Art. 53 ff. EuInsVO enthalten Bestimmungen zur Unterrichtung der Gläubiger und zur Forderungsanmeldung. Auch wenn Gläubiger aufgrund der verpflichtenden Einführung und EU-weiten Vernetzung von internetbasierten Insolvenzregistern (Art. 24 ff. EuInsVO) zusätzliche Möglichkeiten erhalten, sich kostengünstig, einfach und zeitnah über eine Verfahrenseröffnung zu informieren, verpflichtet Art. 53 EuInsVO das zuständige Gericht des Eröffnungsstaats oder den von diesem Gericht bestellten Verwalter weiterhin, unverzüglich alle bekannten ausländischen Gläubiger individuell zu informieren. Die lex fori concursus entscheidet darüber, ob das Gericht oder der Verwalter die Unterrichtung vorzunehmen hat. Sie erfolgt durch individuelle Übersendung eines Vermerks und gibt insbesondere an, welche Fristen einzuhalten sind, was die Säumnisfolgen sind, welche Stelle für die Entgegennahme der Anmeldungen zuständig ist und welche weiteren Maßnahmen vorgeschrieben sind. In dem Vermerk ist auch anzugeben, ob die bevorrechtigten oder gesicherten Gläubiger ihre Forderungen anmelden müssen (Art. 54 Abs. 2 S. 1 und 2 EuInsVO). Von der Unterrichtung sind auch Gläubiger aus Drittstaaten erfasst. An die Stelle des bisherigen Formblatts nach Art. 42 EuInsVO a.F. tritt ab dem 26.6.2017 ein Standardmitteilungsformular. Diesem ist ein Standardanmeldeformular beizufügen (Art. 54 Abs. 2 EuInsVO). Ein etwaiger Anwaltszwang, den das Verfahrensrecht der lex fori concursus vorsehen mag, ist nach Art. 53 S. 2 EuInsVO unbeachtlich.
Hinweis:
Die Rechtsfolgen von Verletzungen der Informationspflicht richten sich nach der lex fori concursus. Unklar ist, ob ein Gläubiger, der nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden ist, auf etwaige Schadensersatzansprüche beschränkt oder ob eine etwaige Verspätung der Anmeldung als nicht gegeben zu bewerten ist.
Nach Art. 55 Abs. 5 S. 1 EuInsVO können Forderungen in einer Amtssprache der Organe der EU angemeldet werden. Satz 2 sieht indes vor, dass das Gericht, der Verwalter oder der Schuldner in Eigenverwaltung vom Gläubiger eine Übersetzung in die Amtssprache des Staats der Verfahrenseröffnung verlangen kann. Bei ausländischen Gläubigern beträgt die Forderungsanmeldungsfrist mindestens 30 Tage nach Bekanntmachung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Insolvenzregister des Staats der Verfahrenseröffnung (Art. 55 Abs. 6 EuInsVO). Bei Verbraucherschuldnern knüpft das Gesetz indes nicht an die Veröffentlichung, sondern an die Unterrichtung an, wenn der Eröffnungsstaat von der in Art. 24 Abs. 4 EuInsVO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, Daten über solche Verfahren nicht über das Insolvenzregister zu veröffentlichen.
Praxishinweis:
Gläubiger können ihre Forderungen mithilfe des Standardformulars anmelden. Dessen Verwendung ist aber nicht zwingend. Erfolgt sie auf anderem Wege, muss sie allerdings auch die Angaben enthalten, welche in Art. 55 Abs. 2 EuInsVO für das Standardformular vorgesehen sind.
Haben das Gericht oder der Verwalter oder der Schuldner in Eigenverwaltung Zweifel an einer nach Maßgabe des Art. 55 EuInsVO angemeldeten Forderung, ist dem Gläubiger gem. Art. 55 Abs. 7 EuInsVO Gelegenheit zu geben, zusätzliche Belege für das Bestehen und die Höhe der Forderung vorzulegen.
Hinweis:
Die Rechtsfolgen einer unvollständigen Anmeldung bestimmen sich nach der lex fori concursus. Erwägungsgrund 64 stellt dies für den Fall des unvollständigen Ausfüllens des Standardformulars ausdrücklich klar.