§ 141 StPO unterscheidet drei Zeitpunkte, zu denen die Beiordnung eines Pflichtverteidigers in Betracht kommen kann. Davon ist für das Ermittlungsverfahren die Möglichkeit der Beiordnung schon im Vorverfahren gem. § 141 Abs. 3 S. 1 StPO von besonderer praktischer Bedeutung. Danach kann eine Pflichtverteidigerbestellung zwar auch schon im Vorverfahren in Betracht kommen, die Bestellung zu diesem Zeitpunkt ist aber grundsätzlich fakultativ und setzt nach der Rechtsprechung des BGH einen Antrag der Staatsanwaltschaft voraus (vgl. dazu BGH NJW 2015, 3383 mit abl. Anm. Barton StRR 2015, 358 u. Neuhaus StV 2016, 136; zum Zeitpunkt der Beiordnung des Pflichtverteidigers s. Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 7. Aufl. 2015, Rn 3040 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff, EV]). Die Staatsanwaltschaften sind mit der Antragstellung allerdings i.d.R. sehr "vorsichtig", obwohl gerade der inhaftierte Beschuldigte möglichst früh einen Verteidiger benötigt (vgl. die Nachweise bei Püschel StraFo 2009, 134, 137; Jahn StraFo 2014, 177, 180). Schon seit Längerem war daher in der strafprozessualen Literatur wegen der unzureichenden gesetzlichen Regelung und unter Hinweis darauf, dass eine frühzeitige Verteidigung die Dauer von Untersuchungshaft (U-Haft) verkürzt, gefordert worden, dass zumindest dem inhaftierten Beschuldigten sofort nach seiner Inhaftierung ein Pflichtverteidiger beigeordnet werden müsse (vgl. dazu auch die Nachweise bei Püschel a.a.O.; Jahn, Festschrift für Rissing-van Saan, 2011, S. 275 ff.).
Diesen Forderungen ist die Gesetzgebung lange Zeit nicht gefolgt. Den Forderungen aus der Praxis (vgl. die Literaturnachweise bei Burhoff, EV, Rn 2849) ist der Gesetzgeber dann aber zum Ende der 16. Legislaturperiode (teilweise) im Art. 8 des am 1.1.2010 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Untersuchungshaftrechts vom 29.7.2009 (BGBl I, S. 2274) nachgekommen und hat mit der Einfügung des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO zugleich auch europarechtliche Vorgaben erfüllt (vgl. zur Entstehung der Neuregelung Jahn, a.a.O., S. 275, 276 ff.; ders. StraFo 2014, 177, 180). Der Europarat hatte nämlich in seinen Empfehlungen zur U-Haft aus dem Jahr 2006 (Empfehlung des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten betreffend die Anwendung von U-Haft, die Bedingungen, unter denen sie vollzogen wird, und Schutzmaßnahmen gegen Missbrauch v. 27.9.2006) auf die Bedeutung des Rechts auf Beistand durch einen Verteidiger insoweit hingewiesen und betont, dass dieser Beistand auf Kosten des Staates zu leisten sei, wenn die betroffene Person nicht über entsprechende eigene finanzielle Mittel verfüge; zur Neuregelung und zum Verteidigerverhalten Ahmed StV 2015, 65, 69).