1. Allgemeine Regeln
Ein besonderes Beiordnungsverfahren für die Bestellung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO ist nicht vorgesehen. Es gelten also die allgemeinen Regeln (OLG Düsseldorf StV 2010, 350 = StRR 2010, 222 m. Anm. Burhoff; OLG Koblenz StV 2011, 349 = StRR 2011, 227 m. Anm. Burhoff; zum Verfahren auch Jahn, a.a.O., S. 275, 284 ff.; ders. StraFo 2014, 177, 180 ff.).
2. Anhörung des Beschuldigten
a) Anhörungspflicht
Für die Erforderlichkeit einer Anhörung des Beschuldigten gilt die allgemeine Regelung in § 142 StPO. Nach dessen Abs. 1 S. 1 ist der Beschuldigte auch im Fall der Bestellung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO anzuhören und es ist ihm – ggf. innerhalb einer zu bestimmenden Frist – Gelegenheit zu geben, einen Verteidiger seiner Wahl zu benennen (eingehend dazu Heydenreich StraFo 2011, 263 ff.; D. Herrmann StraFo 2011, 133, 138 ff.; Lam/Meyer-Mews NJW 2012, 177, 180; s.a. KG StV 2012, 656 = StRR 2012, 202 [Ls.]; OLG Braunschweig StraFo 2013, 115, 116 = StRR 2013, 102; OLG Dresden NStZ-RR 2012, 213 m. Anm. Burhoff StRR 2012, 264; OLG Düsseldorf StV 2010, 350 = StRR 2010, 222 m. Anm. Burhoff; OLG Jena StraFo 2012, 139, 140; OLG Koblenz StV 2011, 349 = StRR 2011, 227 m. Anm. Burhoff; LG Landau StV 2015, 23; LG München I StV 2015, 26). Insoweit kann die o.a. Pflicht zur Hilfestellung es gebieten, dass das zuständige Gericht dem Beschuldigten ggf. beim Gericht geführte Listen zugänglich macht, die Namen und Adressen von Strafverteidigern enthalten und/oder eine Verbindung zum anwaltlichen Notdienst (vgl. dazu die Informationen auf www.ag-strafrecht.de unter "Notdienst", wie hier Heydenreich a.a.O.; König AnwBl. 2010, 50 f.; Wohlers StV 2010, 151, 154; Jahn StraFo 2014, 177, 182, 186 ff.) herstellt, damit der Beschuldigte von dort einen geeigneten/bereiten Pflichtverteidiger benannt bekommt (vgl. aber BGH-Rspr. zur polizeilichen Vernehmung: BGHSt 47, 233; NStZ 2006, 114). Ohne diese Hilfestellung wird ein Pflichtverteidiger sonst kaum "unverzüglich" bestellt werden können (vgl. zu diesen Fragen auch die "BRAK-Thesen zur Praxis der Verteidigerbestellung nach §§ 140 Abs. 1 Ziff. 4, 141 Abs. 3 S. 4 StPO", StV 2010, 544 ff., die "Gemeinsame Empfehlungen der Strafverteidigervereinigungen zur Praxis der Beiordnung von notwendigen Verteidigern", StV 2010, 109 ff. und die Empfehlungen des DAV durch seinen Strafrechtsausschuss und der AG Strafrecht des DAV, abzurufen unter www.anwaltverein.de ).
Von der Anhörungspflicht kann auch im Fall des § 140 Abs. 1 Nr. 4 nur in Ausnahmefällen abgewichen werden (Jahn a.a.O., S. 275, 286; vgl. dazu auch LG Frankfurt/O. StV 2010, 235, 236; LG München I StV 2015, 26): Das dürfte dann der Fall sein, wenn eine sofortige Beiordnung des Pflichtverteidigers erforderlich ist (Heydenreich StraFo 2011, 263, 268). Aber auch in dem Fall wird später ein Entpflichtungsantrag des Beschuldigte, mit dem geltend gemacht wird, es handele sich nicht um den "Anwalt des Vertrauens", Erfolg haben müssen (vgl. VI.).
Hinweis:
Verzichtet der Beschuldigte im Rahmen seiner Anhörung durch den Ermittlungsrichter auf sein Recht zur Benennung eines Verteidigers seiner Wahl, so ist ihm gleichwohl eine angemessene Überlegungs- und Erklärungsfrist nach § 142 Abs. 1 S. 1 zu gewähren (vgl. Burhoff, EV, Rn 2860), wenn zweifelhaft erscheint, ob er sich der Tragweite und Bindungswirkung seiner Erklärung bewusst ist (OLG Düsseldorf NJW 2011, 1618 = StraFo 2011, 275 = StRR 2011, 265 m. Anm. Burhoff; vgl. auch OLG Koblenz StV 2011, 349 = StRR 2011, 227 m. Anm. Burhoff).
b) Fristsetzung
Die dem Beschuldigten, der nicht sofort einen Verteidiger seiner Wahl benennt, gesetzte Frist zur Benennung darf nicht zu kurz bemessen sein. Sie muss so bemessen sein, dass der Beschuldigte sein Vorschlagsrecht überhaupt ausüben kann (OLG Düsseldorf StV 2010, 350 = StRR 2010, 222 m. Anm. Burhoff; OLG Koblenz StV 2011, 349 = StRR 2011, 227 m. Anm. Burhoff). Zutreffend dürfte es daher sein, von einer Frist von max. zwei Wochen auszugehen (LG Krefeld NStZ 2010, 591; D. Herrmann StraFo 2011, 133, 139; ders. StV 2011, 653 in der Anm. zu OLG Düsseldorf NJW 2011, 1618 = StraFo 2011, 275 = StRR 2011, 265 m. Anm. Burhoff; Heydenreich StraFo 2011, 263, 265; Lam/Meyer-Mews NJW 2012, 177, 180; vgl. auch Strafverteidigervereinigungen StV 2010, 109). Teilweise wird auch eine kürzere Frist von nur einer Woche als zulässig angesehen (s. z.B. Brocke-Heller StraFo 2011, 1, 7, Jahn, a.a.O., S. 275, 275, 291; ausdrücklich Jahn StraFo 2014, 177, 185 f. m.w.N.; König AnwBl. 2010, 50 f.; BRAK-Thesen StV 2010, 544, 545; vgl. aber LG Siegen StRR 2015, 463 [drei Tage in einer Kapitalsache zu kurz]). Die Einhaltung einer (kurzen) "Ein-Wochen-Frist" macht allerdings unter den erschwerten Bedingungen der U-Haft Schwierigkeiten, worauf Heydenreich (a.a.O.) zutreffend hinweist.
Hinweis:
Bei der "Bemessung" der Frist darf eins nicht übersehen werden: Während des Laufs der Frist ist der Beschuldigte verteidigungslos. Er muss sich also selbst gegen weitere Ermittlungsmaßnahmen wehren.
c) Anwalt des Vertrauens
Der Beschuldigte hat auch bei einer Beiordnung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO da...