geld ausgegeben worden ist.
Geht es beim Minderjährigenunterhalt um Ratenverpflichtungen des unterhaltspflichtigen Elternteils, der den Mindestunterhalt nicht leisten kann, so besteht auch dann kein genereller Vorrang des Unterhalts. Allerdings ist der Unterhaltspflichtige gehalten, sich um die Herabsetzung der monatlichen Raten zu bemühen. Fehlen dazu substanziierte Darlegungen, muss er damit rechnen, dass das Gericht fiktiv nur geringere Monatsraten anerkennt. Zudem kann sich in diesem Fall eine Obliegenheit ergeben, über die Restschuldbefreiung der Verbraucherinsolvenz eine Reduzierung der Schuldenbelastungen herbeizuführen (BGH, Beschl. v. 22.5.2019 – XII ZB 613/16, FamRZ 2019, 1415).