Homeoffice geht heute meistens mit der Einführung und Nutzung digitaler Arbeitsplattformen, sog. Kollaborationstools, einher, die vielfältige Möglichkeiten der digitalen, flexiblen, ortsunabhängigen Zusammenarbeit, Abstimmung und Interaktion in Arbeitsteams ermöglichen (vgl. Suwelack ZD 2020, 561, 564). Entsprechende Software-Tools wirken dem Nachteil fehlender persönlicher Verfügbarkeit im Homeoffice entgegen, da sich mittels der eingesetzten Technik und Software auch Arbeit in Teams und Arbeitsgruppen effizient gestalten lässt.
Die Software wird nach eigenen, werbenden Angaben führender Anbieter zum digitalen Büro, in dem Mitarbeiter, Kunden und Partner vernetzt sowie Projekt-Teams und Tools für gemeinsame Ziele, Projekte und Prozesse zusammengebracht werden. Meeting-Funktionen ermöglichen Video, Audio, Freigabe von Bildschirmen, Hochladen von Inhalten in eine Cloud-Umgebung, gemeinsamen Zugriff auf Dokumente, Chats, Direct Messaging, Kalenderzugriffe und -abstimmungen etc. MS-Teams, Zoom, Slack, Cisco Webex oder Google Workspace sind nur einige der Anbieter, die entsprechende gängige Lösungen auf dem Markt anbieten.
Natürlich stellen sich beim Einsatz entsprechender Software, die Video- und Tonmitschnitte ermöglicht, und spontane Wahrnehmungen ermöglicht, vielfältige Rechtsfragen, wobei Vorgaben und Leitlinien der Rechtsprechung nur in begrenztem Maß existieren (vgl. Heider NZA 2021, 1149 zur Videotelefonie im Homeoffice). Der Arbeitgeber kann in Ausübung seines Direktionsrechts – unter Beachtung der in Betracht kommenden Mitbestimmungsrechte, insb. § 87 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 14 BetrVG, den Einsatz entsprechender Software anweisen. Denn es geht um die Organisation der Zusammenarbeit und darum, wie die Arbeit zu leisten ist. Auch das Einschalten einer Web-Kamera ist bei verhältnismäßigem Einsatz, der zeitlich begrenzt ist und unter Nutzung tatsächlicher und technischer Möglichkeiten zur Sicherung der Privatsphäre und des Datenschutzes (kurz: TOM) erfolgt, zulässig. Um den Einsatz möglichst konfliktfrei zu gestalten und rechtlich abzusichern, sollte der Einsatz entsprechender Software, ggf. unter Einbindung des Betriebsrats in einer Betriebsvereinbarung oder – bei Fehlen eines Gremiums – in einer arbeitsvertraglichen (Änderungs-)Vereinbarung einzelvertraglich geregelt werden. Diese Empfehlung orientiert sich an der Rechtsprechung des BAG beim Einsatz von Standardsoftware. In seinem Beschl. v. 23.10.2018 – 1 ABN 36/18, ZD 2019, 131 hatte der Erste Senat festgestellt, dass auch die Einführung von Standardsoftware aus dem Microsoft-Office-Paket (MS-Excel) der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unterfalle. Auf eine "Geringfügigkeitsschwelle" oder eine "Erheblichkeits- oder Üblichkeitsschwelle" komme es nicht an (vgl. BAG, Beschl. v. 23.3.2021 – 1 ABR 31/19, NZA 2021, 959 "Outlook"). Da die Nutzung von Kollaborationstools arbeitsrechtlich "noch in den Kinderschuhen steckt", schaffen entsprechende Vereinbarungen jedenfalls eine gute rechtliche Grundlage im Sinne einer an den allgemeinen rechtlichen Grundsätzen ausgerichteten Best Practice.
Allerdings sind entsprechende Kollaborationstools datenschutzrechtlich durchaus kritisch zu hinterfragen, wie die Stellungnahme des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit hinsichtlich des datenschutzkonformen Einsatzes von Videokonferenzlösungen vom 18.2.2021 zeigt (abrufbar unter: https://www.datenschutz-berlin.de/fileadmin/user_upload/pdf/orientierungshilfen/2020-BlnBDI-Hinweise_Berliner_Verantwortliche_zu_Anbietern_Videokonferenz-Dienste.pdf ). Die technischen Möglichkeiten der einschlägigen Kollaborationstools zur Verbesserung des Datenschutzes sollten konsequent eingesetzt und genutzt werden, was die entsprechende Einrichtung durch den Arbeitgeber (Stichworte: Datenschutz durch Technikgestaltung und datenschutzfreundliche Voreinstellung) sowie eine angemessene Schulung und Sensibilisierung der Nutzer erfordert.
Auch besteht das konkrete Risiko einer Vermischung privater und betrieblicher Sphären, wenn etwa die private Telefonnummer des Arbeitnehmers intern zu Kommunikationszwecken weitergereicht wird oder i.R.v. Videokonferenzen ggf. das persönliche Lebensumfeld des Arbeitnehmers oder dessen Familienangehörige zu sehen sind. Soweit die Verarbeitung derartiger persönlicher Daten betrieblich nicht erforderlich ist, fehlt es an einem datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestand. Die Arbeit im Homeoffice darf nicht dazu führen, dass die Persönlichkeit des Arbeitnehmers (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) stärker als bei der Arbeit an dessen betrieblichem Arbeitsplatz beeinträchtigt wird (vgl. Suwelack a.a.O., 561, 563). Umfassende Persönlichkeitsprofile von Arbeitnehmern oder eine Erfassung sozialer Beziehungen im Betrieb sind mit Blick auf die fehlende Zweckbindung (datenschutz-)rechtlich äußerst kritisch zu bewerten und ggf. höchst bußgeldrelevant.