Wer in der zivilprozessualen Praxis tätig ist, kommt nicht umhin, immer wieder dieselben „Dauerbaustellen” im Kampf um das Recht auf Beweis (vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 24.5.2006 – XII ZR 164/05) zu bearbeiten.
Auf der einen Seite stehen Versuche der Gerichte, Prozesse zu straffen, schneller zu entscheiden und – mindestens unbewusst – die eigene Arbeitsbelastung zu reduzieren. Auf der anderen Seite stehen Bemühungen der Parteien und ihrer Vertreter, in keinem Fall (möglicherweise) Relevantes unberücksichtigt zu lassen und deswegen teilweise überflüssige oder unzulässige Beweisaufnahmen zu begehren. Neben der bereits berichteten „Dauerbaustelle” im Streit um die angeblich mangelnde Substantiierung (vgl. Verf., ZAP 2023, 209) gibt es eine neue Entwicklung, die besorgniserregend ist:
In manchen gerichtlichen Verfügungen – nach meiner Beobachtung nur in denen von Amtsgerichten – findet sich mittlerweile der „vorbeugende” Hinweis/Textbaustein, dass bei Beweisanträgen eine „Konnexität” zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung dargelegt werden müsse, wenn sich dieser Zusammenhang nicht von selbst verstehe. Problematisch ist hier v.a. der Zeugenbeweis. Verwiesen wird dann z.B. auf eine Kommentarstelle (BeckOK ZPO/Bacher ZPO § 284 Rn 54.1) oder Ausführungen in der Literatur (z.B. Ullenboom, ZZP 2020, 103, 109 und/oder Prechtel, ZJS 4/2020, 301 f.; ders., DRiZ 2014, 262, 264).
Begründet wird dies mit einer analogen Anwendung des § 244 StPO im Zivilverfahren. Da die dortigen Ablehnungsgründe für einen Beweisantrag auch im Zivilverfahren gelten, müsse dies auch für das Konnexitätserfordernis bei Antragstellung gelten.
Das kann schon deshalb nicht richtig sein, weil Beweisanträge im Strafverfahren durch einen begründeten Beschluss vor Urteilsverkündung abgelehnt werden (§ 244 Abs. 6 S. 1 StPO) im Zivilverfahren jedoch nicht.
Im Zivilverfahren entspricht es guter und üblicher Praxis, hinter jeder einzelnen Tatsachenbehauptung (vorsorglich) Beweis durch die schlichte daruntergesetzte Formulierung „Beweis: xy” anzubieten.
Wollte man für jeden einzelnen Fall weitere Ausführungen zu Konnexität, d.h. weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll, würde dies zu einer überbordenden Schreibarbeit führen.
Hinzu kommt, dass das Zivilgericht dann konsequenterweise jeden einzelnen Beweisantrag auch durch begründeten Beschluss ablehnen müsste. Das aber wird von den Vertretern der Konnexitätslösung im Zivilprozess gerade nicht gefordert. Mit anderen Worten: Um einem Beweisangebot nicht nachgehen zu müssen, sollen die strafprozessualen Normen analog angewendet werden, nicht aber, wenn es um den Aufwand zur Ablehnung entsprechender Beweisanträge geht. Das macht die Konnexitätsforderung inkonsequent.
Zudem widerspricht sie der ausdrücklichen Ansicht des BGH, die besagt:
Zitat
„Der Antritt eines Zeugenbeweises erfordert – außer bei inneren Tatsachen – grundsätzlich keine Angaben dazu, wie der Zeuge die unter Beweis gestellte Tatsache erfahren haben soll.” (s. statt vieler BGH, Beschl. v. 12.12.2018 – XII ZR 99/17 Rn 10)
Der Prozessvertreter, der mit einer gerichtlichen Konnexitätsforderung per vorauseilender Verfügung konfrontiert wird, sollte als Reaktion entweder stets die Konnexität begründen (sicherster Weg) oder hinter jedes Beweisangebot einen Textbaustein aufnehmen, der besagt, dass, wenn die – rechtlich ohnehin nicht zulässige – Konnexität für das Gericht zweifelhaft sein sollte, rechtzeitig ein begründeter Beschluss gem. § 244 Abs. 6 S. 1 StPO analog ergehen möge, damit Gelegenheit zur Nachbesserung und Wahrung rechtlichen Gehörs gegeben werde.
Es sollte sich von selbst verstehen, dass strafprozessuale Normen nicht einseitig (Konnexitätserfordernis schon, § 244 Abs. 3 S. 1 StPO, aber keinen Ablehnungsbeschluss gem. § 244 Abs. 6 S. 1 StPO), angewendet werden können, denn das Erfordernis der Beschlussablehnung soll dem Angeklagten gerade die Möglichkeit der Nachbesserung geben.
Das zeigt die Unausgegorenheit des Vorschlags der Übernahme des Konnexitätserfordernis in den Zivilprozess. Kommt man zu dem Schluss, dass sich der Zivilrichter nicht lediglich die Rosinen der StPO, um einem Beweis nicht nachzugehen, herauspicken kann, wird unmittelbar klar, dass diese neue beweisrechtliche Entwicklung für niemanden eine Erleichterung, sondern für alle eine Mehrbelastung darstellt.
Der Verf. hat durch textbausteinartige Ergänzungen der Beweisanträge zwar keine entsprechenden Ablehnungsbeschlüsse erhalten, aber auch sonst keine Probleme mangels Darlegung der Konnexität gehabt. Das heißt, durch den Austausch von wechselseitigen Textbausteinen ist der Prozess – wie gewohnt – abgelaufen.
ZAP F., S. 569–570
Rechtsanwalt Dr. Andreas Geipel, München