1. Unvereinbare Zweittätigkeit als Immobilienmakler
Der Anwaltssenat hatte sich mit einem ehemaligen deutschen Anwalt zu befassen, der zwischenzeitlich eine Maklertätigkeit in Österreich aufgenommen hatte und nun seine Wiederzulassung zum Anwaltsberuf begehrte (Beschl. v. 29.7.2020 – 37 O 18934/17). Der BGH arbeitete zu Recht heraus, dass die zweitberufliche Maklertätigkeit gem. § 7 Nr. 8 BRAO der Wiederzulassung aufgrund der damit verbundenen hohen Gefahr von Interessenkollisionen entgegenstehe, auch wenn ihr nur räumlich entfernt in Österreich nachgegangen werde. Insbesondere bedeute die in diesem Punkt weniger strenge Zulassungsregelung in Österreich auch nicht, dass die deutschen Vorgaben eine europarechtswidrige Inländerdiskriminierung darstellen.
2. Singularzulassung auch bei Fachanwaltstitel erforderlich
Gemäß § 78 Abs. 1 S. 3 ZPO müssen sich die Parteien vor dem BGH durch einen bei dem BGH zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Nur ein solcher ist beim BGH postulationsfähig. Der Gesetzgeber hat sich – trotz entsprechender Vorschläge – dagegen entschieden, den zugrundeliegenden Grundsatz der Singularzulassung beim BGH (§§ 164 ff. BRAO) aufzugeben (kritisch demgegenüber Deckenbrock ZRP 2018, 106 ff.). Das BVerfG hat sich über die Jahre mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG immer wieder mit seiner Verfassungsmäßigkeit befasst (vgl. zum Wahlverfahren für neue BGH-Anwälte zuletzt BVerfG, Beschl. v. 13.6.2017 – 1 BvR 1370/16). Im Lichte der BVerfG-Entscheidungen hat der I. Zivilsenat nunmehr auch keine Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit von § 78 Abs. 1 S. 3 ZPO gesehen (Beschl. v. 23.7.2020 – I ZR 73/20). Insbesondere sei es unschädlich, dass danach die Postulationsfähigkeit beim BGH nicht in jedem Einzelfall – insb. auch mit Blick auf die Qualifikation des Bevollmächtigten – beurteilt werde, da dies eine unverhältnismäßige Belastung des Gerichts zur Folge hätte. Es spielt also keine Rolle, inwiefern ein nicht zur BGH-Anwaltschaft zugelassener Anwalt für die Führung eines Revisionsverfahrens auf dem Gebiet des Urheberrechts, insb. aufgrund eines Fachanwaltstitels für gewerblichen Rechtsschutz, besonders qualifiziert wäre, wohingegen die BGH-Anwälte regelmäßig nicht schwerpunktmäßig im Urheberrecht tätig sind. Aus dem Umstand, dass es bei den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes keine (im Wesentlichen) nur dort vertretungsberechtigte Rechtsanwaltschaft gibt, könne – wie auch das BVerfG bereits festgestellt hat – nicht gefolgert werden, dass auch beim BGH auf eine besondere Rechtsanwaltschaft ohne Nachteile für wesentliche Belange des Gemeinwohls verzichtet werden könnte. Der Gesetzgeber habe vielmehr davon abgesehen, bei den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes eine singular zugelassene Anwaltschaft vorzusehen, weil eine derartige Spezialisierung dort – auch für solche Rechtsanwälte, die im jeweiligen Bereich als Fachanwälte tätig sind – wirtschaftlich nicht tragbar erschien. Die unterschiedlichen Regelungen der Postulationsfähigkeit bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes sei daher durch einen Sachgrund gerechtfertigt.
3. Unabhängigkeit eines vor den Unionsgerichten auftretenden Anwalts
In seinem Urteil vom 4.2.2020 (C-515/17 P, C-561/17 P – Uniwersytet Wrocławski/Exekutivagentur für die Forschung [REA]) hat der EuGH Stellung zur erforderlichen Unabhängigkeit eines vor den Unionsgerichten auftretenden Anwalts genommen. Eine Partei dürfe vor einem Unionsgericht gem. Art. 19 Abs. 3 der EuGH-Satzung nicht selbst auftreten, sondern müsse sich durch einen unabhängigen Anwalt vertreten lassen. Dieses Gebot werde aber nicht in jedem Fall schon dann verletzt, wenn zwischen einer Partei und ihrem Anwalt eine Verbindung bestehe. Insbesondere könne eine Universität sich auch durch einen Anwalt vertreten lassen, der ihr durch einen Lehrvertrag verbunden ist, v.a. wenn er bei der Vertretung der Universität zudem nicht in einem Über-/Unterordnungsverhältnis handele. Anders könne die Beurteilung aber ausfallen, wenn der Anwalt nicht mehr als unabhängiger Dritter anzusehen sei, weil er eine hochrangige Leistungsfunktion bei der Partei wahrnehme.
4. Vorläufiges Berufsverbot
In einem Beschluss vom 2.7.2020 (Az. 1 BvR 1627/19) hatte das BVerfG Gelegenheit, die verfassungsrechtlichen Grenzen der richterlichen Anordnung eines vorläufigen Berufsverbots (§ 132a StPO, § 70 StGB) bei Rechtsanwälten herauszuarbeiten. Da auch ein vorläufiges Berufsverbot zur Beendigung der Berufstätigkeit zwingt, hat es während seiner Dauer ähnlich folgenschwere und irreparable Wirkungen für die berufliche Existenz des Betroffenen wie das endgültige Verbot und begründet damit einen schwerwiegenden Eingriff in die Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), obwohl es bereits aufgrund einer summarischen Prüfung ohne erschöpfende Aufklärung der Pflichtwidrigkeit vor Rechtskraft der Verurteilung ergeht. Seine Anordnung begegnet daher hohen verfassungsrechtlichen Hürden. Die Anordnung müsse – so das BVerfG – erforderlich sein, um bereits vor rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter abzuwehren, die aus einer Berufsausübung durch den Beschuldigten resultieren können. Da bei den angegriffenen Bes...