Zur Vermeidung eines Sekundärinsolvenzverfahrens kann der Insolvenzverwalter des Hauptinsolvenzverfahrens gegenüber lokalen Gläubigern die Zusicherung abgeben, dass ihre lokalen Rechte gewahrt bleiben (Art. 36 EuInsVO).
Hinweis:
Die Zusicherung muss in der Sprache des Mitgliedstaats verfasst sein, in dem ein Sekundärinsolvenzverfahren hätte eröffnet werden können (Art. 36 Abs. 3 EuInsVO), sie muss in schriftlicher Form abgegeben werden und unterliegt den ggf. im Staat der Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens geltenden Formerfordernissen und Zustimmungserfordernissen hinsichtlich der Verteilung (Art. 36 Abs. 4 EuInsVO).
Während nach geltendem Recht das Insolvenzgericht bei Vorliegen der Voraussetzungen der Art. 27, 29 EuInsVO ein Sekundärinsolvenzverfahren zu eröffnen hat, stärkt die reformierte EuInsVO das Hauptinsolvenzverfahren, weil "Akkordstörern" der Zugang zum Sekundärinsolvenzverfahren erschwert wird. Denn das zur Eröffnung des Sekundärinsolvenzverfahrens angerufene Gericht sieht bei Vorliegen einer Zusicherung von einer Eröffnungsentscheidung ab, wenn es der Überzeugung ist, dass die Zusicherung die allgemeinen Interessen der lokalen Gläubiger angemessen schützt (Art. 38 Abs. 2 EuInsVO; Prager/Keller WM 2015, 805, 808 äußern Zweifel, ob "in zeitkritischen Verfahren" das Erpressungs- und Obstruktionspotential tatsächlich restlos beseitigt werden kann). Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung.
Weist das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens ab, stellt sich die Frage nach der Durchsetzbarkeit der Zusicherung. Während nach dem Willen von Kommission und Parlament die lokalen Gläubiger sogleich aus der Zusicherung die Vollstreckung gegen den Insolvenzverwalter betreiben können sollten, erklärt Art. 36 Abs. 6 S. 1 InsVO die Zusicherung für die Insolvenzmasse lediglich für "verbindlich".
Hinweis:
Weigert sich der Insolvenzverwalter des Hauptinsolvenzverfahrens, der Zusicherung nachzukommen, haben die lokalen Gläubiger für das Hauptsacheverfahren zunächst die Gerichte des Hauptverfahrensstaats (Art. 36 Abs. 8 EuInsVO) und für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Gerichte des Niederlassungsstaats anzurufen (Art. 36 Abs. 9 EuInsVO). Erst die entsprechenden gerichtlichen Entscheidungen schaffen die Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Insolvenzverwalter zur Sicherstellung des Inhalts der Zusicherung.
Der Verwalter haftet gegenüber den lokalen Gläubigern für jeden Schaden infolge der Nichterfüllung seiner Pflichten und Auflagen i.S.d. Art. 36 EuInsVO. International zuständig für die auf Art. 36 Abs. 10 EuInsVO gestützte Schadensersatzklage sind die Gerichte des Hauptverfahrensstaats. Bei einer Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens in Deutschland verliert die vorgenannte Bestimmung an Bedeutung, weil sich die Haftung des Insolvenzverwalters bereits aus § 60 InsO ergibt.