1. Belehrung des Beschuldigten
Nach der Einführung des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO wird der Beschuldigte im Fall seiner Vorführung und/oder seiner polizeilichen Vernehmung auch darüber zu belehren sein, dass er ab Vollzug der U-Haft ein Recht auf Bestellung eines Pflichtverteidigers hat (s.a. LG Dresden StraFo 2012, 14; LG Frankfurt/O. StV 2010, 235; Neuhaus StV 2010, 45; Thielmann HRRS 2013, 283; Weider StV 2010, 102, 103; offen bei Meyer-Goßner/Schmitt, § 136 Rn 10; zur Obliegenheitspflicht, den Beschuldigten über die Möglichkeit der Beiziehung eines Pflichtverteidigers zu belehren, s.a. BGH NStZ 2006, 236; NStZ-RR 2006, 181 [für polizeiliche Vernehmung] und BGHSt 42, 15; andererseits aber BGHSt 47, 233 [nicht unbedingt Pflichtverteidigerbestellung erforderlich]). Alles andere lässt das Recht auf eine möglichst frühzeitige Verteidigung beim inhaftierten Mandanten und damit den Sinn und Zweck der Neuregelung leer laufen (s.a. Burhoff, EV, Rn 2852).
2. Vernehmungsverbot
§ 141 Abs. 3 S. 4 StPO verlangt die unverzügliche Bestellung des Pflichtverteidigers (vgl. oben III. 2. c). Das soll dem Schutz des inhaftierten Beschuldigten dienen und möglichst frühzeitig das sich aus Art. 6 Abs. 3 Buchst. c MRK folgende Recht auf "wirksame" Verteidigung sichern. M.E. folgt daraus, dass in dem Zeitraum nach Beginn der Vollstreckung von U-Haft oder einstweiliger Unterbringung und der Beiordnung des Pflichtverteidigers nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO Vernehmungen des Beschuldigten zu unterlassen sind, da – solange der Verteidiger nicht bestellt ist – seine Anwesenheit nicht sichergestellt ist (vgl. dazu auch D. Herrmann StV 2011, 654 Anm. zu OLG Düsseldorf NJW 2011, 1618 = StraFo 2011, 275 = StRR 2011, 265 m. Anm. Burhoff; Jahn, a.a.O., S. 275, 298). Wohlers (StV 2010, 151, 156) geht ebenfalls davon aus, dass weitere Ermittlungshandlungen grundsätzlich zurückzustellen sind; eine Vernehmung dürfe nur dann fortgesetzt werden, wenn der Beschuldigte das selbst wünscht. Insoweit wird man die Regeln für die polizeiliche Vernehmung des Beschuldigten (vgl. dazu Burhoff, EV, Rn 3093 ff.) entsprechend anwenden müssen.
Praxishinweis:
Ist der Beschuldigte dennoch (ohne eigenen Wunsch und ohne entsprechende Belehrung weiter) vernommen worden, sollte der Verteidiger gegen die Verwertung dieser Angaben Widerspruch einlegen (vgl. zur Widerspruchslösung Burhoff, HV, Rn 3433; zum Beweisverwertungsverbot s. aber BGH NStZ 2006, 236; NStZ-RR 2006, 181; OLG Köln StRR 2009, 155).