Die reformierte EuInsVO enthält eine Reihe von Regelungen, die missbräuchliches forum shopping verhindern sollen. Dieser Umstand und der erklärte Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union mit der Folge, dass eine in England erteilte Restschuldbefreiung (discharge) nach vollzogenem Austritt nicht mehr nach Maßgabe der EuInsVO anerkannt werden wird, legen eine anwaltliche Beratung von Schuldnern, in England ein Insolvenzverfahren trotz der dort vorgesehenen Möglichkeit der Erlangung von Restschuldbefreiung binnen eines Jahres zu beantragen, nicht nahe. Hinzu kommt, dass englische Gerichte bei Prüfung der internationalen Zuständigkeit dazu übergegangen sind, die Angaben eines Schuldners von Amts wegen sorgfältig zu hinterfragen und auf etwaige Ungereimtheiten hin zu überprüfen. Die neue EuInsVO sieht erstmals eine solche Prüfpflicht für alle Mitgliedstaaten außer Dänemark vor.
Bei einem Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen hat der anwaltliche Berater künftig die Regelung des Art. 102c § 5 EGInsO zu beachten. Danach soll der Schuldner seinem Eröffnungsantrag die in Satz 1 Nr. 1 bis 4 festgelegten Angaben hinzuzufügen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass auch die internationale Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union für die Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO begründet sein könnte.
In Deutschland ansässige Gläubiger müssen sich darauf einstellen, dass ausländische Insolvenzverwalter Klagen, die unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervorgehen und in engem Zusammenhang damit stehen, wie z.B. Anfechtungsklagen, vor den Gerichten des Mitgliedstaats erheben, in dessen Hoheitsgebiet das Insolvenzverfahren nach Art. 3 EuInsVO eröffnet worden ist (Art. 6 EuInsVO).
Um Gläubigern und Gerichten in anderen Mitgliedstaaten den Informationszugang zu erleichtern, hat der Verordnungsgeber der neuen EuInsVO den Weg der Registervernetzung gewählt. Dies soll über das bereits existierende Europäische Justizportal als zentralen elektronischen Zugangspunkt organisiert werden. Die Europäische Kommission hat binnen 48 Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung (20.5.2015) ein dezentrales System zur Vernetzung der nationalen Register bereitzustellen. Die Mitgliedstaaten sind ihrerseits verpflichtet, innerhalb von 36 Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung in ihrem Hoheitsgebiet ein oder mehrere Insolvenzregister zu errichten und zu unterhalten.
Eine Forderungsanmeldung ausländischer Gläubiger hat zwingend die in Art. 55 Abs. 2 EuInsVO festgelegten Mindestangaben zu enthalten. Es empfiehlt sich, das dem Gläubiger übersandte Standardformular zu verwenden. Für ausländische Gläubiger gilt eine Mindestfrist von 30 Tagen, die an die Veröffentlichung der Verfahrenseröffnung im Insolvenzregister anknüpft. Allein für die Anmeldung einer Forderung ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht zwingend (Art. 53 S. 2 EuInsVO).