Das BSG stellt hohe Anforderungen an die Begründung einer NZB. Nach den vom BSG für das Jahr 2022 veröffentlichen Zahlen wurden von den 932 durch Beschluss erledigten NZB-Verfahren in 786 Fällen die Beschwerden als unzulässig und in weiteren 40 Fällen als unbegründet zurückgewiesen. Nur 106 Beschwerden waren erfolgreich. Viele Beschwerden scheitern daran, dass sie keine Darlegungen zu den gesetzlichen Zulassungsgründen enthalten, sondern lediglich auf die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall abstellen (s. hierzu etwa den ablehnenden PKH-Beschluss BSG, Beschl. v. 10.8.2022 – B 4 AS 62/22 BH mit instruktiver Anm. Böttiger, jurisPR-SozR 21/2023 Nr. 6).
Zulassungsgründe sind:
- Nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die nach der Rechtsprechung vorliegt, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich und deren Klärung auch durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (HdB-SGG/Meßling, Kap. IX Rn 70 m.w.N.). Zur notwendigen Darlegung, d.h. schlüssigen Erläuterung der grundsätzlichen Bedeutung s. dort Rn 283 mit Schriftsatzmuster Rn 295 ff.; s. ferner Beck’sches Prozessformularbuch, Kap. VIII. Nr. 13 zzgl. allgemeiner Hinweise zur Begründung der NZB.
- Nach § 160 Abs. 2 Nr. 2 das Abweichen des Urteils des LSG von einer Entscheidung des BSG oder des GmSOGB oder des BVerfG, wenn das Urteil auf dieser Abweichung beruht (Divergenz). Zur schlüssigen Erläuterung der Divergenz in der Beschwerdebegründung s. HdB-SGG/Meßling, Kap. IX Rn 298 mit entsprechendem Schriftsatzmuster Rn 309; s. ferner Beck’sches Prozessformularbuch, Kap. VIII. Nr. 14.
- Nach § 160 Abs. 2 Nr. 3 die Geltendmachung eines Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; die Verfahrensrüge kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109, 128 Abs. 1. S. 1 S. 1 (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 (Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht (der gestellt sein und bis zum Ende des Berufungsverfahrens aufrechterhalten sein muss, HdB-SGG/Meßling, Kap. IX Rn 133 ff. m.w.N.), dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Der Ausschluss einer Rüge der fehlerhaften Anwendung des § 109 SGG gilt umfassend und für jede in Betracht kommende Verletzung dieser Vorschrift (HdB-SGG/Meßling, Kap. IX Rn 127 f. m.w.N.). Zahlreiche Einzelbeispiele für Verfahrensfehler sind aufgelistet im HdB-SGG/Meßling, Kap. IX Rn 145 ff. m.w.N.; eine schlüssige Erläuterung des Verfahrensmangels in der Berufungsbegründung findet sich dort in Rn 310 ff. und ein Schriftsatzmuster in Rn 332; s. ferner Beck’sches Prozessformularbuch, Kap. VIII. Nr. 15.
Die NZB ist grds. innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen (§ 160a Abs. 1 S. 2) und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen (§ 160a Abs. 2 S. 1). Die Begründung kann auf Antrag vor Ablauf der Begründungsfrist nur einmal bis zu einem Monat verlängert werden (§ 160a Abs. 2 S. 2).
Hinweis:
Im Hinblick auf die Minimierung des Kostenrisikos für sich und die Mandanten kann es sich empfehlen, die Tätigkeit auf die Einlegung der Beschwerde und den Antrag auf PKH – für den kein Vertretungszwang besteht – zu beschränken (HdB-SGG/Meßling, Kap. IX Rn 256 m.w.N.). Bei Bewilligung von PKH ist dann für die Begründung der Beschwerde eine Monatsfrist ab Zustellung des PKH-Beschlusses zu gewähren, zuzüglich der Verlängerungsmöglichkeit nach § 160a Abs. 2 S. 2 (s. HdB-SGG/Meßling, Kap. IX Rn 265).
Über die NZB entscheidet das BSG durch Beschluss (s. näher § 160a Abs. 4). Mit der Ablehnung wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung der Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist (§ 160a Abs. 4 S. 3 und 4; zum sich dann anschließenden Revisionsverfahren s. sogleich VIII.2.b).
Liegt ein zu Recht gerügter Verfahrensmangel vor, so kann das BSG in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und zurückverweisen (§ 160a Abs. 5). So wird die Einleitung eines Revisionsverfahrens vermieden, wenn von vornherein feststeht, dass es aufgrund des Verfahrensfehlers ohnehin nur zur Aufhebung und Zurückverweisung kommen kann.