Die Grenze, ab der ein Gutachten im Verkehrsunfallprozess offensichtlich keine verwertbaren Ergebnisse erzielen kann, lässt sich verlässlich ohne Fachkunde feststellen und sicher zu den Fällen abgrenzen, in denen zumindest eine – wenn auch noch so geringe – Möglichkeit, Verwertbares zu ermitteln, besteht (KG Berlin, Urt. v. 4.11.2021 – 22 U 48/18, NZV 2022, 91 [Syrbe]). Es ist grds. zulässig, Aussagen von im Ermittlungsverfahren vernommenen Zeugen im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten. Einer Zustimmung zur Verwertung des Gegners des Beweisführers bedarf es hierzu nicht. Stellt dieser aber einen Antrag auf persönliche Vernehmung der Zeugen, ist diesem Antrag grds. wegen der Schwäche des Urkundenbeweises durch das Protokoll und dem Anspruch auf die Zeugenvernehmung mit allen prozessualen Garantien nachzukommen. Eine ausschließliche Verwertung von Protokollen ist dann unzulässig (OLG Frankfurt, Urt. v. 4.11.2021 – 6 U 59/20, NZV 2022, 94 [Lempp]). Erbringt der Haftpflichtversicherer eine Zahlung an einen Kfz-Sachverständigen als Leistung an den Unfallgeschädigten, ist er nicht gehindert, die Zahlung mit dessen weiteren Ersatzansprüchen zu verrechnen, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass das Gutachten für den Geschädigten erkennbar unbrauchbar war und die Zahlung an den Sachverständigen daher rechtsgrundlos erfolgt ist (LG Saarbrücken, Urt. v. 12.3.2021 – 13 S 139/20, NZV 2021, 537 [Ugur]). Ist die Direktklage eines Dritten gegen den Versicherer und den Fahrer rechtskräftig abgewiesen worden, ist eine Klage gegen den Halter gem. § 124 Abs. 1 VVG dann ausgeschlossen, wenn der Versicherer zumindest auch wegen der Halterhaftung erfolglos in Anspruch genommen worden war. Die Rechtskrafterstreckung gem. § 124 Abs. 1 VVG erfolgt auch dann, wenn der Dritte mit seinem Begehren auf Schadensersatz gegen den Versicherer (nur) deshalb unterlegen ist, weil er seine Aktivlegitimation nicht nachweisen konnte (BGH, Urt. v. 27.4.2021 – VI ZR 883/20, NJW 2021, 2808; zfs 2021, 684).
Hinweis:
In der widerspruchslosen Feststellung des Haftpflichtanspruchs des Geschädigten zur Insolvenztabelle liegt ein Anerkenntnis i.S.d. § 106 S. 1 VVG. Dem kommt jedoch eine bindende Wirkung für den Versicherer regelmäßig nur in dem Umfang zu, in welchem eine Haftpflichtschuld des Versicherungsnehmers nach materieller Rechtslage tatsächlich besteht (BGH, Urt. v. 10.3.2021 – IV ZR 309/19, NJW 2021, 1823; zfs 2021, 621).