Nach der Rechtsprechung des BGH in BGHSt 41, 376 hat der Tatrichter zunächst die Möglichkeit, dass er in den Urteilsgründen gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG auf das in der Akte befindliche Foto von dem Verkehrsverstoß Bezug nimmt. Aufgrund dieser Bezugnahme, die deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht sein muss, wird das Lichtbild zum Bestandteil der Urteilsgründe. Ist das geschehen, kann das Rechtsbeschwerdegericht das Foto aus eigener Anschauung würdigen und ist daher dann auch in der Lage zu beurteilen, ob es als Grundlage einer Identifizierung – überhaupt – tauglich ist (so inzwischen auch allg. Meinung der OLG, vgl. z.B. grundlegend BayObLG DAR 1999, 370; KG DAR 2006, 158; OLG Bamberg DAR 2012, 215; OLG Brandenburg zfs 2010, 527; OLG Dresden zfs 2008, 707; OLG Düsseldorf zfs 2004, 337; VRR 2013, 393;OLG Hamm DAR 1996, 245 = NStZ-RR 1996, 24; StraFo 2005, 297 = NZV 2006, 162 = DAR 2005, 461 = VRS 108, 435; NStZ-RR 2009, 250; OLG Karlsruhe DAR 1995, 337; zu einem Sonderfall OLG Hamm VA 2006, 69).
Macht der Tatrichter von der Möglichkeit der Bezugnahme Gebrauch, sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich, wenn das Foto – wie z.B. ein (Front-)Radarfoto, das die einzelnen Gesichtszüge erkennen lässt – zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet ist. Es ist dann weder eine Auflistung der charakteristischen Merkmale, auf die sich die Überzeugung von der Identität des Fahrers mit dem Betroffenen stützt, erforderlich, noch müssen diese Merkmale und das Maß der Übereinstimmung beschrieben werden. Es reicht aus, wenn das Urteil nur mitteilt, dass es sich bei dem in Bezug genommenen Lichtbild um ein – nach Aufnahmeort und -zeit näher bezeichnetes Radarfoto handelt, das das Gesicht einer männlichen oder weiblichen Person zeigt (zu allem die vorstehend zitierte OLG-Rspr.).
Bei dem in Bezug genommenen Lichtbild muss es sich um ein "gutes" Foto handeln, also um eines, das die Identifizierung ermöglicht (BGHSt 41, 376; OLG Bamberg DAR 2012, 215; OLG Düsseldorf DAR 2011, 408; OLG Hamm zfs 2005, 413 = DAR 2005, 462 = NZV 2006, 162; NStZ-RR 2009, 250; zur Bildqualität s.a. BGH NStZ 2005, 458). Ob das der Fall ist, kann das Rechtsbeschwerdegericht, da das Lichtbild durch die Bezugnahme ja Bestandteil der Urteilsgründe geworden ist, aus eigener Anschauung beurteilen. Ausführungen muss der Tatrichter dazu also grds. nicht machen. Das ist erst wieder erforderlich, wenn das Foto – etwa aufgrund schlechterer Bildqualität, bspw. wegen einer erheblichen Unschärfe oder aufgrund seines Inhalts, z.B. wenn das Gesicht des Fahrers teilweise durch den Rückspiegel verdeckt ist – zur Identifizierung nur eingeschränkt geeignet ist (s.a. dazu OLG Brandenburg StraFo 2011, 402 = VRR 2012, 117 = VA 2012, 65; OLG Hamm a.a.O.; Beschl. v. 20.5.2003 – 1 Ss 334/03 [geeignet, wenn nur ein kleiner Teil des Gesichts vom Innenrückspiegel verdeckt ist]; zfs 2005, 413; OLG Zweibrücken StraFo 2001, 135). Dann muss er in den Urteilsgründen erörtern, warum er gleichwohl den Fahrer hat identifizieren können (BGHSt 41, 376; OLG Hamm NZV 2003, 101 = zfs 2003, 154; ähnlich OLG Bamberg DAR 2012, 215 = NZV 2012, 250; OLG Brandenburg StraFo 2012, 402 = VA 2012, 65 = VRR 2012, 117; zum erforderlichen Umfang der Ausführungen bei einem Vergleich mit einem Führerscheinfoto KG VRS 100, 385; 109, 117). Dabei sind an seine Begründung umso höhere Anforderungen zu stellen, je schlechter die Qualität des Fotos ist. In diesem Fall muss er dann auch die auf dem Foto erkennbaren charakteristischen Merkmale, die für seine richterliche Überzeugungsbildung bestimmend waren, benennen und beschreiben. Entscheidend sind aussagekräftige charakteristische (individuelle) Merkmale, anhand derer Gesichter typischerweise und nach der jedermann zugänglichen Erfahrung mit großer Sicherheit intuitiv (wieder-)erkannt werden (OLG Brandenburg StraFo 2011, 402 = VA 2012, 65 = VRR 2012, 117; OLG Düsseldorf VRR 2007, 194 = VA 2007, 49 = VRS 112, 43; DAR 2011, 408, vgl. dazu www.bsi.bund.de [Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik], unter "Gesichtserkennung"). Nähere Angaben sind auch erforderlich, wenn es sich bei dem in Bezug genommenen Lichtbild um Papierausdrucke bzw. Computervergrößerungen handelt und diese unscharf und kontrastarm sind (OLG Hamm NStZ-RR 2009, 250; ähnlich OLG Brandenburg StraFo 2011, 402 = VA 2012, 65 = VRR 2012, 117).
Praxishinweis:
Hat der Verteidiger Einwände gegen die Qualität des Bildes, muss er diese beim Amtsgericht geltend machen. Der Betroffen kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nämlich nicht mehr versuchen, sich unter Vorlage von Lichtbildern und Sachvortrag im Tatsächlichen als Fahrer des Pkw zum Zeitpunkt eines Verkehrsverstoßes zu entlasten, wenn das Tatgericht ihn anhand eines von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes identifiziert hat (§ 267 Abs. 1 S. 3 StPO). Dies muss schon in der Tatsacheninstanz geschehen (OLG Rostock VRS 109, 35, vgl. zum Rechtsbeschwerdevo...