Auch im Berichtszeitraum gab es wieder Entscheidungen zu der seit 13.10.2017 geltende Vorschrift des § 315d StGB („Verbotene Kfz-Rennen”). Der BGH (Urt. v. 11.11.2021 – 4 StR 511/20, NJW 2022, 483; NZV 2022, 128 m. Anm. Preuß; DAR 2022, 105; StraFo 2022, 38; VRR 1/2022, 14 [Deutscher]) hat sich grundlegend zum Begriff des Rennens, den Beteiligungsformen und dem Gefahrerfolg in § 315b Abs. 2 StGB geäußert: Ein Kraftfahrzeugrennen i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB ist ein Wettbewerb zwischen wenigstens zwei Kraftfahrzeugführern, bei dem es zumindest auch darum geht, mit dem Kfz über eine nicht unerhebliche Wegstrecke eine höhere Geschwindigkeit als der andere oder die anderen teilnehmenden Kraftfahrzeugführer zu erreichen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Teilnehmer zueinander in Bezug auf die Höchstgeschwindigkeit, die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit oder die schnellste Beschleunigung in Konkurrenz treten. § 315d Abs. 2 StGB ist ein eigenhändiges Delikt. Ein Teilnehmer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt den Qualifikationstatbestands des § 315d Abs. 2 StGB in objektiver Hinsicht deshalb nur, wenn er durch sein eigenes Fahrverhalten während der Rennteilnahme eine konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter verursacht und zwischen seinem Verursachungsbeitrag und dem Gefährdungserfolg ein innerer Zusammenhang besteht. Nebentäterschaft kann vorliegen, wenn ein und derselbe Gefährdungserfolg von mehreren Rennteilnehmern herbeigeführt wird. Dies setzt voraus, dass sich die Rennteilnehmer in derselben kritischen Rennsituation befinden und zwischen den jeweiligen Mitverursachungsbeiträgen und dem konkreten Gefährdungserfolg ein örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. a. BGH, Beschl. v. 8.12.2021 – 4 StR 224/20, VRR 2/2022, 13 [Deutscher]).
Auf Vorlage des AG Villingen-Schwenningen (NZV 2022, 184 m. Anm. Obermann; DAR 2020, 218; VRR 3/2020, 18, StRR 3/2020, 32 [jew. Deutscher]) hat das BVerfG (Beschl. v. 9.2.2022 – 2 BvL 1/20, juris; VRR 3/2022, 21; StRR 4/2022, 35 [Deutscher]) entschieden, dass der „Alleinraser”-Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB hinreichend bestimmt und verfassungsgemäß ist. Eine unzulässige Verschleifung strafrechtlicher Tatbestandsmerkmale liege nicht vor. Das ist nicht unproblematisch, da es weiterhin schwierig bleibt, bloß bußgeldrechtlich relevante hohe Geschwindigkeitsverstöße von strafbarem Verhalten abzugrenzen. Nach Ansicht des BGH erfasst dieser Tatbestand auch die sog. Polizeifluchtfälle (BGH, Beschl. v. 29.4.2021 – 4 StR 165/20, NStZ 2021, 615; VRR 7/2012, 15, StRR 10/2021, 25 [jew. Burhoff]).
Hinweis:
Aktuelle Rechtsprechung zu § 315d StGB referiert Nowrousian, NZV 2022, 1.