1. Allgemeine Mandatspflichten
Ein Rechtsanwalt hat seinen Auftrag so zu erledigen, dass Nachteile für den Mandanten möglichst vermieden werden (BGH, Urt. v. 7.9.2017 – IX ZR 71/16, ZAP EN-Nr. 680/2017 = WM 2017, 1938 Rn 11 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 17.3.2016 – IX ZR 142/14, WM 2016, 2091 Rn 9).
2. Nebenpflichten
Zu den vertraglichen Nebenpflichten des Rechtsberaters gehört es, den Mandanten vor Schaden zu bewahren (§ 242 BGB) und auf Fehlentscheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.12.2017 – IX ZR 25/17, WM 2018, 378 Rn 16 [StB] unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 7.5.1991 – IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1304; v. 26.1.1995 – IX ZR 10/94, BGHZ 128, 358, 362; v. 21.7.2005 – IX ZR 6/02, WM 2005, 1904, 1905). Ist nur ein beschränktes Mandat gegeben, muss der Berater den Mandanten auch außerhalb dieses Mandats vor Gefahren warnen, die sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen, wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich dieser Gefahr nicht bewusst ist (BGH, Urt. v. 7.12.2017 – IX ZR 25/17, a.a.O. unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 29.11.2001 – IX ZR 278/00, NJW 2002, 1117, 1118; Beschl. v. 29.9.2011 – IX ZR 184/08, NJW-RR 2012, 305 Rn 6; ebenso BGH, Urt. v. 26.1.2017 – IX ZR 285/14, WM 2017, 383 Rn 44 [StB]; v. 20.4.2017 – III ZR 470/16, VersR 2018, 31 Rn 48 [III. ZS]). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Gefahr Interessen des Auftraggebers betrifft, die mit dem beschränkten Auftragsgegenstand in engem Zusammenhang stehen (BGH, Urt. v. 26.1.2017 – IX ZR 285/14, a.a.O., Rn 44 [StB] unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 9.7.1998 – IX ZR 324/97, WM 1998, 2246, 2248; v. 18.12.2008 – IX ZR 12/05, WM 2009, 369 Rn 14). Entsprechende Pflichten, bei denen es sich in aller Regel nur um Nebenpflichten handelt, können sich unter besonderen Umständen nach Treu und Glauben auch über die Vertragsabwicklung hinaus daraus ergeben, dass kein Beteiligter den Vertragszweck nachträglich vereiteln oder gefährden darf (BGH, Urt. v. 7.12.2017 – IX ZR 25/17, a.a.O., Rn 16 [StB] unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 1.2.1990 – IX ZR 82/89, WM 1990, 815, 816).
3. Organisationspflichten
Wird ausdrücklich mit dem Mandanten vereinbart, eine bestimmte Erklärung, wie etwa eine an die Finanzbehörde gerichtete Selbstanzeige, nur in Abstimmung mit ihm der zuständigen Stelle zu eröffnen, muss der Anwalt in seiner Kanzlei durch geeignete Vorkehrungen sicherstellen, dass der Schriftsatz nicht ohne vorherige Freigabe seitens des Mandanten in den Postausgang gelangt. Der Rechtsanwalt muss für eine Büroorganisation Sorge tragen, die verhindert, dass Schriftsätze durch das Büropersonal eigenmächtig versandt werden (BGH, Urt. v. 9.11.2017 – IX ZR 270/16, ZAP EN-Nr. 53/2018 = NJW 2018, 541 Rn 13 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 6.6.2002 – III ZR 206/01, WM 2002, 1440 f.; v. 14.11.2013 – IX ZR 215/12, WM 2014, 854 Rn 19).
4. Hinweispflichten
Der Mandant muss imstande sein, nach den erhaltenen Hinweisen seine Interessen sachgerecht wahrzunehmen (BGH, Urt. v. 21.9.2017 – IX ZR 34/17, ZAP EN-Nr. 687/2017 = NJW 2017, 3442 Rn 33 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 23.2.2012 – IX ZR 92/08, WM 2012, 758 Rn 11). Ein Rechtsanwalt genügt seiner Hinweispflicht gegenüber der Partei deshalb nur dann, wenn er eine unmissverständliche Belehrung erteilt (BGH, Urt. v. 21.9.2017 – IX ZR 34/17, a.a.O., Rn 33 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 9.6.2011 – IX ZR 75/10, WM 2011, 1484 Rn 16).
Beispiel:
Daran fehlt es, wenn der Anwalt als Mediator die im Ehescheidungsverfahren tätigen Rechtsanwälte nicht ordnungsgemäß darüber unterrichtet, keine bindende Abrede über den Versorgungsausgleich einzugehen (BGH, Urt. v. 21.9.2017 – IX ZR 34/17, a.a.O., Rn 33).
5. Prozessführungspflichten
Übernimmt der Anwalt die Prozessführung in einem gerichtlichen Verfahren, so sind besondere das Verfahren betreffende Vertragspflichten zu beachten. Hierzu gehört insbesondere die Pflicht, einer gerichtlichen Fehlentscheidung entgegenzuwirken (BGH, Urt. v. 13.10.2016 – IX ZR 214/15, ZAP EN-Nr. 77/2017 = WM 2017, 678 Rn 23 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 2.4.1998 – IX ZR 107/97, WM 1998, 1542, 1545; D. Fischer ZAP F. 23, S. 1087, 1090).
Der Rechtsanwalt hat von der Durchführung eines erfolglosen Rechtsmittels ebenso abzuraten wie von der Führung eines von vornherein aussichtslosen Rechtsstreits (BGH, Urt. v. 16.2.2017 – IX ZR 165/16, ZAP EN-Nr. 462/2017 = DB 2017, 1258 Rn 15 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 26.9.2013 – IX ZR 51/13, WM 2014, 89 Rn 11).
Regelmäßig können Rechtsanwälte davon ausgehen, der Mandant werde bei inhaltlich zutreffender Rechtsprüfung den sich hieraus ergebenden Empfehlungen auch folgen. Deswegen muss der Berater einer der objektiven Rechtslage zuwiderlaufenden Weisung des Mandanten zur Fortsetzung eines objektiv aussichtslosen Rechtsstreits nicht nachkommen. Anderes gilt nach dem Grundsatz einer beiderseits interessengerechten Vertragsauslegung nur dann, wenn der Mandant bereits die Erteilung des Mandats davon abhängig macht, dass die begehrte Rechtsverfolgung – gleich ob es sich um die Abgabe einer Willenserklärung, die Erhebung einer Klage oder die Ei...