a) Allgemeine Feststellungen
Im tatrichterlichen Urteil müssen die allgemeinen Feststellungen getroffen werden, die erforderlich sind, um die Verurteilung wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes zu tragen (vgl. dazu OLG Bamberg zfs 2009, 594 = NZV 2010, 369 = VRR 2009, 323; OLG Celle NZV 2012, 399 = VRS 123, 81 m.w.N.). Diese können das Tatobjekt betreffen, vor allem aber auch den Tatort bzw. die Tatzeit (wegen der Einzelheiten vgl. dazu Burhoff/Burhoff, OWi, Rn. 2245 ff.).
Gemäß § 264 Abs. 1 StPO, § 71 OWiG ist Gegenstand des Urteils allein die im Bußgeldbescheid bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt. Wenn sich das Urteil nicht auf die Tat erstreckt, die Gegenstand des Bußgeldbescheids gewesen ist, so führt dies zu einem absoluten Verfahrenshindernis, das vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu beachten ist (vgl. OLG Celle NZV 2012, 399 = VRS 123, 81 m.w.N.; OLG Hamm NStZ-RR 1997, 139 m.w.N.). Das bedeutet, dass sich aus den Gründen des tatrichterlichen Urteils entnehmen lassen muss, ob es sich bei der dort festgestellten Tat um diejenige handelt, die Gegenstand des Bußgeldbescheids war. Zwar kann im Einzelfall auch bei einer Abweichung der Angaben von Bußgeldbescheid und Urteil zur Tatzeit und/oder zum Tatort die prozessuale Tat noch hinreichend individualisiert werden, dies setzt aber voraus, dass jedenfalls bestimmte Merkmale die Tat weiterhin als einmaliges unverwechselbares Geschehen kennzeichnen und trotz der Abweichungen deutlich wird, dass es sich um dasselbe Geschehen handelt. Dazu gehören im Zweifel Angaben zum Tatort (vgl. die Fallgestaltung bei OLG Celle a.a.O.).
Hinweis:
Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass – auch – zur Begründung des Tatortes nicht auf die Akten und/oder den Bußgeldbescheid Bezug genommen werden darf (OLG Bamberg StraFo 2008, 296 = NZV 2008, 417; OLG Bremen DAR 1996, 32 = NStZ 1996, 287; OLG Hamm VRS 104, 370 = NZV 2003, 295; DAR 2008, 102 = VRS 113, 348 = VA 2008, 18 [Ls.]; OLG Köln VRR 2007, 403 [Ls.]). Auf "Abbildungen" i.S.d. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO darf aber verwiesen werden (vgl. wegen der Nachw. Burhoff/Burhoff, OWi, Rn. 4043).
Von Bedeutung in Zusammenhang mit dem Tatort ist auch, dass dem Urteil entnommen werden kann/muss, ob an der Stelle, an der die Geschwindigkeitsüberschreitung gemessen worden ist, überhaupt eine bzw. die konkrete Geschwindigkeitsbeschränkung, die der Betroffene verletzt haben soll, auch gilt.
b) Standardisierte Messverfahren, insbesondere Laser/Radarmessungen
aa) Erforderliche Feststellungen
Die von der obergerichtlichen Rechtsprechung für den Bereich der Messung mittels eines Radargeräts bzw. die mittels eines Lasermessgeräts aufgestellten Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen waren früher verhältnismäßig streng. Im Grunde genommen musste das verwandte Messverfahren im Einzelnen dargestellt und beschrieben werden. Davon ist die obergerichtliche Rechtsprechung dann jedoch abgerückt. Seit den Entscheidungen des BGH v. 19.8.1993 (vgl. BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 3081) und v. 30.10.1997 (vgl. BGHSt 43, 277 = NJW 1998, 321) sind die Anforderungen an die Mindestfeststellungen, die der Tatrichter treffen und in den Entscheidungsgründen darlegen muss, erheblich gemildert worden. Der BGH ist nämlich der Auffassung, dass an die Urteilsgründe in Bußgeldverfahren keine übertrieben hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 3081, 3083 = NZV 1993, 485), weil es sich bei diesen um Massenverfahren handelt. Deshalb sieht er es bei den sog. standardisierten Messverfahren (s.o. III. 1. b) als ausreichend an, wenn zur Messmethode nur mitgeteilt wird, welches Messverfahren angewandt worden ist, wobei noch nicht einmal der verwendete Gerätetyp angegeben werden muss. Außerdem muss der zu berücksichtigende Toleranzwert dargelegt werden (vgl. Burhoff/Burhoff, OWi, Rn. 2297 ff.; OLG Hamm DAR 2008, 101; vgl. zuletzt auch OLG Bamberg DAR 2012, 154 = VA 2012, 83 = VRR 2012, 148 zu Provida; OLG Celle VA 2013, 173; OLG Koblenz VA 2013, 67 = NZV 2013, 202 = DAR 2013, 218). Das letztere ist deshalb von Bedeutung, weil – auch nach dieser Rechtsprechung des BGH – der Tatrichter sich bei Berücksichtigung der Ergebnisse von technischen Geschwindigkeitsmessgeräten bewusst sein muss, dass auch bei diesen Messmethoden Fehler nicht auszuschließen sind, und deshalb den möglichen Fehlerquellen durch die Berücksichtigung von Messtoleranzen Rechnung getragen werden muss (BGH a.a.O.; BGHSt 28, 1, 2 = NJW 1978, 1930). Dass der Tatrichter dieses Erfordernis gesehen hat, dokumentiert er in den Urteilsgründen durch die erforderliche Mitteilung des Toleranzwertes. Als Toleranzwert reichen bei Geschwindigkeiten über 100 km/h i.d.R. 3 % (st. Rspr., u.a. OLG Hamm NZV 1995, 199; VA 2003, 87; OLG Karlsruhe NZV 2007, 256 = zfs 2007, 113 = VRS 111, 427 = VRR 2007, 35). Dieser Rechtsprechung des BGH haben sich in den folgenden Jahren alle Oberlandesgerichte angeschlossen (s. nur OLG Düsseldorf DAR 1994, 248, OLG Hamm NZV 1995, 118 = VRS 88, 307; DAR 1998, 281 = VRS 95, 293; OLG Köln NJW 1994, 1167; weitere Nachw. bei Burhoff/Burhoff, OWi, Rn. 2302 f.). Dies...