Neuere Rechtsprechung zum Fahrerlaubnisrecht bei Koehl NZV 2021, 495. Aktuelle Rechtsprechung zum EU-Führerschein behandelt Koehl DAR 2021, 546.
1. EU-Führerschein (zugleich Fahren ohne Fahrerlaubnis, § 21 StVG)
Der Wohnsitzmitgliedstaat ist zuständig für formelle änderungen (Vermerke) des Führerscheins (EuGH NJW 2021, 1805; DAR 2021. 553 m. Anm. Ternig; Bespr. Kalus/Ternig NZV 2021, 610). § 3 Abs. 6 StVG i.V.m. § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. c und § 11 Abs. 8 S. 1 FeV sind unionsrechtskonform auszulegen. Erbringt der Inhaber eines im Mitgliedstaat seines ordentlichen Wohnsitzes erneuerten Führerscheins der Klassen A und B den Nachweis, dass seine Eignung zum Führen solcher Kfz dort bei der Erneuerung seines Führerscheins überprüft wurde und dass diese überprüfung derjenigen entspricht, die nach dem deutschen Fahrerlaubnisrecht für ein positives MPU-Gutachten erfolgreich durchlaufen werden muss, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung über das Recht des Betroffenen, von der Fahrerlaubnis in Deutschland wieder Gebrauch zu machen, aus der Nichtbeibringung des von ihr geforderten MPU-Gutachtens nicht gem. § 11 Abs. 8 S. 1 FeV auf die Nichteignung schließen. Das Führen eines solchen Nachweises steht der Beibringung eines positiven MPU-Gutachtens gleich (BVerwG NJW 2021, 3479; DAR 2021, 704; zfs 2021, 714). Verlängert eine zuständige Behörde der Republik Serbien die Geltungsdauer einer zuvor durch eine Behörde des Staatenbunds Serbien und Montenegro, der Bundesrepublik Jugoslawien oder der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien erteilten Fahrerlaubnis, liegt eine serbische Fahrerlaubnis vor, deren Umschreibung nach Maßgabe von § 31 Abs. 1 S. 1 FeV i.V.m. Anlage 11 unter den dortigen Voraussetzungen grds. möglich ist. Da die Verlängerung eine materielle Erweiterung der Rechtsstellung des Fahrerlaubnisinhabers bewirkt, ist diese Fahrerlaubnis nur inlandsgültig und umschreibungsfähig, wenn ihr Inhaber zum Zeitpunkt der Verlängerung seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellungsstaat hatte (VGH München, Urt. v. 19.7.2021 – 11 B 19.1473, zfs 2021, 655).
Hinweis:
Rechtsfolgen von Manipulationen bei theoretischen Fahrerlaubnisprüfungen erörtert Müller NZV 2021, 514.
2. Entziehung der Fahrerlaubnis (Schwerpunkt: Alkohol- oder Drogenkonsum)
Den gesetzlich nicht geregelten Verzicht auf die Fahrerlaubnis erörtert Dauer NZV 2021, 293. Zur anwaltlichen Beratung im Führerscheinentzugsverfahren Dronkovic NJW 2021, 1443. Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörden in Fällen der Alkohol- oder Drogenproblematik erläutert Rebler SVR 2021, 326. Zur Frage der MPU ab 1,1 Promille und fehlenden Ausfallerscheinungen Wagner NZV 2022, 110.
a) Cannabis
Soll eine Dauerbehandlung mit Medizinal-Cannabis i.S.v. Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV nicht zum Verlust der Fahreignung wegen regelmäßigen Konsums (Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV) führen, muss die Einnahme erstens indiziert und ärztlich verordnet sein und das Mittel zuverlässig nur nach der ärztlichen Verordnung eingenommen werden. Zweitens dürfen keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sein und die Grunderkrankung bzw. die Symptomatik darf keine verkehrsmedizinisch relevante Ausprägung aufweisen, die eine sichere Verkehrsteilnahme beeinträchtigt. Zudem darf drittens nicht zu erwarten sein, dass die betroffene Person in Situationen, in denen ihre Fahrsicherheit durch Auswirkungen der Erkrankung oder der Medikation beeinträchtigt ist, am Straßenverkehr teilnehmen wird (OVG Saarlouis zfs 2022, 57; SVR 2021, 477 [Koehl]). Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist ungeeignet zum Führen von Kfz, wer bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis den Konsum und das Fahren nicht trennen kann (zur vollständigen Betäubungsmittelabstinenz VGH Mannheim DAR 2022, 166). Ein einmaliger Konsum liegt nur dann vor, wenn der Betreffende entweder erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen hat oder frühere Konsumakte derart weit zurückliegen, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann und er aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis eingenommen hat (VGH München NJW 2022, 712).
Hinweis:
Fragen zu Cannabis im Straßenverkehr auf dem Hintergrund der beabsichtigten Legalisierung erörtern Koehl DAR 2022, 6 und Steinert SVR 2022, 15.
b) Sonstige Drogen
Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen im Körper des Fahrerlaubnisinhabers festgestellt wurden und damit deren Einnahme nachgewiesen worden ist oder wenn der Fahrerlaubnisinhaber die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt hat. Bei Ungeeignetheit des Fahrerlaubnisinhabers ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend. Ein Ermessensspielraum steht der Fahrerlaubnisbehörde nicht zu. Eine negative Haaranalyse schließt einen einmaligen Konsum von Methamphetamin, der zur Fahrungeeignetheit führt, nicht hinreichend sicher aus. Die bloße Behauptung der Drogenabstinenz reicht regelmäßig nicht aus (VGH München NZV 2021, 647 [Pießkalla]). Aufgrund einer Gesamtschau steht ein Kokainkonsum mit hinreichender Gewissheit fest, wenn die Ergebnisse von zwei Drogenschnelltests des Speichels und des Urin hinsichtlich eines Kokainkonsums positiv ausge...