1. Allgemeine schadensersatzrechtliche Grundsätze
Den Ausgangspunkt jeder Schadensberechnung bildet die Differenzhypothese (BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 255/13, ZAP EN-Nr. 71/2017 = DB 2016, 2955 Rn 11; v. 9.11.2017 – IX ZR 270/16, ZAP EN-Nr. 53/2018 = NJW 2018, 541 Rn 17). Ob und ggf. inwieweit ein nach den Bestimmungen der §§ 249 ff. BGB zu ersetzender Vermögensschaden des Mandanten besteht, beurteilt sich regelmäßig nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 255/13, a.a.O.; v. 9.11.2017 – IX ZR 270/16, a.a.O.). Erforderlich ist ein Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst. Hierfür sind nicht nur Einzelpositionen zu berücksichtigen, sondern es ist eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage vorzunehmen (BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 255/13, a.a.O.).
Hinweis:
Zur Beantwortung der Frage, welchen Schaden die Pflichtverletzung zur Folge hatte, ist daher zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten und wie die Vermögenslage des Betroffenen sein würde, wenn der Rechtsanwalt die Pflichtverletzung nicht begangen, sondern pflichtgemäß gehandelt hätte (BGH, Urt. v. 9.11.2017 – IX ZR 270/16, a.a.O., Rn 18). Sofern die Pflichtverletzung in einer Unterlassung besteht, ist zu untersuchen, wie die Dinge bei pflichtgemäßem positiven Handeln verlaufen wären. Es muss also hinzugedacht werden, dass der Schädiger seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hätte (BGH, Urt. v. 21.9.2017 – IX ZR 34/17, ZAP EN-Nr. 687/2017 = NJW 2017, 3442 Rn 27 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 22.3.1990 – IX ZR 128/89, NJW 1990, 2128, 2129).
2. Konsolidierte Schadensbetrachtung
Bezugspunkt des Gesamtvermögensvergleichs ist grundsätzlich das Vermögen des Geschädigten, nicht aber dasjenige Dritter (BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 255/13, ZAP EN-Nr. 71/2017 = DB 2016, 2955 Rn 12 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 5.2.2015 – IX ZR 167/13, DB 2015, 739 Rn 8; v. 10.12.2015 – IX ZR 56/15, DB 2016, 523 Rn 13; v. 18.2.2016 – IX ZR 191/13, DB 2016, 887 Rn 10). Daher kann aufgrund eines Vertrags regelmäßig nur derjenige Schadensersatz verlangen, bei dem der Schaden tatsächlich eingetreten ist und dem er rechtlich zur Last fällt (BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 255/13, a.a.O. unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 26.11.1968 – VI ZR 212/66, BGHZ 51, 91, 93). Dies führt im Rahmen der Beraterhaftung dazu, dass der zum Ersatz verpflichtete Steuerberater grundsätzlich nur für den Schaden seines Mandanten einzustehen hat, wobei die Drittschadensliquidation und der Vertrag zugunsten Dritter sowie mit Schutzwirkung für Dritte eine Ausnahme bilden (BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 255/13, a.a.O.). Ebenso ist es dem ersatzpflichtigen Steuerberater verwehrt, sich auf Vorteile zu berufen, die Dritte infolge der schädigenden Handlung erlangt haben mögen (BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 255/13, a.a.O. unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 5.2.2015 – IX ZR 167/13, DB 2015, 739 Rn 8).
Ausnahmen von diesen Grundsätzen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögenswerten an Familienangehörige oder bei einem Unternehmensverbund anerkannt und werden als konsolidierte Schadensbetrachtung bezeichnet. Mit Urteil vom 8.9.2016 hat sich der BGH im Anschluss an seine kurz zuvor ergangenen Entscheidungen (hierzu D. Fischer ZAP F. 23, S. 1087, 1093 f.) mit dieser Berechnungsart erneut befasst. Wenn der Mandant im Rahmen einer Gestaltungsberatung die Berücksichtigung der Interessen eines Dritten zum Gegenstand der Beratungsleistung gemacht hat, ist die Schadensberechnung auch unter Einbeziehung dieser Drittinteressen vorzunehmen (BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 255/13, a.a.O., Rn 13 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 5.2.2015 – IX ZR 167/13, a.a.O., Rn 11 f.; v. 10.12.2015 – IX ZR 56/15, a.a.O., Rn 15; v. 18.2.2016 – IX ZR 191/13, a.a.O., Rn 12). Dies gilt auch für die steuerliche Beratung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sind nach dem Inhalt des Mandats auch die Interessen der Gesellschafter Gegenstand der Beratung, ist der Schaden unter Einbeziehung der Vermögenslage der Gesellschafter zu berechnen (so die Fallgestaltung in BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 255/13, a.a.O., Rn 15).
Hinweis:
Ist die Haftung des Steuerberaters durch die Einbeziehung der Vermögensinteressen Dritter erweitert, bedeutet dies aber zugleich, dass der Berater sich auf die infolge der fehlerhaften Beratung entstandenen Vorteile dieser Dritten berufen kann (BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 255/13, a.a.O., Rn 17). Hierbei kann es sich beispielsweise um eine Ermäßigung der Einkommensteuer der Gesellschafter nach § 35 Abs. 1 EStG handeln (BGH, Urt. v. 8.9.2016 – IX ZR 255/13, a.a.O.).
3. Normativer Schaden
Nach dem im allgemeinen Schadensrecht (§ 249 Abs. 1 BGB) geltenden normativen Schadensbegriff (vgl. hierzu auch D. Fischer WM 2014, Sonderbeilage Nr. 1, S. 20: Schaden im Rechtssinne) soll ein Geschädigter grundsä...