Die Ampel-Koalition hat sich im April darauf geeinigt, dass zum Zweck der Auswertung von Telekommunikationsdaten statt der vom EuGH für rechtswidrig befundenen Vorratsdatenspeicherung ein sog. Quick-Freeze-Verfahren zum Einsatz kommen soll. Damit werden künftig Standort- und Verkehrsdaten im Kommunikationsbereich nicht – wie vom Bundesinnenministerium und den Strafverfolgungsbehörden gewünscht – für zumindest eine gewisse Zeit flächendeckend und anlasslos gespeichert, sondern lediglich bei konkretem Verdacht gezielt „eingefroren”, um sie später auswerten zu können.
Die Vorratsdatenspeicherung war erst 2015 in Deutschland neu geregelt worden. Nachdem der EuGH im Jahr 2022 allerdings entschieden hatte, dass eine anlasslose Speicherung aller Verkehrsdaten mit EU-Recht unvereinbar ist, hatte das Bundesverwaltungsgericht 2023 die deutsche Regelung für nicht weiter anwendbar erklärt (vgl. ZAP 2023, 923). In der Folgezeit wurde in Berlin um eine EU-konforme Nachfolgeregelung gestritten, wobei die Union und die Sicherheitsbehörden weiterhin eine massenhafte Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten befürworteten, während FDP und Grüne das „Quick-Freeze-Verfahren” bevorzugten.
Auf letzteres haben sich die Regierungsparteien nun im Rahmen eines umfassenderen Kompromisses, der auch die Verlängerung der Mietpreisbremse um weitere vier Jahre bis 2029 beinhaltet, geeinigt. Damit können die Ermittlungsbehörden relevante Telekommunikationsdaten (wie z.B. IP-Adressen oder Telefonnummern) umgehend bei den Providern einfrieren lassen, wenn der Verdacht auf eine Straftat von erheblicher Bedeutung (z.B. Totschlag oder Mord) besteht. Die damit zusammenhängenden Daten dürfen also dann vorerst nicht mehr gelöscht werden und auch neu anfallende Daten müssen gesichert werden. Wenn sich im Verlauf der weiteren Ermittlungen zeigt, dass die Daten tatsächlich für das Verfahren relevant sind, dürfen die Ermittler in einem zweiten Schritt auf die relevanten Daten zugreifen. Sowohl das Einfrieren als auch die spätere Übermittlung an die Behörden benötigen eine gerichtliche Anordnung.
Überraschenderweise soll die alte, für EU-rechtswidrig erklärte Regelung aus dem Jahr 2015 nicht aufgehoben werden; sie soll quasi als inaktives Recht bestehen bleiben. Beobachter werten diesen Umstand so, dass zumindest eine der an der Einigung beteiligten Parteien die Diskussion um eine anlasslose Speicherung für noch nicht abgeschlossen hält.
Während aus den Reihen der Grünen und der FDP Lob für den gefundenen Weg zu vernehmen war und insbesondere der Umstand begrüßt wurde, dass damit die Bürger nicht unter „Generalverdacht” gestellt würden, kam Kritik aus Kreisen der Union und der Sicherheitsbehörden. So äußerte z.B. das Bundeskriminalamt erhebliche Zweifel an der Praxistauglichkeit des Quick-Freeze-Verfahrens; damit sei etwa die Identifizierung eines noch unbekannten Tatverdächtigen nicht möglich, erklärte die Behörde im April. Der Deutsche Anwaltverein begrüßte das Verfahren hingegen uneingeschränkt: Mit der Kabinettsentscheidung sei das „leidige Thema” der anlasslosen IP-Speicherung endlich vom Tisch, wertete der Verein. Eine solche Massenüberwachung habe keinen Platz im liberalen Rechtsstaat.
[Quellen: BMJ/DAV]