1. Abgabe
Es gilt das Gleiche wie bei einer Verweisung.
2. Anfechtung eines Vergleichs
Das Verfahren vor und nach Anfechtung eines Prozessvergleichs ist eine einzige Angelegenheit (BGH AGS 2010, 477 = RVGreport 2011, 17), da der Streit über die Wirksamkeit in demselben Verfahren ausgetragen wird. Daher bleibt es beim alten Gebührenrecht, wenn der Vergleich vor dem 1.1.2021 geschlossen und nach dem 31.12.2020 angefochten worden ist.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Anwalt erstmals mit der Anfechtung des Vergleichs beauftragt worden ist. Neues Recht ist allerdings anzuwenden, wenn zwischen Vergleich und Anfechtung mehr als zwei Kalenderjahre liegen (BGH AGS 2010, 477 = RVGreport 2011, 17). Gleiches gilt bei der Anfechtung eines außergerichtlichen Vergleichs.
3. Anrechnung
Bei aufeinander anzurechnenden Gebühren liegen grds. verschiedene Angelegenheiten vor. Dies gilt insb. für zeitlich aufeinander folgende Tätigkeiten wie Beratung, außergerichtliche Vertretung, Mahnverfahren, Rechtsstreit etc. Das bedeutet, dass zunächst einmal jede Angelegenheit für sich nach dem für sie geltenden Gebührenrecht (§ 60 RVG) abzurechnen ist. Für die jeweilige Angelegenheit ist der Tag der Auftragserteilung bzw. Bestellung oder Beiordnung maßgebend.
Für die Anrechnung gelten sodann folgende Grundsätze:
- Die Anrechnung selbst bestimmt sich nach dem Recht der Angelegenheit, in der angerechnet wird.
- Die anzurechnenden Beträge richten sich dagegen nach dem Recht der Angelegenheit, aus der sie herrühren.
Dies kann also dazu führen, dass in der nachfolgenden Angelegenheit bereits nach neuem Gebührenrecht ab- und angerechnet wird, die anzurechnenden Beträge sich aber nach altem Gebührenrecht richten.
Die Anrechnung bei Wertgebühren, wenn sich zwischen den Angelegenheiten das Gebührenrecht ändert, ist relativ einfach. Die vorangegangene Angelegenheit richtet sich dann noch nach den alten Wert-Gebührenbeträgen, während sich die neue Angelegenheit bereits nach den neuen Wert-Gebührenbeträgen richtet. Angerechnet wird dann nach den alten Gebührenbeträgen. Das muss so sein, denn es kann nicht mehr angerechnet werden, als der Anwalt verdient hat.
Beispiel:
Der Anwalt war im November 2020 beauftragt, ein Beweisverfahren über 10.000 EUR einzuleiten. Das Beweisergebnis liegt im Januar 2021 vor. Daraufhin wird Hauptsacheklage eingereicht.
Im Beweisverfahren gelten noch die alten Gebührenbeträge, sodass wie folgt abzurechnen ist:
I. |
Selbstständiges Beweisverfahren nach altem Recht (Wert: 10.000 EUR) |
|
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
725,40 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
745,40 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
141,63 EUR |
|
Gesamt |
887,03 EUR |
Im Hauptsacheverfahren ist dagegen bereits nach den neuen Gebührenbeträgen abzurechnen. Angerechnet wird die volle 1,3-Verfahrensgebühr des Beweisverfahrens, und zwar nach den alten Beträgen. Würde man hier nach neuen Beträgen anrechnen, würde mehr angerechnet, als der Anwalt überhaupt erhalten hat. Dass dies nicht sein kann, liegt auf der Hand.
II. |
Hauptsacheverfahren nach neuem Recht (Wert: 10.000 EUR) |
|
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
798,20 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 5 VV anzurechnen, 1,3 aus 10.000 EUR (altes Recht) |
– 725,40 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
736,80 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
829,60 EUR |
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
157,62 EUR |
|
Gesamt |
987,22 EUR |
Faktisch erhält der Anwalt aufgrund der Gebührenanhebung noch einen Nachschlag auf die Verfahrensgebühr i.H.v. (798,20 EUR – 725,40 EUR =) 72,80 EUR.
Gleiches gilt, wenn nur eine anteilige Anrechnung vorzunehmen ist.
Beispiel:
Der Anwalt hatte im November 2020 den Auftrag erhalten, außergerichtlich für den Auftraggeber eine Forderung i.H.v. 8.000 EUR geltend zu machen. Im Januar 2021 erhält er den Auftrag zur Klage, über die mündlich verhandelt wird.
Außergerichtlich richten sich die Gebührenbeträge nach altem Recht. Ausgehend von einer Mittelgebühr war wie folgt abzurechen:
I. |
Außergerichtliche Vertretung nach altem Recht (Wert: 8.000 EUR) |
|
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
684,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
704,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
133,76 EUR |
|
Gesamt |
837,76 EUR |
Im gerichtlichen Verfahren richten sich die Gebühren dagegen nach neuem Recht. Anzurechnen ist die vorangegangene Geschäftsgebühr zur Hälfte, und zwar so, wie sie angefallen ist, nämlich nach den alten Beträgen. Im gerichtlichen Verfahren ist daher wie folgt zu rechnen:
II. |
Gerichtliches Verfahren nach neuem Recht (Wert: 8.000 EUR) |
|
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
652,60 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, 0,75 aus 8.000 EUR (altes Recht) |
– 342,00 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
602,40 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
933,00 EUR |
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
177,27 EUR |
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Gesamt |
1.110,27 EUR |
Bei Betragsrahmengebühren gilt zunächst einmal das Gleiche wie bei den Wertgebühren. Es kann auch hier vorkommen, dass die neue Angelegenheit...