In dem vom BAG am 21.5.2019 entschiedenen Fall – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411 – ging es im Rahmen einer Kündigungsschutzklage um die Überprüfung, ob das Rechtsverhältnis der Parteien als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist. Die Beklagte hatte den Kläger mehrere Jahre lang auf Grundlage von "Honorarverträgen" als Übersetzer beschäftigt. Die Vorinstanzen waren davon ausgegangen, die Parteien verbinde ein Arbeitsverhältnis. Obwohl nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. etwa BAG NZA 2018, 448) die Tatsacheninstanzen bei der Prüfung des Arbeitnehmerstatus einen weiten Beurteilungsspielraum haben und ihre Würdigung nur daraufhin zu überprüfen ist, ob sie den Rechtsbegriff des Arbeitnehmers selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, bei der Subsumtion den Rechtsbegriff wieder aufgegeben oder wesentliche Umstände außer Betracht gelassen haben, führte die Revision der Beklagten zur Aufhebung und Zurückverweisung.
In Abgrenzung zu dem Rechtsverhältnis eines selbstständig Tätigen ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, ist auf eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles abzustellen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Unter Zugrundelegung des insoweit nur bestehenden eingeschränkten Prüfungsmaßstabs des Revisionsgerichts hält das Urteil des LAG, so das BAG, einer Überprüfung nicht stand.
Insbesondere stellt das BAG – wie schon in der Entscheidung NZA 2018, 448 – auf den Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen ab: Regeln die Vertragspartner grundlegende Fragen ihrer Vertragsbeziehung in einem Rahmenvertrag, so sei für die rechtliche Einordnung maßgeblich, ob die vertraglichen Abreden der einen Partei das Recht zubilligen, frei über die Annahme der künftigen Einzelverträge zu entscheiden, oder ob einer Partei ein Weisungsrecht zustehen sollen, infolgedessen sie die zu erbringende Leistung einseitig und für die andere Partei verbindlich festzulegen berechtigt ist. Letzteres war hier nicht der Fall. In Rn 29 ff. der Entscheidung macht das BAG für das erneute Berufungsverfahren hinsichtlich der zur Statusklärung vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände (s. Rn 13) eine Reihe von Vorgaben.
Hinweise:
Der 12. Senat des BSG hat in vier Urteilen zum Versicherungs- und Beitragsrecht vom 19.9.2019 – B 12 R 25/18 R u.a. (s. hierzu Zieglmeier, jurisPR-SozR 6/2020 Anm. 2) im Hinblick auf die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern einmal seine früheren Entscheidungen zur Aufgabe der "Kopf- und Seele"-Rechtsprechung (Urte. v. 29.7.2015 – B 12 KR 23/13 R, hierzu Sartorius/Pattar, ZAP F. 18, 1454 f und Stotz, JM 2016, 199; ferner v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R u.a., hierzu Legde, SGb 2017, 25 ff.) bestätigt (auch insoweit, als kein Vertrauensschutz nach Art. 20 Abs. 3 GG aufgrund der Rechtsprechungsänderung beansprucht werden kann), jedoch gleichzeitig seine Rechtsprechung zur beanstandungslosen Betriebsprüfung weiterentwickelt:
Auch bei beanstandungsfreien Betriebsprüfungen sind, so das BSG in den Entscheidungen v. 19.9.2019, Rentenversicherungsträger künftig verpflichtet, das Verfahren durch Verwaltungsakt abzuschließen, der den Umfang und das Ergebnis der Prüfung und die geprüften Personen festhält (zur sozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellung s. ferner Schlegel, NJW 2020, 16 ff.).
- In mehreren Urteilen vom 7.6.2019 – B 12 R 11/18 R u.a. hat das BSG entschieden, dass Personen, die als Honorarärzte in einem Krankenhaus tätig sind, regelmäßig abhängig beschäftigt sind und der Sozialversicherungspflicht unterliegen (hierzu Erkelenz, jurisPR-SozR 3/2020 Anm. 2 u. Hamann, jurisPR-ArbR 41/2019 Anm. 4.) Aus Rn 26 der Entscheidung wird deutlich, dass für dieses Ergebnis besonders die bestehenden regulatorischen Rahmenbedingungen – u.a. § 107 Abs. 1 SGB V – entscheidend sind. Ebenso sind im Ergebnis Entscheidungen des BSG zur Statusfeststellung von Honorarpflegern in stationären Pflegeeinrichtungen ausgefallen, Urte. 7.6.2019 – B 12 R 6/18 R u.a. (in seiner Anmerkung zu den vorstehend erwähnten Urteilen des BSG zum Status von Honorarärzten und -pflegekräften befasst sich Greiner u.a. mit dem Auseinanderfallen von arbeitsrechtlichem und sozialrechtlichem Arbeitnehmerbegriff, NZS 2019, 761 ff. Ferner handelt diesen Fragenkreis Hanau in NZA 2019, 1552 ff. ab).