Agenturen werden sich häufig fragen, ob nicht ganz einfache rechtliche Tätigkeiten aus dem Anwendungsbereich des RDG fallen. Insofern muss unterschieden werden zwischen der Definition der Rechtsdienstleistung (§ 2 Abs. 1 RDG) und der Frage, ob zu der erlaubten (sonstigen) Tätigkeit eine Rechtsdienstleistung als erlaubte Nebenleistung (§ 5 RDG) in Frage kommt.
1. Begriff der Rechtsdienstleistung
Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es für die Beurteilung, ob eine Rechtsdienstleistung vorliegt, nicht darauf an, ob es sich um eine einfache oder eine schwierige Fragestellung handelt (Deckenbrock/Henssler, a.a.O, § 2 Rn 34a m. Nachw. zur Rspr.). Jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter maßgebliche rechtliche Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht, unterfällt dem Begriff der Rechtsdienstleistung.
Keine Rechtsdienstleistungen stellen allgemeine Informationen dar, z.B. über Sinn und Zweck von Bewertungen oder über die Voraussetzungen von Unterlassungs- und Löschungsforderungen. Es fehlt insofern an der nach der Legaldefinition (§ 2 Abs. 1 RDG) erforderlichen Beratung im konkreten Fall. Im übrigen stellt auch § 2 Abs. 3 Nr. 5 RDG klar:
Zitat
„Rechtsdienstleistung ist nicht (...) die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien”
Das LG Stuttgart (s. oben unter II. 1.) steht insofern auf dem Standpunkt, dass einem (ordnungsgemäß bearbeiteten) Löschungsverlangen eine rechtliche Subsumtion vorauszugehen hat. Nach der Rechtsprechung des BGH haftet ein Host-Provider nur dann, wenn ihm ein Rechtsverstoß so dargelegt wird, dass er die Rechtsverletzung erkennen kann und ihm die Ermittlung und Bewertung unschwer möglich ist.
Letztendlich bleibt bei dieser strengen, aber rechtlich nachvollziehbaren Sichtweise nur die Möglichkeit, dass die Agentur die rechtliche Vorprüfung auf den Kunden (vor)verlagert und lediglich dessen Darstellungen übernimmt, ggf. sprachlich anders strukturiert und die technisch-administrative Hilfe anbietet. Die Lösung, um an dem Erfordernis einer Erlaubnis nach dem RDG vorbeizukommen, heißt in dem Falle ein „Weniger” an Leistungen anzubieten und dies klar zum Ausdruck zu bringen.
Bei einer einschränkungslosen Bewerbung der Leistungen „Löschung von Negativbewertungen” lässt die Auslegung im Kontext häufig durchaus zu, dass darunter auch (zumindest einfache) Rechtsdienstleistungen fallen.
2. Abgrenzung zu rein wirtschaftlichen/administrativen Vorgängen
Soweit in der Werbung das rechtliche Spektrum ausgeschlossen werden kann, sind wirtschaftliche Unterstützungsmaßnahmen, z.B. Faktenermittlungen, technische sowie administrative Hilfestellungen nicht von einer Erlaubnis nach dem RDG abhängig (Deckenbrock/Henssler, a.a.O, § 2 Rn 29c).
Zusätzlich zu einer ausführlichen Beschreibung der Leistungen (ohne Aspekte, die als Rechtsdienstleistungen einzustufen sind) kann sich für Agenturen, die nicht über eine Erlaubnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen verfügen, der Einsatz eines klarstellenden Hinweises empfehlen, wie z.B. der nachfolgende Formulierungsvorschlag:
Zitat
„Unsere Tätigkeiten erfolgen in technisch-administrativer Weise aufgrund Ihrer Informationen. Rechtsdienstleistungen wie z.B. anspruchsorientierte Sachverhaltsaufarbeitung oder rechtliche Analyse des Rezensionsvorgangs führen wir nicht aus.”
Eine auf einer Webseite enthaltene plakativ herausgestellte Aussage „Wir löschen für Sie unberechtigte negative Bewertungen.” stellt i.d.R. einen Blickfang dar und ist somit als solche eigenständig zu bewerten. In „unberechtigte” steckt Potenzial für eine rechtliche Beurteilung. Eine Beschränkung des Leistungsangebots in dem Sinne, dass Rechtsdienstleistungen ausgenommen sind, wird nicht ersichtlich. Abgesehen davon könnte das Versprechen des Erfolges irreführend sein. Hier würde sich ein „Disclaimer” empfehlen. Gleiches würde gelten für die ohne Einschränkungen erfolgende Werbung mit „Google Bewertungen löschen: Dazu empfehlen wir Dir, die Expertise unserer Erfahrung einzuholen.”
Soweit hier ein Disclaimer eingesetzt wird, könnte das mittels eines Sternchen-Hinweises erfolgen. Das Sternchen muss dann auf derselben Seite gut auffindbar aufgelöst werden.
3. Erlaubte Nebenleistung (§ 5 RDG)
Nach § 5 Abs. 1 S. 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 Abs. 1 S. 2 RDG). Dass Rechtsdienstleistungen zum „Berufsbild” einer Agentur gehören, wird man verneinen müssen. Gleiches gilt dafür, dass sie für die Löschungsbemühungen erforderlich sind. Es ist durchaus juristisch und praktisch aufteilbar in dem Sinne, dass der Kunde selbst, ggf. durch einen Rechtsanwalt, das Löschungsbegehren sachverhaltsmäßig aufarbeitet und die Agentur darauf aufbaut, ggf. etwas umformuliert oder umstrukturiert und...