Vom Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch Arbeitsunfälle beim Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der versicherten Tätigkeit umfasst (sog. Wegeunfall). Unterbrechen Versicherte den unmittelbaren Weg von oder zu dem Ort der Tätigkeit zur Erledigung von in eigenwirtschaftlichem Interesse stehenden Verrichtungen, genießen sie wegen dieser Unterbrechungen keinen Versicherungsschutz. Dieser lebt jedoch wieder auf bei Wiederaufnahme des Wegs von oder zu dem Ort der Tätigkeit (s. Pattar/Sartorius ZAP F. 18, S. 1376 f.). Problematisch ist typischerweise der innere/sachliche Zusammenhang, also die Frage, ob die Verrichtung zur Zeit des Unfalls dem Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit zuzurechnen war (s. Bergmann ZAT 2018, 46 ff. m. Bsp.). Zur Frage der "geringfügigen Unterbrechung" des Wegs ist derzeit ein Revisionsverfahren beim Zweiten Senat des BSG anhängig (vgl. B 2 U 31/17 R). Die Vorinstanz hatte die Geringfügigkeitsrechtsprechung als solche verneint (vgl. Sächsisches LSG, Urt. v. 4.5.2017 – L 2 U 124/15, ASR 2018, 13). In zwei Entscheidungen vom 31.8.2017 hat das BSG diese Rechtsprechung bestätigt:
a) Unterbrechung des Heimwegs wegen Lebensmitteleinkaufs
- Der Entscheidung des BSG (Urt. v. 31.8.2017 – B 2 U 1/16 R, NJW 2018, 1203) lag als Sachverhalt zugrunde, dass der Kläger mit seinem Pkw auf dem Weg zur Arbeit fuhr, dann sein Fahrzeug gegenüber einer Bäckerei auf der rechten Straßenseite parkte, um sich dort – auf der anderen Straßenseite – "Semmeln für eine Brotzeit" zu kaufen. Hierbei überquerte er die Straße. Als er vor der Bäckerei eine lange Schlange sah, kehrte er um, stolperte hierbei, verlor das Gleichgewicht und fiel vor seinem Wagen hin, wobei er ein Trauma erlitt. Das BSG hob das der Klage stattgebende Berufungsurteil auf und verweist darauf, bei abgrenzbaren Unterscheidungen, wie im vorliegenden Fall, bedürfe es als weiteres objektives Kriterium zur Wiederbegründung des Versicherungsschutzes einer das Ende der Unterbrechung nach natürlicher Betrachtungsweise markierenden Handlung. Bei einer privaten Besorgung während eines mit dem Pkw zurückgelegten Wegs bestehe diese regelmäßig in der Fortsetzung der Autofahrt. Diese habe der Kläger zum Zeitpunkt des Unfallereignisses noch nicht wieder aufgenommen.
- In einem weiteren Verfahren (Urt. v. 31.8.2017 – B 2 U 11/16 R, NJW 2018, 1200) entschied das BSG über Ansprüche einer Klägerin, die mit ihrem Pkw von ihrer Arbeitsstelle nach Hause fuhr. Sie hatte wegen der winterlichen Witterungsverhältnisse in der Mittagspause darauf verzichtet, ein Essen zu sich zunehmen und trat die Heimfahrt mit einem Hungergefühl an. Während der Fahrt hielt sie an einer am rechten Fahrbahnrand gelegenen Metzgerei an, kaufte dort eine Mahlzeit ein und begab sich wieder zu ihrem Fahrzeug. Auf dem Bürgersteig stehend öffnete sie die Beifahrertür und stellte die Nahrungsmittel auf dem Beifahrersitz ab. Auf dem Weg um ihr Fahrzeug herum, um die Fahrertür zu erreichen und dann die Fahrt nach Hause fortzusetzen, stürzte sie und verletzte sich. Die Klage blieb erfolglos. Auch hier hebt das BSG darauf ab, dass die Unterbrechung des Wegs von dem Ort der versicherten Tätigkeit nach Hause mit dem Parken des Fahrzeugs am Straßenrand erfolgt war und zum Zeitpunkt des Unfallereignisses noch nicht beendet war. Der während der Unterbrechung erfolgte Essenskauf stehe nicht im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, da der Kauf von Nahrungsmitteln, ebenso wie die Nahrungsaufnahme selbst, eine unversicherte, eigenwirtschaftliche Tätigkeit darstellt.
b) Versicherungsschutz beim Heimarbeitsplatz
Besonderheiten beim Versicherungsschutz ergeben sich bei Unfällen von Arbeitnehmern, die auf einem in ihrer Wohnung eingerichteten Arbeitsplatz tätig werden (s. BSG, Urt. v. 5.7.2016 – B 2 U 5/15 R, NJW 2017, 508; Pattar/Sartorius ZAP F. 18, S. 1511 f.; zum Versicherungsschutz bei häuslicher Telearbeit mit verschiedenen Sachverhaltsvarianten s. Spellbrink NZS 2016, 527).
Das BSG (Urt. v. 31.8.2017 – B 2 U 9/16 R, NJW 2018, 1207) hat bei diesem Sachverhalt Versicherungsschutz bejaht: Die Klägerin ist als selbstständige Friseurmeisterin nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Im Erdgeschoss ihres Anwesens betreibt sie den Friseursalon, im Obergeschoss befindet sich die von ihr und ihrem Ehemann bewohnte Privatwohnung, ferner ein separater Waschraum, in dem Waschmaschine und der Wäschetrockner stehen, die die Klägerin sowohl für die private Wäsche als auch für die Wäsche aus dem Friseursalon nutzt. Um Wäsche zu waschen und danach in den Trockner zu legen oder aufzuhängen, muss der Wohnungsflur der Privatwohnung im Obergeschoss durchschritten werden. Am Unfalltag knickte die Klägerin in diesem Wohnungsflur ihrer Privatwohnung vor dem Waschraum mit dem rechten Fuß um, als sie sich auf dem Weg dorthin befand, um Geschäftswäsche aus der Waschmaschine zu holen und diese zum Trocknen aufzuhängen.
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