aa) Entscheidung durch Beschluss
Das AG hat verschiedene Möglichkeiten der Verfahrenserledigung. Es kann, wenn es das Verfahren nicht nach § 47 Abs. 2 OWiG einstellt, durch Beschluss (§§ 70, 72 OWiG) entscheiden oder aufgrund einer Hauptverhandlung durch Urteil.
Hinweis:
Auch im OWi-Verfahren ist über § 60 OWiG, § 140 StPO die Bestellung eines Pflichtverteidigers möglich (dazu eingehend Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 2977 ff.; auch Krenberger zfs 2013, 69; Fromm NJW 2013, 2006). Es gelten die allgemeinen Vorschriften (vgl. dazu, insb. auch zur Auswahl des Verteidigers und zum Verfahren Burhoff/Hillenbrand, EV, Rn 3313 ff., 3637 ff.).
Sofern die Verwaltungsbehörde die Unzulässigkeit des Einspruchs übersehen oder unzutreffend die Zulässigkeit bejaht hat, sieht § 70 Abs. 1 OWiG die Verwerfung des Einspruchs durch Beschluss außerhalb einer Hauptverhandlung vor. Geprüft werden dabei ausschließlich die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Einspruchs, nicht dagegen andere Verfahrensmängel. Der Beschluss ist gem. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 34 StPO zu begründen; als Rechtsmittel sehen §§ 70 Abs. 2, 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 311 StPO die sofortige Beschwerde binnen einer Woche ab Zustellung vor.
Sofern das Gericht die Durchführung einer Hauptverhandlung für entbehrlich hält, kann es unter den in § 72 Abs. 1 OWiG näher ausgeführten Voraussetzungen durch Beschluss entscheiden (vgl. dazu Burhoff/Gieg/Krenberger, OWi, Rn 456 ff.). Diese Verfahrensweise hängt weder von der Höhe der Geldbuße noch von der Verhängung eines Fahrverbots ab. Vielmehr kommt sie immer dann in Betracht, wenn aufgrund der Aktenlage der Sachverhalt als geklärt anzusehen ist. Vor der Durchführung des Beschlussverfahrens muss sowohl der Betroffene als auch die Staatsanwaltschaft auf diese Möglichkeit hingewiesen und eine zweiwöchige Frist zur Äußerung eingeräumt werden. Der Hinweis ist entbehrlich, wenn der Betroffene freigesprochen wird oder von ihm bzw. seinem Verteidiger die Anregung zur Entscheidung im Beschlussverfahren kam.
Das Beschlussverfahren nach § 72 OWiG hängt nicht von der Zustimmung der Verfahrensbeteiligten ab, sondern kann nur durch ausdrücklichen Widerspruch zugunsten einer Hauptverhandlung vermieden werden. Die Widerspruchserklärung bedarf keiner besonderen Form; bei der Ermittlung des tatsächlichen Willens ist das gesamte bisherige Verhalten des Betroffenen zu würdigen (zum Widerspruch gegen die Entscheidung im Verfahren nach § 72 OWiG Burhoff/Gieg/Krenberger, OWi, Rn 463 ff.).
bb) Entscheidung aufgrund einer Hauptverhandlung
Entscheidet der Amtsrichter nicht durch Beschluss, muss aufgrund einer Hauptverhandlung durch Urteil entschieden werden. Für die Hauptverhandlung im Bußgeldverfahren gelten grds. dieselben Regeln wie für die Hauptverhandlung im Strafverfahren. An einigen Stellen ergeben sich jedoch Abweichungen, so z.B. hinsichtlich des Umfangs der Beweisaufnahme (vgl. dazu § 77a OWiG) (vgl. dazu eingehend Burhoff/Burhoff, HV, Rn 1599 ff. m.w.N.).
Der Betroffene ist grds. zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung verpflichtet (Burhoff/Niehaus, OWi, Rn 2490 ff.; Burhoff VRR 2007, 250; Krumm DAR 2008, 413; Krenberger zfs 2013, 364; Fromm DAR 2013, 368). Nach § 73 Abs. 2 OWiG ist das Gericht aber verpflichtet (vgl. u.a. Burhoff/Niehaus, OWi, Rn 2556 ff. m.w.N.), den Betroffenen auf seinen Antrag hin von dieser Verpflichtung zu entbinden, wenn er sich zur Sache geäußert hat oder erklärt, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werde und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist (zu den Anforderungen an einen Entbindungsantrag Burhoff/Niehaus, a.a.O.; Göhler/Seitz/Bauer, a.a.O., § 73 Rn 6; Burhoff/Burhoff, HV, Rn 1575 ff. m.w.N.; Burhoff VRR 2007, 250, 253). Hat das Gericht den Betroffenen von der Pflicht zum Erscheinen entbunden, kann er sich gem. § 73 Abs. 3 OWiG in der Hauptverhandlung durch einen schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten lassen.
Hinweis:
Ist der Betroffene nicht vom Erscheinen entbunden worden, erscheint er aber dennoch in der Hauptverhandlung nicht, kann der Antrag auf Entbindung des Betroffenen von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung noch zu Beginn der Hauptverhandlung nach Aufruf der Sache (§ 243 Abs. 1 S. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) gestellt werden, solange noch nicht zur Sache verhandelt worden ist (Burhoff/Niehaus, OWi, Rn 2561; Burhoff VRR 2007, 250, 252; OLG Köln NStZ-RR 2002, 114; OLG Naumburg zfs 2002, 595; VRR 2011, 74; Burhoff/Burhoff, HV, Rn 1575 ff.; a.A. Göhler/Seitz/Bauer, a.a.O., § 73 Rn 4).