1. Übermittlung der Berufungsbegründung per beA
(BGH, Beschl. v. 20.9.2022 – XI ZB 14/22) • Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfordert die Kontrolle, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO auf die Datei mit dem betreffenden Schriftsatz bezieht.
ZAP EN-Nr. 710/2022
Anmerkung: Bei einem Gegenstandswert von 250.000 EUR bestätigt der BGH die vorausgegangene Entscheidung des LG München vom 23.3.2022. Am Tag des Fristablaufs, 13.1.2022, sendete der Prozessbevollmächtigte (PB) eine Nachricht über das beA, der kein PDF-Dokument als Anhang beigefügt war. Einen Tag später, 14.1.2022, ging eine elektronische Nachricht aus dem beA des Klägervertreters mit der Berufungsbegründung vom Vortag und dem Dateinamen „Scan_0178.pdf” als Anhang beim Berufungsgericht ein.
Nach Hinweis des Gerichts auf den verspäteten Eingang der Berufungsbegründung beantragte die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und behauptete, die Berufungsbegründung sei am 13.1.2022 an das Berufungsgericht übermittelt worden. Der PB habe am Tag des Fristablaufs anhand der Angaben am Ende des Prüfprotokolls unter der Überschrift „Zusammenfassung Prüfprotokoll” zu Übermittlungscode, Meldungstext und Status überprüft, dass die Übermittlung erfolgreich gewesen sei.
Der BGH führt aus: Zu Recht habe das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen, weil die Berufungsbegründung nicht fristgerecht eingereicht worden sei und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist nicht vorlägen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH genüge ein Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax nur dann, wenn er anhand des Sendeprotokolls überprüfe oder durch eine zuverlässige Kanzleikraft überprüfen lasse, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt sei.
Gleiches gelte für die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per beA an das Gericht. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordere dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO erteilt worden sei. Diese Eingangsbestätigung beziehe sich nicht auf die elektronische beA-Nachricht, sondern auf das elektronische Dokument i.S.v. § 130a Abs. 1 ZPO, also etwa einen Schriftsatz und seine Anlagen.
Hier bestätige das von dem Kläger für den 13.1.2022 vorgelegte Prüfprotokoll nur den Eingang der Nachricht und gerade nicht den Eingang der Berufungsbegründung beim Berufungsgericht, weil darin kein Anhang mit der Bezeichnung „Scan_0178.pdf” aufgeführt sei. Daher hätte der Klägervertreter Zweifel am Eingang der Berufungsbegründung haben müssen, wenn er anhand des Prüfprotokolls kontrolliert hätte, ob seiner elektronischen Nachricht, deren Eingang bestätigt worden sei, die Datei mit der Berufungsbegründung angehängt gewesen sei und ob diese ebenfalls bei Gericht eingegangen sei.
Da die Anwaltschaft seit jeher angehalten sei, zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob elektronisch versandte Schriftsätze komplett angekommen seien, sei das Fristversäumnis verschuldet und könne nicht damit entschuldigt werden, dass die aktive Nutzungspflicht für das beA erst seit dem 1.1.2022 bestehe.
Der PB habe die von der Rechtsprechung geforderten Sorgfaltspflichten nicht erfüllt. Hätte der PB der Klägerin auch die Liste der übermittelten Anhänge kontrolliert, wäre ihm bereits am 13.1.2022 aufgefallen, dass nur der Eingang der Datei „xjustiz_nachricht.xml” (ohne Bezeichnung, Anhangstyp „Strukturdatensatz”) bestätigt worden ist, während die Berufungsbegründung mit dem Dateinamen „Scan_0178.pdf” nicht erwähnt wird und damit hinsichtlich dieses Schriftsatzes keine Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO erteilt worden ist. Dann hätte er noch am gleichen Tag, ggf. mit Unterstützung des nach dem Vortrag der Klägerin bis 20 Uhr erreichbaren beA-Supports, einen erneuten Versuch der Übertragung vornehmen können.
Praxistipp:
Exportieren Sie die gesendete Nachricht. Überprüfen Sie aus dem ZIP-Ordner die Datei „export.html”. Dort müssen sich neben der Eingangsbestätigung auch die in der Nachricht aufgeführten Dokumente (Schriftsatz und Anlagen) befinden. Auch wenn die Benennung von Dateien mit „lesbaren Dateinamen” keine Pflicht mehr ist, empfiehlt es sich, eine klare Struktur für Dateinamen festzulegen. Überprüfen Sie vor dem Klick auf den Sendebutton alle Dateien. Hilfreich ist es, Dateien so zu bezeichnen, dass kein Zweifel am Inhalt einer Datei aufkommt. Damit verschafft man sich in einer elektronischen Akte eine Übersicht auf einen Blick.
2. Versand leerer Datei statt Berufung
(BGH, Beschl. v. 24.5.2022 – XI ZB 18/21) • Für die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA gilt nichts wesentlich anderes als bei Übersendung v...