a) Der Eigenbedarf des Vermieters
Der Normalfall der Eigenbedarfskündigung ist die gewünschte Eigennutzung durch den Vermieter, der nicht zugleich Eigentümer sein muss (LG Hamburg, Urt. v. 9.6.2011 – 307 S 41/11, ZMR 2011, 798). Auch der Untermieter kann daher Eigenbedarf geltend machen, wenn er die Wohnräume nach dem Inhalt des Hauptmietvertrags selbst nutzen darf (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 573 BGB Rn 44). Bei einer Mehrheit von Vermietern ist es ausreichend, wenn die Wohnräume von einem der Mieter (z.B. bei einer Miterbengemeinschaft) genutzt werden sollen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 2.4.2009 – 10 U 149/08, NZM 2010, 276). Juristische Personen (GmbH, AG) oder Vereine haben kein Recht zur Eigenbedarfskündigung, weil diese die vermieteten Räumlichkeiten nicht als "Wohnung für sich" benötigen können (BGH, Urt. v. 14.12.2016 – VIII ZR 232/15, WuM 2017, 94; Staudinger/Rolfs, Neubearbeitung 2018, Stand: 30.3.2020, § 573 BGB Rn 77). Personengesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit wie die Außen-GbR, die OHG oder die KG können keine Kündigung wegen eines Bedarfs der Gesellschaft aussprechen (BGH, Urt. v. 23.5.2007 – VIII ZR 122/06, NJW-RR 2007, 1460). Dies gilt auch für den Wohnbedarf eines der Gesellschafter der genannten Gesellschaften, jedenfalls soweit es die OHG und die KG betriff. Bei der Außen-GbR hält der BGH dagegen § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB für analog anwendbar, sodass für ein Mitglied Eigenbedarf geltend gemacht werden kann (BGH, Urt. v. 14.12.2016 – VIII ZR 232/15, WuM 2017, 94).
b) Der Eigenbedarf eines Haushaltsangehörigen
Unter Haushaltsangehörigen des Vermieters sind alle Personen zu verstehen, die schon seit längerer Zeit und auf Dauer in den Haushalt des Vermieters aufgenommen sind und in enger Hausgemeinschaft mit ihm leben, wozu insb. die Ehefrau, Kinder, sonstige Familienangehörige, der Lebenspartner und der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gehören (Staudinger/Rolfs, Neubearbeitung 2018, Stand: 30.3.2020, § 573 BGB Rn 88 m.w.N.). Eine eigenständige Bedeutung dieses Tatbestandsmerkmals besteht nur insoweit, als diese Personen nicht ohnehin bereits zu den privilegierten Verwandten des Vermieters zählen.
c) Der Eigenbedarf von Familienangehörigen
Der Begriff des Familienangehörigen ist in seinen Einzelheiten umstritten. Nach Auffassung des BGH bieten die Regelungen des Zeugnisverweigerungsrechts in § 383 ZPO und § 52 StPO einen "Anknüpfungspunkt" dafür, wie weit der Kreis zu ziehen ist (BGH, Urt. v. 27.1.2010 – VIII ZR 159/09, WuM 2010, 163). Hiernach zählen zu den privilegierten Angehörigen der Ehegatte, die Verwandten und Verschwägerten in gerader Linie (Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel und Urenkel), die Verwandten in der Seitenlinie bis zum 3. Grad (Geschwister, Nichten und Neffen) und die Verschwägerten in der Seitenlinie bis zum 2. Grad (Schwiegereltern, Schwager). Auch der bereits getrenntlebende Ehegatte ist bis zur Scheidung als Familienangehöriger einzustufen (vgl. zum Ganzen: Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 573 BGB Rn 54 f. m.w.N.).
Praxistipp:
In der Rechtsprechung wurden folgende Personen als enge Familienangehörige anerkannt: Stiefsohn, Stieftochter, Schwager, Schwiegermutter, Schwiegervater, Schwiegereltern, die folgenden hingegen verneint: Schwager des Vermieters, Schwägerin des Vermieters, Tante des Ehemanns der Vermieterin und Onkel des Vermieters. Die Einzelheiten sind höchst umstritten (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 573 BGB Rn 55 f. m.w.N. aus der Rechtsprechung).
In der Praxis hat der Eigenbedarf für Familienangehörige nur dann Bedeutung, wenn eine nicht zum privilegierten Personenkreis des Vermieters gehörende Person, die in einer anderen Wohnung lebt, in die zu kündigende Wohnung allein oder mit ihren eigenen Haushaltsangehörigen – jedenfalls ohne den Vermieter – einziehen will. In diesem Fall macht der Vermieter deren Wohnbedarf zu einem eigenen Interesse an der Rückgabe der vermieteten Räume, sodass für den Räumungsprozess ein Nutzungsinteresse des Dritten und ein echtes Überlassungsinteresse des Vermieters vorzutragen und ggf. unter Beweis zu stellen ist (Staudinger/Rolfs, Neubearbeitung 2018, Stand: 30.3.2020, § 573 BGB Rn 79).