Der Testamentsvollstrecker ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet, § 2216 Abs. 1 BGB. Anordnungen, die der Erblasser für die Verwaltung durch letztwillige Verfügung getroffen hat, sind von dem Testamentsvollstrecker zu befolgen, § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB. Sie können jedoch auf Antrag des Testamentsvollstreckers oder eines anderen Beteiligten von dem Nachlassgericht außer Kraft gesetzt werden, wenn ihre Befolgung den Nachlass erheblich gefährden würde, § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB.
Unter den Begriff der Verwaltungshandlung fallen alle Maßnahmen rechtlicher und tatsächlicher Art, die der Erhaltung, Sicherung, Nutzung und Mehrung des jeweils verwalteten Gegenstandes oder Vermögens dienen, ohne dass es auf die Ordnungsmäßigkeit ankommt (Damrau/Tanck/Bonefeld, Praxiskommentar Erbrecht, § 2216 BGB, Rn 1). Als ordnungsgemäß werden im Allgemeinen alle Maßnahmen angesehen, die nach den jeweiligen Gegebenheiten im Zeitpunkt ihrer Vornahme vernünftig erscheinen und die berechtigten Interessen des geschützten Personenkreises nicht übergehen (Staudinger/Reimann, § 2216 BGB, Rn 3).
Entscheidender Maßstab für die ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses ist die angeordnete Art der Testamentsvollstreckung, wonach sich Inhalt und Pflicht zur ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung nach den einzelnen vom Erblasser übertragenen Aufgaben und Verwaltungsanordnungen bestimmen (Damrau/Tanck/Bonefeld, a.a.O., § 2216 BGB, Rn 2). Die Aufgaben der Abwicklungsvollstreckung unterscheiden sich von denjenigen der Dauerverwaltungsvollstreckung, wo der Testamentsvollstrecker beispielweise mit der Frage konfrontiert wird, ob und wer in das Nachlassvermögen zu investieren hat, um die letztwillige Verfügung bzw. die Verwaltungsanordnungen des Erblassers über Jahre und Jahrzehnte hinweg zu erfüllen (Damrau/Tanck/Bonefeld, a.a.O., § 2216 BGB, Rn 2).
Bei der testamentarischen Verfügung der Aufgaben und Verwaltungsanordnungen des Testamentsvollstreckers ist entsprechend Sorgfalt geboten. Lücken können hier zur Rechtsunsicherheit führen. Dies zeigt auch eine Entscheidung des BGH zum Behindertentestament (BGH, Beschl. v. 24.7.2019 – XII ZB 560/18, ZEV 2020, 41 ff.).
Fallbeispiel:
Der Erblasser E setzte in seinem Testament, seine beiden Kinder, die zu 100 % behindert sind, mit einem Anteil von jeweils 18 % am Nachlass als Vorerben ein. Im Übrigen setzte der Erblasser einen weiteren Sohn zum Vollerben mit einem Anteil von 64 % und als Nacherbe nach dessen behinderten Geschwistern ein. Weiter ordnete der Erblasser bzgl. der beiden Vorerben Dauertestamentsvollstreckung an. Für ein behindertes Kind war ein Berufsbetreuer bestellt. Die Betreuervergütung zahlte die Landeskasse, bis das Amtsgericht entschied, dass das behinderte Kind noch einen offenen Betrag an die Landeskasse zu erstatten hatte. Hiergegen wandte sich das behinderte Kind.
Die Vorinstanz wertete das Behindertentestament als sittenwidrig und sprach sich für eine Entnahme der Betreuervergütung aus dem Nachlass des behinderten Kindes aus. Dem Gericht fehlten konkrete Verwaltungsanweisungen an den Testamentsvollstrecker, aus denen sich ergebe, in welchem Umfang und für welche Zwecke das behinderte Kind, welches unter Betreuung steht, Vorteile aus dem Nachlass erhalten sollte. Hierdurch sei das Testament nicht Ausdruck einer sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des behinderten Kindes, sondern diene ausschließlich der einseitigen Bevorzugung und Sicherung des gesamten Nachlasses zugunsten des nicht behinderten Sohnes und damit der Verhinderung eines Zugriffs der Sozialhilfe- und übrigen Leistungsträger auf die Erbteile der beiden behinderten Familienangehörigen.
Der BGH wertete die fehlenden Verwaltungsanweisungen nicht als sittenwidrig und stärkt die sittlich anzuerkennende Sorge für das Wohl des behinderten Kindes durch ein Behindertentestament. Ist in einem Behindertentestament, was in der Praxis die Regel sein dürfte, eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet, erfasst diese auch die aus der Vorerbschaft erwirtschafteten Erträge. Ob und in welchem Umfang der Testamentsvollstrecker die Erträge an den Vorerben auszahlen muss, bestimmt sich vorrangig nach den Verwaltungsanordnungen, die der Erblasser in der letztwilligen Verfügung festgelegt hat. Sofern sich dort keine Regelungen finden, bestimmt sich dies nach § 2216 Abs. 1 BGB. Der Testamentsvollstrecker ist entsprechend – außerhalb des Anwendungsbereichs des § 2338 Abs. 1 S 2 BGB – grds. befugt, Erträge zu thesaurieren. Nutzungen sind jedoch an den Erben herauszugeben, sofern dies zur Bestreitung des angemessenen Unterhalts des Erben sowie zur Begleichung fälliger Steuerschulden erforderlich ist. Da der Erblasser in dem vorliegenden Fall keine anderweitigen Verwaltungsanordnungen für den Testamentsvollstrecker getroffen hat, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass er i.R.d. ordnungsgemäßen Verwaltung vom Testamentsvollstrecker die Auszahlung von erzielten Erträgen zur Bestreitung seines Unterhalts verlangen kann und ...