a) Allgemeine Fragen
Für die Feststellung von Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr werden in der Praxis derzeit folgende Geschwindigkeitsmessverfahren verwendet (vgl. eingehend Burhoff/M. Grün/Böttger, OWi, Rn. 1911 ff. m.w.N.):
- Radarmessverfahren,
- Lasermessverfahren,
- Lichtschrankenverfahren,
- Messverfahren mit zumeist piezoelektrischen oder seltener faseroptischen Sensoren,
- Induktionsschleifenmessverfahren,
- Verkehrsvideoanlagen,
- Videostoppuhren und Verkehrs-Kontrollsysteme.
Bei diesen Verfahren handelt es sich um technische Geschwindigkeitsmessverfahren, die unter Einsatz verschiedener Geschwindigkeitsmessgeräte ausgeführt werden.
Hinweis:
Auf die Darstellung aller einzelner in der Praxis verwendeten Messgeräte kann hier aus Platzgründen nicht eingegangen werden (s. aber die eingehenden Darstellungen bei Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 3. Aufl. 2013; Burhoff/M. Grün/Böttger, OWi, Rn. 1911 ff. m.w.N.; Ludovisy/Eggert/Burhoff/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 6. Aufl. 2015, § 5 Rn. 22 ff.; Beck/Löhle/Kärger, Fehlerquellen bei polizeilichen Messverfahren, 10. Aufl. 2013; Ludovisy/Eggert/Burhoff/Golder, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 6. Aufl. 2015, § 6 Rn. 25 ff.). Dort werden jeweils die Funktionsweise der Messgeräte und auch die möglichen Fehlerquellen für Fehlmessungen vorgestellt. Vorliegend sollen/müssen ein paar allgemeine Hinweise genügen (s.a. Burhoff/M. Grün/Böttger, OWi, Rn. 1911 ff. m.w.N.):
Allgemeiner Standard der Technik ist inzwischen, dass die Messgeräte sich nicht mehr nur mit einer Einfach-Messung begnügen. Vielmehr werden inzwischen von den Geräten standardmäßig Mehrfachmessungen durchgeführt, die dann im Rahmen eines geräteinternen Vergleichs der Messwerte entweder zu einer Annullierung der Messung oder zu einer relativ zuverlässigen Messwertbildung führt. Auch konnten ältere Radargeräte (bis einschließlich Multanova VR 4F 200) nur den abfließenden Verkehr erfassen, beginnend mit dem Radargerät Multanova VR 5F kann inzwischen auch der ankommende Verkehr gemessen werden. Durch die zunehmende Verbesserung und die in gleichem Maße zunehmende Beweissicherheit der unterschiedlichen Messverfahren werden die eingesetzten Geschwindigkeitsmessgeräte zwischenzeitlich als grds. sicher angesehen (vgl. Burhoff/M. Grün/Böttger, OWi, Rn. 1915 ff. m.w.N.). Voraussetzung ist allerdings, dass keine die Messgenauigkeit bzw. die Eichung beeinträchtigenden Eingriffe in das Gerät vorgenommen worden sein dürfen, die Eichdauer eingehalten und das Gerät korrekt aufgestellt, justiert sowie ausweislich der Vorgaben des Herstellers von entsprechend geschultem Personal korrekt bedient worden sein muss (vgl. KG VRS 116, 446; OLG Brandenburg VA 2012, 158 = VRR 2012, 396; OLG Celle NZV 2010, 414; OLG Düsseldorf VA 2012, 10 = VRR 2012, 193; OLG Hamm VRR 2008, 352 = VRS 115, 53 = NZV 2009, 248 = VA 2008, 156; OLG Koblenz VRR 2005, 394 = VA 2005, 214 = DAR 2006, 101; vgl. a. noch Burhoff/M. Grün/Böttger, OWi, Rn. 1925; Cierniak zfs 2012, 664).
Hinweis:
Die Geräte müssen außerdem über eine Zulassung der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt (PTB) verfügen. Die Geschwindigkeitsmessgeräte, die derzeit über eine PTB-Zulassung verfügen, sind bei Burhoff/M. Grün/Böttger, OWi, Rn. 1919 aufgelistet. Dazu gehört nach der obergerichtliche Rechtsprechung auch PoliScan Speed (KG VRR 2010, 151 = VA 2010, 82 = DAR 2010, 331; OLG Bamberg VA 2014, 32 = DAR 2014, 38 = VRR 2014, 76; OLG Düsseldorf VRR 2010, 116 = VA 2010, 64; VA 2014, 193 = VRR 2014, 392; VA 2015, 119; OLG Frankfurt/M. DAR 2015, 149 = VA 2015, 101; OLG Karlsruhe NZV 2015, 150 [Ls.]) vgl. dazu u.a. auch – teilweise ablehnend – Schmedding VRR 2009, 293; Karlin VRR 2009, 411; Golder VRR 2013, 17 ff.; Blad DAR 2011, 431; Löhle zfs 2008, 368 und DAR 2011, 48; Winninghoff/Weyde/Hahn/Wietschorke DAR 2010, 106; Schäfer/M. Grün VRR 2014, 92 ff.; Busch VRR 2014, 85 ff. und die Beiträge aus dem Haus der VUT in VRR 2014, 14, 92, 177, 369, 377).
b) Standardisiertes Messverfahren
Insbesondere in Zusammenhang mit Geschwindigkeitsmessverfahren spielt der aus der Rechtsprechung des BGH stammende Begriff des "standardisierten Messverfahrens" eine große Rolle (vgl. dazu grundlegend BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 3081; BGHSt 43, 277, 284 = NJW 1998, 321; aus der fast unüberschaubaren OLG-Rspr. u.a., OLG Dresden VRS 2005, 196 = DAR 2005, 637 [Abstandsmessung]; OLG Hamm VRS 97, 144; OLG Koblenz NZV 2010, 212 = VRR 2010, 194 = VA 2010, 13; vgl. auch noch Cierniak zfs 2012, 664; Burhoff/M. Grün/Böttger, OWi, Rn. 1928; Burhoff/Burhoff, OWi, Rn. 2300 ff.). Darunter ist ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (zuletzt BGHSt 43, 277, 284 = NJW 1998, 321). Diese Rechtsprechung ist aber kein Freibrief für die Amtsgerichte. Denn sie dürfen auch bei einem standardisierten Messverfahren die Augen nicht vor möglichen Gerätemängeln, Bedienungsfehlern und...