Die Begrenzung (§ 1578b Abs. 1 BGB) und die Befristung (§ 1578b Abs. 2 BGB) sind bei jedem nachehelichen Unterhaltsanspruch von Amts wegen zu prüfen. Lediglich beim Betreuungsunterhalt gem. § 1570 BGB schließt der BGH eine Befristungsmöglichkeit nach § 1578b Abs. 2 BGB aus (BGH, Urt. v. 2.2.2011 – XII ZR 11/09, FamRZ 2011, 1377; BGH, Urt. v. 1.6.2011 – XII ZR 45/09, FamRZ 2011, 1209 mit Anm. Viefhues = NJW 2011, 2430 mit Anm. Born; BGH, Urt. v. 30.3.2011 – XII ZR 3/09, FamRZ 2011, 791 mit Anm. Norpoth = FamRZ 2011, 873; BGH, Urt. v. 21.4.2010 – XII ZR 134/08, FamRZ 2010, 1050 mit Anm. Viefhues; BGH, Urt. v. 17.6.2009 – XII ZR 102/08, FamRZ 2009, 1391 ff. = NJW 2009, 2592 ff.). Allerdings lässt der BGH eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Höhe nach zu (BGH, Urt. v. 18.3.2009 – XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770 mit Anm. Borth = FamRZ 2009, 960).
Diese Entscheidung ist bei der erstmaligen Festsetzung des Unterhalts vorzunehmen. Wird zu diesem Zeitpunkt keine Befristung vorgenommen, ist der nacheheliche Unterhalt unbefristet – d.h. lebenslänglich – festgesetzt. Dies lässt sich aus verfahrensrechtlichen Gründen später kaum noch korrigieren, da alle maßgeblichen Umstände zum Zeitpunkt der Erstentscheidung vorliegen und in aller Regel keine nachträglichen Veränderungen eintreten, die ein späteres Abänderungsverfahren rechtfertigen können.
Für die Entscheidung einer Unterhaltsbegrenzung nach § 1578b BGB sind zwei unterschiedliche Gesichtspunkte zu prüfen, nämlich:
- ob ein ehebedingter Nachteil der Unterhaltsberechtigten eingetreten ist und ob dieser ggf. auf Dauer fortbesteht,
- ob sonstige Billigkeitsgesichtspunkte im Rahmen der nachehelichen Solidarität für oder gegen eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs sprechen.
1. Ehebedingter Nachteil
Ein ehebedingter Nachteil der Unterhaltsberechtigten ist nur dann gegeben, wenn sie konkret aufgrund der Ehe berufliche Einschränkungen erlitten hat und daher durch eigene Erwerbstätigkeit nicht das Einkommen erzielen kann, das sie ohne Ehe erzielen könnte. Ehebedingt – im Sinne einer echten Kausalität – ist nur ein solcher Nachteil, der auf die konkrete Lebensgestaltung – die Rollenverteilung der Ehegatten – während des Zeitraums von der Heirat bis zur Zustellung des Scheidungsantrags zurückzuführen ist (BGH, Urt. v. 23.11.2011 – XII ZR 47/10, NJW 2012, 309; BGH, Urt. v. 30.3.2011 – XII ZR 63/09, NJW 2011; BGH, Urt. v. 8.6.2011 – XII ZR 17/09, NJW 2011, 2512; BGH, Urt. v. 4.8.2010 – XII ZR 7/09, NJW 2010, 3097).
Damit scheiden alle Ursachen aus, die zum persönlichen Lebensrisiko zu zählen sind, wie z.B. Krankheit und Arbeitslosigkeit (BGH, Urt. v. 30.3.2011 – XII ZR 63/09, NJW 2011, 1807 mit Anm. Born = FamRZ 2011, 875; BGH, Urt. v. 4.5.2011 – XII ZR 70/09, FamRZ 2011, 189).
Aber auch Umstände, die aus einem vorehelichen Zusammenleben rühren, können hier nicht berücksichtigt werden (BGH, Urt. 20.2.2013 – XII ZR 148/10, NJW 2013, 1444 mit Anm. Born = FamRZ 2013, 860 mit Anm. Maurer; BGH, Urt. v. 7.3.2012 – XII ZR 25/10, NJW 2012, 1506 = FamRZ 2012, 776; BGH, Urt. v. 6.10.2010 – XII ZR 202/08, FamRZ 2010, 1971). Maßgeblich sind nur Umstände aus dem Zeitraum zwischen Heirat und der Zustellung des Scheidungsantrags. Damit kann auch eine vor der Heirat liegende Zeit der Betreuung gemeinsamer Kinder nicht als Begründung für einen ehebedingten Nachteil herangezogen werden (BGH, Urt. v. 20.3.2013 – XII ZR 120/11, NJW 2013, 1447 = FamRZ 2013, 864 mit Anm. Born; BGH, Urt. v. 20.2.2013 – XII ZR 148/10, NJW 2013, 1444 mit Anm. Born = FamRZ 2013, 860 mit Anm. Maurer; BGH, Urt. v. 7.3.2012 – XII ZR 25/10, FamRZ 2012, 776).
2. Nacheheliche Solidarität
Im Rahmen der allgemeinen Billigkeitsabwägung können – unabhängig davon – unter dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität zahlreiche Gründe für oder gegen eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs eine Rolle spielen (ausführlich Viefhues FuR 2011, 505 [Teil 1] und FuR 2011, 551 [Teil 2]).
Hier kommt es auf umfassenden anwaltlichen Sachvortrag an! Von Bedeutung für diese Billigkeitsentscheidung ist dabei einerseits die Notwendigkeit der Unterhaltszahlungen für die Berechtigte und andererseits die dadurch entstehende Belastung für den Unterhaltspflichtigen. Relevant sind dabei aber auch die Leistungen beider Ehegatten während der Zeit der Ehe ("Lebensleistung", BGH, Beschl. v. 4.7.2018 – XII ZB 448/17, FamRZ 2018, 1506), wie z.B. die Betreuung der Kinder, die Finanzierung der Ausbildung des Ehemanns usw., aber auch die Dauer und die Höhe der bisher geleisteten Unterhaltszahlungen.
In die Billigkeitsabwägung im Rahmen der nachehelichen Solidarität können folgende Gesichtspunkte einfließen:
Besondere Leistungen des Ehegatten (BGH, Beschl. v. 26.2.2014 – XII ZB 235/12, NJW 2014, 1302 = FamRZ 2014, 823) während der Zeit des Zusammenlebens ("Lebensleistung") wie z.B.:
- überobligatorischer Einsatz während der Ehe zugunsten des Partners;
- Betreuung von vier Kindern während der 20 Jahre dauernden Ehe (OLG Köln FamRZ 2014, 1207, 1208);
- besonderer Einsatz bei der Betreuung der gemeinsamen Kinder (OLG Hamm, Urt....