1. Einsichtsrechts anderer Mieter
Der BGH hat das Belegeinsichtsrecht des Mieters als Adressat einer Betriebskostenabrechnung betont und auch auf Verbrauchswerte seiner Mieter-Nachbarn erstreckt (BGH, Urt. v. 7.2.2018 – VIII ZR 189/17). Im Einzelnen judiziert er die Darlegungs- und Beweislast für die Nachforderung von Betriebskosten als Abrechnungsergebnis trage der Vermieter. In diesem Zusammenhang sei ihm auch die Darlegungs- und Beweislast dafür aufzugeben, dass die Betriebskosten richtig erfasst, zusammengestellt und auf die einzelnen Mieter verteilt worden seien.
Hinweis:
Die Berufungsinstanz hatte das anders gesehen und dem Mieter entsprechende Verpflichtungen zur Stützung seiner Einwendungen aufgegeben.
Schon die Abrechnung selbst müsse für den Mieter aus sich heraus verständlich sein (§ 556 Abs. 3 S. 1 BGB) und es ihm so ermöglichen, die Betriebskostenabrechnung durch Einsicht in die zugrunde liegenden Belege gedanklich und rechnerisch nachzuprüfen. Dazu gehöre – so der BGH wörtlich – „auch die Einsichtnahme in die vom Vermieter erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer eines gemeinsam versorgten Mietobjekts hinsichtlich der Heizkosten, um sich etwa Klarheit darüber zu verschaffen, ob bei einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Gesamtverbrauch mit der Summe der Verbrauchsdaten der anderen Wohnungen übereinstimmt, ob deren Werte plausibel sind oder ob sonst Bedenken gegen die Richtigkeit der Kostenverteilung bestehen.“ Das Belegeinsichtsrecht des Mieters umfasse also auch diese Unterlagen. Der BGH weiter: Schließlich sei für das Belegeinsichtsrecht kein „besonderes Interesse“ an der Belegeinsicht in die Verbrauchswerte der anderen Mietwohnungen notwendig. Der BGH wörtlich: „Es genügt hierfür vielmehr bereits sein allgemeines Interesse, die Tätigkeit des abrechnungspflichtigen Vermieters zu kontrollieren.“ Verweigere der Vermieter unberechtigt eine begehrte Einsicht in die Abrechnungsbelege, bestehe so lange auch keine Verpflichtung des Mieters, die geforderte Nachzahlung zu leisten.
2. Datenschutzrechtliche Betrachtung
Das Urteil ist im Hinblick auf das neue Datenschutzrecht, das seit dem 25.5.2018 auch auf mietrechtliche Sachverhalte anzuwenden ist, sehr interessant. Der BGH nimmt durch seine rein mietrechtlich begründete Auffassung im Ergebnis den Bereich betriebskostenrechtlicher Verbrauchswerte aus den schützenswerten persönlichen Daten (der Mieter-Nachbar) nach dem Datenschutzrecht aus.
Tatsächlich vertritt die auch in der Instanzrechtsprechung vorherrschende Meinung, dass das Einsichtsrecht des Mieters in alle einschlägigen Belege, die seiner Betriebskostenabrechnung zugrunde liegen, vorgeht und nicht durch Erwägungen des Datenschutzes eingeschränkt werden kann (so ausdrücklich AG München, Urt. v. 21.9.2009 – 412 C 34593/08, NJW 2010, 78; LG Berlin, Urt. v. 17.10.2013 – 67 S 164/13, WuM 2014, 28; Urt. v. 12.7.2013 – 65 S 142/12, GE 2013, 1143; Urt. v. 13.1.2017 – 63 S 132/16, ZMR 2017, 805; stark einschränkend noch Will WuM 2017, 502, 510; zum bisherigen Recht vgl. Harsch WuM 2015, 399 ff.).
Hinweis:
Selbst das BVerfG (Beschl. v. 8.12.2015 – 1 BvR 2921/15, NZM 2016, 306) war mit vergleichbaren Fragen bereits befasst und kam zu dem Ergebnis, dass datenschutzrechtliche Bedenken – hier einer Montage und Kontrolle funkbasierter Rauchwarnmelder – nicht entgegenstehen.
Im Ergebnis ist dem auch auf der Basis des neuen Datenschutzrechts beizupflichten. Denn für die Verarbeitung (Erhebung, Speicherung, Veränderung durch Berechnung und Weitergabe) von personenbezogenen Verbrauchsdaten gibt es auch im neuen Recht mehrere Rechtsgrundlagen:
So ist der Vermieter gesetzlich verpflichtet, wie beschrieben zu handeln (§§ 556 Abs. 3 S. 2, 556a BGB). Vereinbart er mit dem Mieter im Mietvertrag eine Betriebskostenvorauszahlung, so muss er hierüber nach Ende der Abrechnungsperiode genau abrechnen. Dafür benötigt er die Verbrauchswerte seiner Mieter. Ihre Eigenschaft als „personenbezogene Daten“ (Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 4 Nr. 1 DSGVO) des Mieters (Art. 4 Nr. 1 DSGVO) ist zwar gegeben, kann aber im Ergebnis vernachlässigt bleiben. Denn der Eingriff ist nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c gerechtfertigt (gesetzliche Verpflichtung; ebenso bereits für das neue Recht Will WuM 2017, 502, 510).
Gleichfalls greift der Rechtfertigungsgrund in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b DSGVO (Datenverarbeitung zur Erfüllung des Vertrags): Denn der Mietvertrag gibt in dem gewählten Beispiel ein entsprechendes Vorgehen als vertragliche Verpflichtung einklagbar vor. Das Mietrecht knüpft weitere Sanktionen an eine entsprechende Pflichtverletzung, die in der unterlassenen Abrechnung besteht: Ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters im Hinblick auf weitere Vorauszahlungen im laufenden Vertragsverhältnis (vgl. BGH, Urt. v. 29.3.2006 – VIII ZR 191/05, NZM 2006, 533) und – im Falle des endenden Vertrags – einen Rückforderungsanspruch im Hinblick auf gezahlte und noch nicht abgerechnete Vorauszahlungen (vgl. BGH, Urt. v. 9.3.2005 – VIII ZR 57/04, NZM 2005, 373).
Genauso verhält es sich beim Einsichtsrecht des Mieters auch im Hinblick ...