1. Erschließung durch Wohnweg

Der Erschließungsvorteil, zu dessen Abgeltung der Erschließungsbeitrag erhoben wird, ist die durch die Anlage und die damit bewirkte Erreichbarkeit vermittelte bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit des Grundstücks. Dabei steht der Annahme eines Erschließungsvorteils nicht entgegen, dass ein Grundstück gleichzeitig eine Zufahrt zu einer anderen Erschließungsanlage besitzt; diese ist vielmehr hinwegzudenken. Insoweit ist es deshalb unerheblich, dass der Grundstückseigentümer die zusätzliche Erschließung nicht selten als überflüssig oder gar lästig empfindet. Es kommt vielmehr allein darauf an, dass die Zweitanlage dem Grundstück durch die – von der tatsächlichen Nutzung unabhängige – Möglichkeit der Inanspruchnahme eine prinzipiell bessere Qualität der Erschließung im bebauungsrechtlichen Sinne vermittelt (st. Rspr., vgl. BVerwGE 150, 308 Rn 11, 15 m.w.N.). Indes kann nach dem Beschluss des BVerwG vom 20.9.2015 (9 B 42.15, LKV 2015, 556 ff. = RdL 2016, 43 f. = KommJur 2016, 71 f.) einer weiteren Erschließungsanlage ausnahmsweise die Erforderlichkeit i.S.d. § 129 Abs. 1 S. 1 BauGB fehlen, wenn sie – bezogen allerdings nicht nur auf ein einzelnes Grundstück, sondern auf das gesamte zu erschließende Gebiet – ihrer Zweckbestimmung nach keine Erschließungsfunktion i.S.d. §§ 127, 129 Abs. 1 S. 1 BauGB übernehmen, sondern beispielsweise nur den Zugang zu einem Sportgelände oder einem Aussichtsturm gewährleisten solle. Für die Bewertung komme es stets auf die Situation des Einzelfalls an.

2. Gebühren für Niederschlagswasser

Das BVerwG hat Vorgaben dazu entwickelt, die sich aus dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitssatz für die Ausgestaltung des Maßstabs von Entwässerungsgebühren ergeben. Beide Grundsätze fordern danach in Verbindung miteinander, dass die Benutzungsgebühr nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, also nicht in einem groben Missverhältnis zu der Leistung der Verwaltung steht. In Anbetracht des Gestaltungsspielraums des Normgebers kann jedoch nicht verlangt werden, dass der zweckmäßigste, vernünftigste, gerechteste oder wahrscheinlichste Maßstab angewendet wird. Vielmehr sind Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen zulässig, solange die dadurch entstehende Ungleichbehandlung noch in einem angemessenen Verhältnis zu den erhebungstechnischen Vorteilen der Typisierung steht (s. etwa BVerwG Buchholz 401.84, Benutzungsgebühren Nr. 53, S. 39, Nr. 105 Rn 5, jeweils m.w.N.).

Auf der anderen Seite zeigt das BVerwG in seinem Beschluss vom 28.7.2015 (9 B 17.15, NVwZ-RR 2015, 906 ff.) auf, dass der Grundsatz der Typengerechtigkeit nur auf solche Sachbereiche Anwendung findet, in denen eine ausgeprägt an der Benutzungsintensität ausgerichtete Gebührengestaltung unproblematisch möglich ist und die Zahl der Ausnahmen, bei denen eine Differenzierung nach der Benutzungsintensität entfällt, ohne unangemessenen erhebungstechnischen Aufwand gering gehalten werden kann. Um eine solche Gebührengestaltung gehe es z.B. bei der Anwendung des Frischwassermaßstabs auf eine Niederschlagswassergebühr nicht, denn zwischen dem Wasserverbrauch und der Menge des in die Kanalisation eingeleiteten Niederschlagswassers bestehe kein direkter Zusammenhang. Daher könnten die Gebühren für die Beseitigung des Niederschlagswassers im Wesentlichen nur dann wie die Schmutzwassergebühren nach dem Wasserverbrauch bemessen werden, wenn der Anteil der Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung an den gesamten Entwässerungskosten geringfügig sei, d.h. nicht mehr als 12 % betrage.

 

Hinweis:

Ein Vorbehalt ist allenfalls für solche Fallgestaltungen gerechtfertigt, in denen die Umstellung auf einen flächenbezogenen Maßstab ohne unvertretbaren finanziellen Aufwand nicht möglich oder ein besonderer Ausgleich für Benachteiligungen, insbesondere durch eine Gebührendegression für Wassergroßverbraucher, vorgesehen ist (BVerwG, Beschl. v. 2.4.2013 – 9 BN 4.12).

3. Erlass eines Gebührenbescheids durch privaten Geschäftsbesorger

Nach § 35 S. 1 VwVfG ist der Begriff des Verwaltungsakts mit der hoheitlichen Maßnahme einer Behörde verknüpft. Insofern mutet es fraglich an, ob ein Privater ebenfalls einen Verwaltungsakt erlassen kann. Nach dem Beschluss des BVerwG vom 17.11.2015 (9 B 21.15) genügt es für die Annahme eines Verwaltungsakts in Abgrenzung zu einem Nichtakt (Scheinverwaltungsakt), dass die nach außen in Erscheinung tretende Behörde das Tätigwerden des Privaten als Geschäftsbesorger veranlasst hat, der Geschäftsbesorger also mit ihrem Wissen und Wollen tätig geworden ist. Hiervon könne allerdings nur gesprochen werden, wenn die von dem Geschäftsbesorger durchzuführende Tätigkeit durch den Geschäftsbesorgervertrag und entsprechende satzungsrechtliche Regelungen ihrer Art und ihrem Umfang nach so hinreichend genau bestimmt sei, dass ohne Weiteres feststellbar sei, ob der Geschäftsbesorger sich im Rahmen der ihm übertragenen Tätigkeit gehalten habe.

4. Grundstücksbegriff im Erschließungsbeitragsrecht

Gemäß § 133 Abs. 1 BauGB unterliegt ein Grundstück, das – etwa aufgrund seiner geringen Größe oder seines für eine beitragsrelevante Nutzung ungeeigneten Zuschnitts (vgl. BVerwG B...

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