1. Kündigung des anwaltlichen Mandats
Mit Urt. v. 7.3.2019 (IX ZR 221/18, ZAP EN-Nr. 287/2019; zust. Juretzek DStR 2019, 1375) widmete sich der IX. Senat den Folgen der Kündigung eines anwaltlichen Mandats für den Honoraranspruch. Im Streitfall war der klagende Anwalt von der beklagten Mandantin damit beauftragt worden, zwei Vertragsentwürfe zu fertigen, durch welche zwei der Beklagten gehörende Grundstücke im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Kinder übertragen werden sollten. Dabei sollte der Beklagten jeweils ein lebenslänglicher Nießbrauch vorbehalten werden. In der Folgezeit kündigte die Beklagte den Anwaltsvertrag mit der Begründung, sie benötige noch Bedenkzeit und wolle den Wert der Häuser schätzen lassen. Daraufhin übersandte der Kläger der Beklagten zwei Vertragsentwürfe, welche er vor der Kündigung als "erste grobe" Entwürfe gefertigt habe, und zwei Kostenrechnungen über insgesamt mehr als 25.000 EUR. Die Beklagte trat den Rechnungen entgegen und berief sich nunmehr auf den Wegfall der Vergütungspflicht wegen einer steuerschädlichen Vertragsgestaltung.
Der Senat hielt den Vergütungsanspruch für gerechtfertigt. Zwar stehe dem Anwalt, wenn er durch vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Mandanten veranlasst habe, gem. § 628 Abs. 1 S. 2 BGB ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil nicht von Interesse sind (dazu Henssler/Deckenbrock NJW 2005, 1). Allerdings sei die Kündigung des Dienstverhältnisses nur dann durch ein vertragswidriges Verhalten veranlasst, wenn zwischen dem vertragswidrigen Verhalten und der Kündigung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Dies setze aber voraus, dass die Vertragsverletzung Motiv für die außerordentliche Kündigung gewesen sei und sie diese adäquat kausal verursacht habe (vgl. bereits BGH, Urt. v. 13.9.2018 – III ZR 294/16 m. krit. Anm. Deckenbrock MedR 2019, 142). In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt fehlte es offensichtlich an der notwendigen Kausalität. Zu beachten ist indes, dass die jederzeit mögliche Mandatskündigung gem. § 627 BGB auch ohne Angabe eines Grundes möglich ist. Einem Mandanten, der auf eine nähere Begründung verzichtet hat, bleibt es in diesem Fall noch möglich, die Voraussetzungen des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB (nachträglich) darzulegen und zu beweisen.
Im Übrigen können nach Ansicht des Senats aber Vorarbeiten eines Anwalts, welche noch zu keinem Arbeitsergebnis geführt haben, das an den Mandanten oder einen Dritten herausgegeben werden sollte, ohnehin keine Pflichtwidrigkeit begründen, selbst wenn sie Fehler aufweisen. Denn der klagende Anwalt hatte mit der Entwurfsbearbeitung erst begonnen, die Entwürfe hatten vor der Vertragskündigung den internen Bereich der Kanzlei aber noch nicht verlassen. Zu ihrer Vorlage an die Beklagte kam es nur, weil diese das Mandat gekündigt hatte und der Kläger ihr zur Begründung seines Honoraranspruchs nachweisen wollte, mit der Erstellung der Vertragsentwürfe bereits begonnen zu haben.
2. Abrechnung von Vorschüssen
Ein weiteres, ebenfalls am 7.3.2019 ergangenes Urteil des IX. Zivilsenats (IX ZR 143/18, ZAP EN-Nr. 285/2019) beschäftigte sich mit der Frage, wie ein Rechtsanwalt Vorschüsse bei Kündigung des Mandats abzurechnen hat. Nach Ansicht des BGH ist ein Anwalt in entsprechender Anwendung von §§ 675, 667 BGB vertraglich verpflichtet, erhaltene und nicht verbrauchte Vorschüsse nach Kündigung des Mandats an den Mandanten zurückzuzahlen. Allerdings schulde der Anwalt nicht allein deshalb die Rückzahlung geforderter und erhaltener Vorschüsse, weil er pflichtwidrig keine den gesetzlichen Anforderungen genügende Rechnung erstellt und dem Mandanten mitgeteilt hat. Zwar könne der Rechtsanwalt gem. § 10 RVG die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Diese Berechnung sei aber nur Voraussetzung für das Einfordern einer noch nicht gezahlten Vergütung. Fehle sie, habe der (frühere) Mandant nicht ohne Weiteres einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse. Wer glaube, Rückerstattungsansprüche zu haben, müsse diese notfalls gerichtlich geltend machen und seine Forderung insoweit genau beziffern. Falls erforderlich, könne der Auftraggeber zunächst gesondert oder im Wege der Stufenklage einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung (§§ 675, 666 BGB) geltend machen. Auch wenn dem Urteil im Ergebnis zuzustimmen ist, bleibt unklar, warum der Senat nicht auch in diesem Fall auf § 628 Abs. 1 S. 3 BGB als Anspruchsgrundlage für den Rückzahlungsanspruch abgestellt hat. Die Entscheidung des BGH beurteilt die Abrechnungspflicht von Vorschüssen zudem nur in zivilrechtlicher Hinsicht. Berufsrechtlich ist gem. § 23 BORA zu beachten, dass der Rechtsanwalt spätestens mit Beendigung des Mandats gegenüber dem Mandanten und/oder Gebührenschuldner über Honorarvorschüsse unverzüglich abzurechnen und ein von ihm errechnetes Guthaben auszuzahlen hat (vgl. Offermann-Burckart NJW 2019, 1460).
3. Vergütungsvereinbarung eines Pflichtverteidigers
Eine weitere Entscheidung des IX. ...