Ferner gilt es, die Situation regelmäßig zu überwachen, da sich die Umstände täglich ändern können. So können Zulieferer von einer behördlichen Schließung betroffen sein oder möglicherweise von anderen Betrieben abhängig sein, deren Mitarbeiter sich in einem behördlich angeordneten Quarantäne-Gebiet befinden. Sollte sich der Vertragspartner auf eine Force-Majeure-Klausel oder andere Klauseln berufen, sollte die Berechtigung dieses Einwands anhand von Nachweisen und Informationen über mögliche alternative Produktionsquellen geprüft werden. Insgesamt gilt es, detaillierte Aufzeichnungen über sämtliche Störungen im Betriebsablauf und in Lieferketten anzufertigen, um ggf. den Umfang der Betriebsunterbrechung nachweisen zu können. Diese Empfehlung erfolgt ferner vor dem Hintergrund, dass den Unternehmen die Pflicht obliegt, sämtliche Lieferketten so zu organisieren, dass Ausfälle kompensiert werden können. Mithin ist vom Einzelfall abhängig, ob ein Auftraggeber gegenüber seinen Abnehmern für eingetretene Lieferverzögerungen haftet. Damit kommt der Dokumentation und dem Nachweis der Unmöglichkeit bezüglich einer alternativen Leistungserbringung mindestens gleich viel Bedeutung wie den Klauseln zu.
Im Umgang mit Kunden sollte eine pro-aktive Information erfolgen. Diese sollte bereits über bloße Risiken informieren, d.h. bevor eine Lieferverzögerung endgültig feststeht. Solch eine "Vorwarnung" sollte möglichst spezifisch verfasst werden ("Aufgrund der derzeitigen COVID-19-Situation kann es zu Schwierigkeiten bei Zulieferern und im Betriebsablauf kommen. Daher ist insb. bei dem Produkt XY mit einer Lieferverzögerung von ca. zwei Wochen zu rechnen"). Über diese Art und Weise der Risikoermittlung und Informationsausgabe erhöhen Unternehmen ihre Chancen, sich im Falle eines Rechtsstreits auf "höhere Gewalt" berufen zu können. Es versteht sich von selbst, dass die Abfrage bei Lieferanten und die Informationsweitergabe an den Kunden in regelmäßigen Abständen – nicht nur während der Pandemie – wiederholt werden müssen.
Die frühzeitige und umfassende Information über die Art und das Ausmaß einer etwaigen verspäteten Lieferung gegenüber dem Vertragspartner erscheint auch vor dem Hintergrund wichtig, dass andernfalls Schadenersatzansprüche gegen das betroffene Unternehmen wegen Verletzung der Informationspflicht geltend gemacht werden können. Solche Pflichten ergeben sich aus ausdrücklichen Vertragsabreden oder können sich in Form von vertraglichen Nebenpflichten aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben.