1. Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)
Es liegt kein Führen eines Fahrrads im Straßenverkehr i.S.d. § 316 StGB vor, wenn das Fahrrad lediglich geschoben wird (LG Freiburg, Urt. v. 26.10.2021 – 11/21 10 Ns 530 Js 30832/20, DAR 2022, 44; VRR 12/2021, 14/StRR 12/2021, 27 [jew. Burhoff]; NZV 2022, 150 [Krenberger]). Für den Schluss, der Angeklagte sei mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,77 Promille alkoholbedingt fahrunsicher gewesen, können neben einer signifikanten Blutalkoholkonzentration und dem Vortatverhalten (Alkoholkonsum im Auto, Schlafen im Auto, glasige Augen, lallende Aussprache) auch die hiernach begangenen Fahrfehler (unangepasst-überhöhte Geschwindigkeit in enger Straße, Nichtbeherrschung einer Kurvenfahrt mit Anstoß an ein im Gegenverkehr (!) abgeparktes Fahrzeug) sprechen (KG, Beschl. v. 12.2.2021 – (3) 121 Ss 1/21 (5/21), NStZ 2022, 118; VRR 8/2021, 19, StRR 6/2021, 31 [jew. Burhoff]).
2. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Gefährdung des Straßenverkehrs (§§ 315b, 315c StGB)
Eine konkrete Gefahr i.S.d. § 315c StGB liegt regelmäßig nicht vor, wenn es einem Verkehrsteilnehmer noch möglich ist, einen Unfall durch ein im Bereich einer verkehrsüblichen Reaktion liegendes Brems- oder Ausweichmanöver abzuwenden. Das Vorliegen einer konkreten Gefahr ist anhand objektiver Kriterien, wie beispielsweise der Geschwindigkeit der beteiligten Fahrzeuge, des Abstandes zwischen ihnen sowie auch der Beschaffenheit der Fahrzeuge selbst und ggf. bestehender Ausweichmöglichkeiten zu ermitteln. Nicht ausreichend sind insoweit lediglich wertende Umschreibungen wie etwa ein „scharfes” Abbremsen oder Ausweichen (OLG Celle VRR 8/2021, 16/StRR 12/2021, 23 [Burhoff]).
Bei einem Außeneingriff in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB) sind nur verkehrsspezifische Gefahren tatbestandsrelevant. Eine verkehrsspezifische Gefahr liegt bei Zusammentreffen der Tathandlung und dem Eintritt einer konkreten Gefahr aber nur dann vor, wenn die konkrete Gefahr – jedenfalls auch – auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte (Dynamik des Straßenverkehrs) zurückzuführen ist. Bei dem Wurf eines Bolzenschneiders in die Windschutzscheibe eines langsam anfahrenden Fahrzeugs liegt es eher fern, dass die mit dem Eingriff unmittelbar einhergehende Beschädigung der Windschutzscheibe und Gefährdung der körperlichen Integrität eines Fahrzeuginsassen in einem relevanten Zusammenhang mit der Eigendynamik des gerade erst langsam anfahrenden Fahrzeugs standen. Es liegt nahe, dass beides allein auf die Intensität des Wurfs zurückzuführen war (BGH, Beschl. v. 12.1.2021 – 4 StR 326/20, NStZ 2021, 743). Um den vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr i.S.d. § 315 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a StGB (Herbeiführen eines Unglücksfalls) zu qualifizieren, muss die Absicht des Täters darauf gerichtet sein, dass sich gerade eine von ihm herbeigeführte verkehrsspezifische Gefahr verwirklicht. Selbst eine möglicherweise festzustellende Absicht des Täters, durch den Abwurf von Steinen von einer Brücke (ausschließlich) Schäden am Dach des Fahrzeugs zu verursachen, ist nicht geeignet, die qualifizierende Voraussetzung des Handelns in der Absicht, einen Unglücksfall i.S.d. § 315 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a StGB herbeizuführen, zu begründen (BGH, Urt. v. 9.12.2021 – 4 StR 167/21, NJW 2022, 409 = zfs 2022, 170 = demnächst in VRR 2022 [Deutscher]).
3. Beteiligung an Autorennen (§ 315d StGB)
Auch im Berichtszeitraum gab es wieder Entscheidungen zu der seit 13.10.2017 geltende Vorschrift des § 315d StGB („Verbotene Kfz-Rennen”). Der BGH (Urt. v. 11.11.2021 – 4 StR 511/20, NJW 2022, 483; NZV 2022, 128 m. Anm. Preuß; DAR 2022, 105; StraFo 2022, 38; VRR 1/2022, 14 [Deutscher]) hat sich grundlegend zum Begriff des Rennens, den Beteiligungsformen und dem Gefahrerfolg in § 315b Abs. 2 StGB geäußert: Ein Kraftfahrzeugrennen i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB ist ein Wettbewerb zwischen wenigstens zwei Kraftfahrzeugführern, bei dem es zumindest auch darum geht, mit dem Kfz über eine nicht unerhebliche Wegstrecke eine höhere Geschwindigkeit als der andere oder die anderen teilnehmenden Kraftfahrzeugführer zu erreichen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Teilnehmer zueinander in Bezug auf die Höchstgeschwindigkeit, die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit oder die schnellste Beschleunigung in Konkurrenz treten. § 315d Abs. 2 StGB ist ein eigenhändiges Delikt. Ein Teilnehmer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt den Qualifikationstatbestands des § 315d Abs. 2 StGB in objektiver Hinsicht deshalb nur, wenn er durch sein eigenes Fahrverhalten während der Rennteilnahme eine konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter verursacht und zwischen seinem Verursachungsbeitrag und dem Gefährdungserfolg ein innerer Zusammenhang besteht. Nebentäterschaft kann vorliegen, wenn ein und derselbe Gefährdungserfolg von mehreren Rennteilnehmern herbeigeführt wird. Dies setzt voraus, dass sich die Rennteilnehmer in derselben kritischen Rennsituation befinden und zwischen den jeweiligen Mitverursachungsbeiträgen und dem konkreten Gefährdungserfolg ein örtlich...