Mit Spannung erwartet wurde das Urteil des BGH zur Zulässigkeit sog. Legal-Tech-Anbieter. Der VIII. Zivilsenat hatte das Geschäftsmodell der Lexfox GmbH, die gem. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG als Inkassodienstleisterin registriert ist, zu beurteilen (BGH, Urt. v. 27.11.2019 – VIII ZR 285/18, ZAP EN-Nr. 2/2020 [in dieser Ausgabe]; dazu auch Huff Kolumne ZAP 2019, 1275). Lexfox stellt auf der von ihr betriebenen Internetseite www.wenigermiete.de einen für Besucher kostenlos nutzbaren "Online-Rechner" ("Mietpreisrechner") zur Verfügung. Die Gesellschaft wirbt damit, Rechte von Wohnraummietern aus der Mietpreisbremse "ohne Kostenrisiko" durchzusetzen; eine Vergütung in Höhe eines Drittels "der ersparten Jahresmiete" verlange sie nur im Falle des Erfolgs. Im Streitfall beauftragte ein Wohnungsmieter aus Berlin Lexfox mit der Geltendmachung und Durchsetzung seiner Forderungen und etwaiger Feststellungsbegehren im Zusammenhang mit der "Mietpreisbremse" (§ 556d BGB) und trat seine diesbezüglichen Forderungen an Lexfox ab. Anschließend machte Lexfox – nach vorherigem Auskunftsverlangen und Rüge gem. § 556g Abs. 2 BGB – gegen die beklagte Wohnungsgesellschaft Ansprüche auf Rückzahlung überhöhter Miete sowie auf Zahlung von Rechtsverfolgungskosten geltend.
Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Frage, welche Tätigkeiten einem Unternehmen aufgrund einer Registrierung als Inkassodienstleister nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz erlaubt sind. Nach Ansicht des Senats ist der Begriff Inkassodienstleistung eher weit zu verstehen. Die Rechtsberatung durch ein Inkassounternehmen beinhalte grds. die umfassende und vollwertige substanzielle Beratung der Rechtsuchenden im Bereich der außergerichtlichen Einziehung von Forderungen. Es sei nicht erkennbar, dass damit eine Gefahr für den Rechtsuchenden oder den Rechtsverkehr verbunden sein könnte. Daher seien sowohl der Einsatz des schon vor der eigentlichen Beauftragung durch den Kunden seitens Lexfox eingesetzte "Mietpreisrechners" als auch die Erhebung der Rüge gem. § 556g Abs. 2 BGB sowie das Feststellungsbegehren bezüglich der höchstzulässigen Miete noch als zulässige Inkassodienstleistungen anzusehen. Zwar wäre es einem Rechtsanwalt, wenn er anstelle von Lexfox für den Mieter tätig geworden wäre, berufsrechtlich grds. weder gestattet gewesen, mit seinem Mandanten ein Erfolgshonorar zu vereinbaren (§ 49b Abs. 2 S. 1 BRAO, § 4a RVG), noch möglich gewesen, dem Mandanten im Falle einer Erfolglosigkeit der Inkassotätigkeit eine Kostenübernahme zuzusagen (§ 49b Abs. 2 S. 2 BRAO). Hierin könne jedoch angesichts der für die Tätigkeit eines registrierten Inkassodienstleisters geltenden besonderen kosten- und vergütungsrechtlichen Vorschriften (§ 4 Abs. 1, 2 RDGEG) ein Wertungswiderspruch, der Anlass und Berechtigung zu einer engeren Sichtweise hinsichtlich des Umfangs der Inkassodienstleistungsbefugnis hätte geben können, nicht gesehen werden. Die zwischen dem Mieter und Lexfox getroffene Vereinbarung eines Erfolgshonorars und einer Kostenübernahme führe auch nicht zu einer Interessenkollision i.S.d. § 4 RDG und einer daraus folgenden Unzulässigkeit der von der Klägerin für den Mieter erbrachten Inkassodienstleistungen. Bei der vereinbarten Kostenübernahme handele es sich schon nicht um eine "andere Leistungspflicht" der Klägerin i.S.d. § 4 RDG, sondern vielmehr um einen Bestandteil der von ihr für den Mieter zu erbringenden Inkassodienstleistung (insoweit noch a.A. AG Köln, Urt. v. 2.9.2019 – 142 C 448/18). Im Übrigen bewirke das vorliegend vereinbarte Erfolgshonorar, das sich nach der Höhe der durch ihre Tätigkeit ersparten Miete richte, ein beträchtliches eigenes Interesse von Lexfox an einer möglichst erfolgreichen Durchsetzung der Ansprüche des Mieters. Der damit – jedenfalls weitgehend – vorhandene (prinzipielle) Gleichlauf der Interessen der Klägerin und des Mieters stehe der Annahme einer Interessenkollision entgegen.
Infolge der Entscheidung des BGH dürften die meisten Legal-Tech-Anbieter aufatmen. Allerdings sind die Besonderheiten der jeweiligen Geschäftsmodelle zu beachten. Der Senat verweist darauf, dass es einer Gesamtwürdigung bedürfe, ob die vom Anbieter erbrachten Tätigkeiten (noch) als Inkassodienstleistung gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG anzusehen und deshalb von der erteilten Erlaubnis gedeckt seien. Diese nicht einfache Grenzziehung ist für Anbieter und ihre Kunden von besonderer Bedeutung: Denn sollten im Einzelfall die aufgezeigten Grenzen der Inkassoerlaubnis überschritten worden sein, führe dies laut dem Senat regelmäßig nach § 134 BGB zur Nichtigkeit der zwischen dem Rechtsdienstleistenden und dessen Kunden getroffenen Inkassovereinbarung einschließlich einer vereinbarten Forderungsabtretung.
Rechtspolitisch wird diskutiert, inwieweit das RDG künftig explizit die neuartigen Geschäftsmodelle regeln sollte. So hat die Bundestagsfraktion der FDP den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Rechtsdienstleistungsrechts (BT-Drucks 19/9527) vorgestellt und darin vorgesc...