Obwohl die Flut an neuen Entscheidungen fünf Jahre nach Änderung des Syndikusrechts (vgl. Deckenbrock/Markworth ZAP 2020, 7, 11 ff.) erkennbar abgeschwollen ist, bleiben die Syndizi ein Dauerbrenner der Anwaltsrechtsprechung. Im Rahmen ihres im Oktober vorgelegten Evaluierungsberichts zum Syndikusgesetz zeigt sich die Bundesregierung dennoch weitgehend zufrieden mit der Reform. Änderungen wurden nur in Bezug auf die Formvorgaben in § 46a Abs. 3 S. 1 BRAO sowie im Hinblick auf vorübergehende Tätigkeitsunterbrechungen vorgeschlagen.
Für die Syndikusanwaltschaft erfreulich ist auch ein am 26.2.2020 ergangenes Urteil des BSG (Az. B 5 RE 2/19 R), wonach die gem. § 231 Abs. 4b S. 1 SGB VI auf Antrag auf den Tätigkeitsbeginn zurückwirkende Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht im Zeitraum ab dem 1.4.2014 auch außerhalb einer Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk bzw. einer Anwaltskammer erteilt werden könne, also eine freiwillige Mitgliedschaft genüge. Für eine rückwirkende Befreiung für den Zeitraum vor dem 1.4.2014 verlange das Gesetz hingegen ausdrücklich die Zahlung einkommensbezogener Pflichtbeiträge.
a) Anwaltliche Prägung
Nach § 46 Abs. 3 BRAO setzt die Zulassung eines Unternehmensjuristen zur Syndikusanwaltschaft voraus, dass das Arbeitsverhältnis durch fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende anwaltliche Tätigkeiten geprägt ist. Der Anwaltssenat hatte dieses Merkmal 2019 in einer ganzen Reihe von Entscheidungen zu präzisieren vermocht. Insbesondere soll ein Anteil von 65 % anwaltlicher Tätigkeit am unteren Rand des für eine anwaltliche Prägung des Arbeitsverhältnisses Erforderlichen liegen (Deckenbrock/Markworth ZAP 2020, 7, 12; vgl. auch BGH, Beschl. v. 6.2.2020 – AnwZ [Brfg] 64/19; Urt. v. 9.3.2020 – AnwZ [Brfg] 1/18). Vor diesem Hintergrund war es nicht verwunderlich, dass der Anwaltssenat bei einer Alleingeschäftsführerin einer im Bereich der Wirtschaftsförderung tätigen GmbH, der im erheblichen Umfang administrative und unternehmensleitende Tätigkeiten obliegen, nicht von einer anwaltlichen Prägung des Beschäftigungsverhältnisses ausgegangen ist (BGH, Beschl. v. 28.9.2020 – AnwZ [Brfg] 16/20).
In einem noch Ende 2019 ergangenen Beschluss (v. 18.12.2019 – AnwZ [Brfg] 78/18) hat der Anwaltssenat zudem dazu ausführen können, was unter einer anwaltlichen Tätigkeit zu verstehen ist. Orientierung soll insofern § 3 BRAO verschaffen, nach dem die Aufgabe eines Anwalts die Beratung und Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten ist. Bei der Lektüre von juristischen Fachzeitschriften, Urteilen und Gesetzen handele es sich demgemäß nur um Hilfstätigkeiten, welche dazu beitrügen, die Qualität der Anwaltsdienstleistungen zu wahren und zu verbessern. Solche Hilfstätigkeiten seien nicht dazu geeignet, einem Beschäftigungsverhältnis die für § 46 Abs. 3 BRAO notwendige anwaltliche Prägung zu verleihen.
b) Keine Erstreckung der Zulassung als Syndikusanwalt bei Arbeitgeberwechsel
In seinem Urt. v. 30.3.2020 hatte der Anwaltssenat Gelegenheit, sich mit Arbeitgeberwechseln von Syndikusanwälten zu befassen (Az. AnwZ [Brfg] 49/19; dazu Offermann-Burckart NJW 2020, 2194; Markworth WuB 2020, 522 ff.). Entgegen der bis dahin – soweit ersichtlich – einhelligen Kammerpraxis vertrat er die Auffassung, dass der Wechsel nicht mit einer auf § 46b Abs. 3 BRAO gestützten Erstreckung der Syndikuszulassung bewältigt werden könne. Vielmehr müsse die bisherige Zulassung widerrufen und eine neue beantragt und erteilt werden. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob die neue Syndikustätigkeit unmittelbar aufgenommen wird, nachdem die alte Tätigkeit, für die eine bestandskräftige Zulassung besteht, aufgegeben worden ist. Die künftige Verwaltungspraxis zwingt arbeitsplatzwechselnde Syndikusanwälte zur Vorsicht: Gem. § 46a Abs. 4 Nr. 2 BRAO beginnt die Kammermitgliedschaft bei der Zulassung im Hinblick auf das Neuarbeitsverhältnis rückwirkend mit dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Zulassung eingegangen ist, sofern nicht die zulassungsbegründende Tätigkeit erst später begonnen wird. Der Widerruf der bisherigen Zulassung geht jedoch schon mit der Beendigung der bisherigen Tätigkeit einher. Fallen die beiden Zeitpunkte auseinander, entsteht deshalb eine Versorgungslücke, in welcher der Wechsler keine Syndikuszulassung besitzt. Während dieser Zeit besteht dementsprechend auch keine Befreiung von der Pflicht zur Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Ein Arbeitgeberwechsel im dargestellten Sinne liegt nach der in einem weiteren einschlägigen Urteil (v. 14.7.2020 – AnwZ [Brfg] 8/20) vertretenen Auffassung des Anwaltssenats jedoch nicht vor, wenn ein Arbeitsverhältnis im Zuge einer Verschmelzung unverändert auf eine neue Arbeitgeberin übergeht. Daraus folgt, dass in diesem Fall kein Widerruf der Syndikuszulassung gem. § 46b Abs. 2 BRAO, verbunden mit einer späteren Neuzulassung erforderlich ist. Auch bedarf es keiner Erstreckung i.S.d. § 46b Abs. 3 BRAO. Den Anwaltskammern bleibt es bei einem verschmelzungsbedingten Übergang des Arbeitsverhältnisses im Interesse der Herstellung von Rechtssicherhei...