1. Allgemeines
Aus den Feststellungen eines Urteils wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 2 StVG muss sich ergeben, dass der Betroffene vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat (BayObLG DAR 2000, 366; OLG Bremen VRR 2011, 314; NStZ-RR 2014, 257 [Ls.]; OLG Düsseldorf zfs 2002, 500; OLG Hamm VRR 2005, 196 = NZV 2005, 428 = DAR 2005, 640; OLG Karlsruhe NZV 2011, 413; VRR 2014, 313; OLG Koblenz VRS 78, 361; OLG Oldenburg DAR 2016, 35 VRR 9/2015, 14 = VRS 129, 18; OLG Saarbrücken NJW 2007, 1373 = NZV 2007, 320 = VRR 2007, 274; OLG Stuttgart DAR 2011, 218; OLG Zweibrücken VRS 102, 300 = NZV 2001, 483).
2. Vorsatz
Der Vorsatz des Betroffenen muss sich nur auf das Fahren unter der Wirkung eines der in der Anlage 2 genannten berauschenden Mittel erstrecken, er muss nicht auch (noch) die Spürbarkeit und die Nachweisbarkeit im Blut umfassen (OLG Bremen VRR 2011, 314; OLG Frankfurt NStZ-RR 2007, 249; OLG Saarbrücken NJW 2007, 309 = VRS 112, 54; OLG Zweibrücken VRS 102, 300 = NZV 2001, 483). Allein auf eine (geringfügige) Überschreitung des "Nachweisgrenzwertes" kann die Annahme von Vorsatz nicht gestützt werden (OLG Bremen a.a.O.; zum Vorsatz s. AG Landstuhl, Urt. v. 13.3.2017 – 2 OWi 4286 Js 809/17).
3. Fahrlässigkeit
Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Betroffene hätte erkennen können und müssen, dass er unter der Wirkung des berauschenden Mittels steht (vgl. dazu grds.u.a. BGH NJW 2017, 1403 = zfs 2017, 292 = VRR 5/2017, 17; KG DAR 2010, 274, 275 = VRR 2010, 193 = VRS 118, 205; VRS 127, 244 = VA 2015, 47 = VRR 2/2015, 14; OLG Bremen NStZ-RR 2014, 257 [Ls.] = VA 2014, 174; OLG Celle NZV 2009, 89 = VRR 2009, 228; VRS 128, 297 = StRR 2015, 354; OLG Frankfurt NStZ-RR 2007, 249; OLG Hamm VRR 2005, 196 = NZV 2005, 428 = DAR 2005, 640; VRR 2011, 354; Beschl. v. 6.1.2011 – 5 RBs 182/10; StraFo 2012, 287 = VA 2012, 155 = VRR 2012, 350; VRR 2013, 189; OLG Karlsruhe VRR 2014, 313; OLG Oldenburg DAR 2016, 35 = VRR 9/2015, 14; OLG Saarbrücken NJW 2007, 309 = VRS 112, 54; s.a. KG DAR 2003, 82 zur Frage des unwissenden Konsums; zu allem noch Deutscher VRR 2011, 8, 12 und StRR 2015, 208; Häcker zfs 2011, 243).
Hinweis:
Die Vorstellung des Betroffenen, der längere Zeit vor Fahrtantritt Cannabis konsumiert hat, die Droge sei inzwischen abgebaut, lässt den Vorwurf der Fahrlässigkeit grundsätzlich nicht entfallen (BGH NJW 2017, 1403 = zfs 2017, 292 = VRR 5/2017, 17; OLG Bremen NStZ-RR 2014, 257 [Ls.]; OLG Hamm StraFo 2012, 287 = VRR 2012, 350 = StRR 2012, 395; VRR 2013, 189; OLG Zweibrücken VRS 102, 300; s.a. König a.a.O.). Auch nicht erforderlich sind die Kenntnis oder das Kennenmüssen der konkreten, leistungseinschränkenden Auswirkungen des berauschenden Mittels oder gar wissenschaftliche Kenntnisse über die Wirkungsweise des konsumierten Mittels (BGH a.a.O.; OLG Saarbrücken a.a.O.; KG NZV 2010, 422 = DAR 2009, 708 = VRR 2009, 306 = StRR 2009, 394; zu allem auch OLG Hamm VRR 2011, 354).
Zur Fahrlässigkeit bei § 24a Abs. 2 StVG hat es in den vergangenen Jahren eine umfangreiche Rechtsprechung der OLG gegeben, in der u.a. streitig war, ob für die Annahme einer fahrlässigen Drogenfahrt der Zeitpunkt des Drogenkonsums von Bedeutung ist oder ob das nicht der Fall ist, da den Betroffenen auch bei länger zurückliegendem Konsum eine Prüfungs- und Erkundigungspflicht trifft (vgl. die Zusammenstellung bei Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 894 ff.). Es hat dann das OLG Oldenburg (DAR 2016, 35 = VRR 9/2015, 14 = VRS 129, 18) die streitige Frage dem BGH vorgelegt. Der hat dann im Beschluss vom 14.2.2017 (NJW 2017, 1403 = zfs 2017, 292 = VRR 5/2017, 17) die Streitfrage dahin entschieden, dass der Tatrichter in Fällen, in denen die Fahrt mit dem Kraftfahrzeug nicht im zeitlichen Zusammenhang mit einem vorangegangenen Cannabiskonsum erfolgt, nicht gehindert ist, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert erreichenden THC-Konzentration im Blut auf ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten i.S.d. § 24a Abs. 2 und 3 StVG zu schließen. Der BGH hat damit – obwohl er es im Beschluss anders sieht – eine "Beweisregel" eingeführt, die es dem Amtsrichter erlaubt, i.d.R. von einem fahrlässigen Verstoß auszugehen, wenn der analytische Grenzwert erreicht ist (vgl. Bellardita DAR 2016, 363 f.; vgl. dazu auch u.a. KG VRS 127, 244 = VRR 2/2015, 14; OLG Celle VRS 128, 297 = StRR 2015, 354; OLG Koblenz NStZ-RR 2014, 322 [Ls.] = NZV 2015, 565 [Ls.]; OLG Oldenburg DAR 2016, 35 = VRR 9/2015, 14 = VRS 129, 18). Erst wenn konkrete Anhaltspunkte – "gegenläufige Beweisanzeichen" – vorliegen, dass der Betroffene seiner Prüfungs- und Erkundigungspflicht nachgekommen ist, muss er sich mit den Fragen der Fahrlässigkeit näher auseinandersetzen.
Hinweis:
Das bedeutet: Der Verteidiger wird mit dem Mandanten sorgfältig erörtern müssen, ob dieser schweigt oder ob er zur Erfüllung der Prüfungs- und Erkundigungspflicht Stellung nimmt.
Durch den vom BGH (NJW 2017, 1403 = zfs 2017, 292 = VRR 5/2017, 17) als zulässig angesehenen Rückgriff auf die Überschreitung des sog. analytisc...