Eine Gruppe von Abgeordneten, darunter auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, hatte im März dieses Jahres einen Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz vorgelegt. Er sieht vor, dass künftig jede Person als Organ- oder Gewebespender gilt, es sei denn, es liegt ein zu Lebzeiten erklärter Widerspruch oder ein der Organ- oder Gewebeentnahme entgegenstehender Wille vor. Parallel zur Einführung dieser doppelten Widerspruchslösung soll ein Register eingerichtet werden, in dem die Erklärungen eingetragen werden können.
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat gegen Teile des Gesetzentwurfs Bedenken erhoben, auch wenn er das Gesamtvorhaben grundsätzlich begrüßt. Einige der Regelungen müssten jedoch zuvor nachgebessert werden. So halten die Anwaltsvertreter die geplante Informationskampagne, zu deren Verpflichtete u.a. die gesetzlichen Krankenkassen und private Krankenversicherungen gehören sollen, für wenig zielführend. Nicht nur, so argumentiert der DAV, dass die Überzeugungswirkung bisheriger Informationskampagnen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung überschaubar geblieben seien, sondern gebe es in Deutschland auch rund 7,5 Millionen funktionale Analphabeten sowie viele Menschen, die die deutsche Sprache nicht oder nicht ausreichend beherrschten. Es wäre deshalb sinnvoller, die Ärzteschaft in den Informationsprozess direkt mit einzubinden.
Die Einführung eines öffentlichen Registers zur Organspende wird vom DAV grundsätzlich begrüßt. Hinsichtlich der Melde- und Eintragungsformalitäten sollte jedoch sichergestellt werden, dass jede eingebende Person, unabhängig davon ob es sich um einen Widerspruch oder eine Änderungseintragung handelt, eine Eingangsbestätigung erhalte. Ferner solle der Widerspruch auf einzelne Organe oder Organteile beschränkt werden können. Die geplante ergänzende Befragung nächster Angehöriger hält der DAV für nicht sinnvoll: Es reiche die Aussagequalität des geplanten Registers aus, wie bei sonstigen Registern auch. Zudem erhöhe ein klarer Vorrang der Registerwahrheit auch die Rechtssicherheit für die handelnden Personen. Bei Minderjährigen mache die Zustimmung der Inhaber elterlicher Sorge nach allgemeinen Grundsätzen hingegen Sinn.
Für unpraktikabel hält der DAV auch eine Regelung, die Einwilligungsunfähige betrifft. So könne z.B. ein Ärzteteam bei einem verstorbenen Unfallopfer nicht erkennen, ob dieses Opfer vor seinem Tod einwilligungsfähig gewesen ist oder nicht. Es müsse deshalb ggf. eine Pflicht für die Betreuer eingeführt werden, dass mit der Betreuung ein Widerspruch ins Register eingetragen werde oder dies je nach Anlass der Betreuung von Amts wegen erfolge.
Zudem regt der DAV an, dass in einer Übergangsregelung ein Vorrang des Registereintrags gegenüber etwaigen entgegenstehenden Eintragungen in älteren Organspendeausweisen aufgenommen wird. Schließlich sei auch die Frage zu regeln, welche Rechtswirkung z.B. letztwillige Verfügungen von Ehegatten im Hinblick auf die wechselseitige Organspende – ggf. auch zugunsten direkter Abkömmlinge – entfalten.
[Quelle: DAV]