Zunächst soll dargestellt werden, um welche Sachverhaltskonstellationen es bei bereits ergangenen Gerichtsentscheidungen ging und wie entschieden wurde.
1. LG Stuttgart
Das Urteil des LG Stuttgart (v. 25.3.2021 – 11 O 543/20) ist im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Antrag eines Rechtsanwalts, der sich in seinen Rechten verletzt sah, ergangen. Der ORM betreibende Unternehmer hatte auf seiner Webseite – ohne explizit rechtliche Prüfungen zu bewerben – die Löschung von zu Unrecht erhaltener negativer Bewertungen angeboten u.a. mit „Zahlung nur bei Erfolg Google Bewertungen löschen lassen” sowie „Wir können Google Bewertung löschen lassen, wenn Sie der Meinung sind die Bewertung muss gelöscht werden, sind wir an Ihrer Seite und beantragen die Löschung in Ihrem Namen”. Das Gericht sah darin eine Rechtsdienstleistung (§ 2 Abs. 1 RDG), da eine rechtliche Subsumtion erforderlich sei. Die bloße technische Hilfe (copy & paste) wollte das Gericht offenbar nicht beanstanden. Aus dem Tenor des Verfügungsbeschlusses geht als konkrete Verletzungsform hervor, dass v.a. der Einsatz eines an Google gerichteten Aufforderungsschreibens zu der Entscheidung geführt hat:
Zitat
„Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung ... untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Dienstleistungen anzubieten oder durchzuführen, die auf die Löschung oder Beanstandung von Google-Bewertungen gegenüber Google gerichtet sind, wenn dies durch Verschicken des folgenden Textes an Google geschieht ...”
In dem im Tenor eingerückten Text trägt die Agentur (Antragsgegner) u.a. vor, aus welchen Gründen die Löschung verlangt wird. Zur Rechtsdienstleistung des Verfügungsbeklagten führte das LG Stuttgart aus:
Zitat
„Damit überhaupt eine Prüfpflicht des Hostproviders ausgelöst wird, die im Ergebnis auch Voraussetzung für eine Löschung der beanstandeten äußerung ist, muss daher im konkreten Einzelfall zunächst ermittelt werden, worin die konkrete Rechtsverletzung liegt, die Grundlage der Beanstandung ist. Es ist dabei insb. zu klären, ob es sich um eine (unwahre) Tatsachenbehauptung, um eine Meinungsäußerung mit (unwahrem) Tatsachenkern, um eine Meinungsäußerung handelt, der eine Tatsachengrundlage fehlt oder etwa um Schmähkritik. Je nachdem muss die Beanstandung derart abgefasst werden, dass eine etwaige Rechtsverletzung zumindest schlüssig erscheint. Dies setzt gewisse Grundkenntnisse im äußerungsrecht voraus, die über ein bloßes Alltagswissen hinausgehen.”
2. LG Hamburg
a) Urt. v. 28.6.2019
Das LG Hamburg (Urt. v. 28.6.2019 – 315 O 255/18) hatte zeitlich vor dem LG Stuttgart (in dessen Urteil wird das Urteil des LG Hamburg nicht erwähnt) bereits auf Klage einer Rechtsanwaltskammer gegen ein ORM betreibendes Unternehmen die „Prüfung” negativer Online-Bewertungen als Rechtsdienstleistung angesehen und eine erlaubte Nebenleistung (§ 5 RDG) verneint. Interessant ist, dass das LG Hamburg zwischen „der eigentlich angebotenen Dienstleistung” (zulässig) und einer weiteren „Beratungsleistung” (unzulässig) differenziert. Die von der beklagten Agentur auf ihrer Webseite betriebene Werbung bezog sich unzweifelhaft auf Rechtsdienstleistungen:
Zitat
„Werden in den Google Bewertungen falsche Tatsachen dargestellt oder sind Verleumdungen, Beleidigungen oder eine üble Nachrede enthalten, anstößige oder verletzende Formulierung beinhaltet, urheberrechtlich geschützte Texte verwendet, sexuelle Inhalte dargestellt, vertrauliche Informationen preisgegeben oder Personengruppen angegriffen, verstoßen diese gegen die Google-Richtlinien und können gelöscht werden. Um solche Bewertungen ausfindig zu machen, prüfen unsere erfahrenen Reputationsmanager die Inhalte der Bewertungen streng. Sollten ihnen diffamierende/rechtswidrige äußerungen auffallen, werden sie umgehend aktiv und veranlassen, die Bewertung bei Google löschen zu lassen. In bestimmten Fällen können auch rechtliche Schritte eingeleitet werden.”
b) Beschl. v. 28.1.2022
Das LG Hamburg (Beschl. v. 28.1.2022 – 315 O 10/22) hat im einstweiligen Verfügungsverfahren einem Anbieter von ORM (GmbH) und dessen Geschäftsführer verboten,
Zitat
„Rechtsdienstleistungen bezüglich der Beanstandung oder Löschung von Online-Bewertungen anzubieten, ohne zur Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen befugt zu sein, wenn dies geschieht wie auf der nachfolgend abgebildeten Internetseite: [...].”
Rechtsdienstleistungen wurden zwar nicht explizit beschrieben, aber der Anbieter sprach in seiner Werbung uneingeschränkt davon, er könne „ungerechtfertigte Bewertungen” löschen lassen und sei „der zuverlässige Partner an Ihrer Seite”. Weiter begründet wurde der Verfügungsbeschluss nicht.
c) Beschl. v. 11.2.2022
Mit Beschl. v. 11.2.2022 – 312 O 23/22 hat das LG Hamburg im einstweiligen Verfügungsverfahren mit einem entsprechend wie vorstehend unter b) dargestellten Verbotstenor einer Agentur Rechtsdienstleistungen im Bereich des ORM untersagt. Hier ging es laut der in den Beschluss eingerückten konkreten Werbung um die Aussage „Negative Bewertungen auf Google löschen lassen!”. Das LG Hamburg hat in der...