Anfang November hat das BMJV einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vorgelegt, welches die Grundlage für eine große BRAO-Reform werden soll. Daneben werden auch die Berufsregeln für Patentanwälte und Steuerberater umfassend modernisiert. Die Verfasser des Referentenentwurfs konnten auf umfangreiche Vorarbeiten zurückgreifen, haben doch sowohl BRAK (Stellungnahme Nr. 5/2018) und DAV (Stellungnahme Nr. 8/2019, AnwBl Online 2019, 257 ff., die wiederum den Vorschlag von Henssler AnwBl Online 2018, 564 ff. fortschreibt) konkrete Gesetzesvorschläge unterbreitet.
Im Mittelpunkt des Reformvorhabens (dazu Römermann AnwBl Online 2020, 588 ff.; Henssler AnwBl Online 2021, 69 ff.) steht der überzeugende Ansatz, künftig nicht mehr allein natürliche Personen, sondern auch Berufsausübungsgesellschaften von Anwälten als Adressaten von Berufsregeln anzuerkennen. Die Gesellschaften sollen in diesem Zusammenhang zur Eintragung in das (elektronische) Anwaltsregister verpflichtet werden. Daneben soll als zweite große Änderung Anwälten eine interprofessionelle gemeinschaftliche Berufsausübung mit allen Freiberuflern i.S.d. § 1 Abs. 2 PartGG und nicht nur wie bislang mit Patentanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern erlaubt werden (kritisch BRAK-Stellungnahme Nr. 82/2020 S. 5 f.). Durch diesen Vorschlag würde zugleich eine Entscheidung des BVerfG (Beschl. v. 12.1.2016 – 1 BvL 6/13 m. Bespr. Henssler/Deckenbrock AnwBl 2016, 211 ff.) umgesetzt, nach welcher der bisherige § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) verletzt, soweit er Rechtsanwälten eine gemeinschaftliche Berufsausübung mit Ärzten oder mit Apothekern im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft untersagt. Mit der jetzt vorgeschlagenen Erweiterung des Kreises sozietätsfähiger Berufe auf die Angehörigen Freier Berufe scheint der weitergehende Vorschlag, allen Berufen, die Anwälten nicht gem. § 7 Nr. 8 BRAO als Zweitberuf verboten sind, künftig die Gesellschafterstellung zu ermöglichen, vom Tisch. Werden Angehörige anderer Freier Berufe unter dieser Prämisse Gesellschafter einer registrierten Berufsausübungsgesellschaft, sollen für sie, genau wie für die Gesellschaft selbst, die anwaltlichen Berufspflichten gelten. Darüber hinaus soll zum Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen den Berufsträgern und ihren Mandanten der Straftatbestand der Verschwiegenheitspflicht nach § 203 StGB dergestalt erweitert werden, dass nichtanwaltliche Gesellschafter künftig wie anwaltliche Berufsträger bestraft werden.
Zudem soll die BRAO zukünftig gesellschaftsrechtsneutral ausgestaltet sein. Anwälten sollen alle nationalen und europäischen Gesellschaftsformen zur Organisation ihrer Berufsausübung offenstehen. Darüber hinaus wird die Beteiligung von Berufsausübungsgesellschaften an anderen Gesellschaften erheblich erleichtert, was die Entstehung mehrstöckiger Beteiligungsstrukturen (Konzerne) befördern wird. Grundsätzlich sollen alle Berufsausübungsgesellschaften künftig zulassungspflichtig sein und Mitglieder der Rechtsanwaltskammern, der Patentanwaltskammer bzw. der Steuerberaterkammern werden. Eine Ausnahme von der Zulassungspflicht ist aber für Personengesellschaften ohne Haftungsbeschränkung, denen ausschließlich aktiv mitarbeitende Rechtsanwälte oder Berufsangehörige mit vergleichbarem Berufsrecht angehören (insb. Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer sowie Steuerberater), vorgesehen.
Ausländische Berufsausübungsgesellschaften, die in Deutschland tätig werden wollen, sowie die Bürogemeinschaft sollen künftig erstmalig genauere Regelungen erfahren. Ausländischen Gesellschaften mit Sitz außerhalb der EU soll es gestattet werden, Rechtsdienstleistungen in Deutschland zu erbringen, wenn sie zuvor zugelassen worden sind und die dafür erforderlichen inländischen berufsrechtlichen Anforderungen erfüllen. Für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen im inländischen Recht muss die Gesellschaft sich stets einer dafür im Einzelfall berechtigten Person bedienen. Bürogemeinschaften soll der Anwalt künftig nur nicht mit Angehörigen solcher Berufe eingehen können, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts unvereinbar sind.
Festhalten möchte der Referentenentwurf am Gebot einer aktiven Berufsausübung. Reine Kapitalbeteiligungen an Berufsausübungsgesellschaften – auch von Altsozien – sollen verboten bleiben. Auch an anderer Stelle gibt sich der Entwurf konservativ: Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Berufsausübungsgesellschaften soll fortdauernd die Zustimmung sämtlicher Mitgesellschafter voraussetzen; diese praxisfremde Regelung sollte im weiteren Gesetzgebungsverfahren aber noch einmal überdacht werden. Vonseiten des BMJV wurde bereits klargestellt, dass ein Verbot der Ein-Personen-GmbH, anders als dies der Referentenentwurf nahelegt, nicht angedacht ist.
Vollständig neu geregelt werden soll...