Straftatbestände finden sich häufig als Regelbeispiele der Unzuverlässigkeit in der GewO wieder.
Die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden kann aber auch darüber hinaus in Frage gestellt sein, wenn dieser wegen eines Verbrechens oder Vergehens verurteilt oder wegen einer Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld belegt worden ist, wobei bereits eine einzelne erhebliche gewerbebezogene Straftat ausreichen kann.
Beispiel:
Häufige Beispiele sind insoweit: (Computer-)Betrug, Steuerhinterziehung, Urkundsdelikte.
Aber auch eine Vielzahl kleinerer Gesetzesverletzungen, die, jeweils für sich betrachtet, noch keine ausreichende Grundlage für eine Gewerbeuntersagung bieten würden, können in ihrer Häufung eine solche Maßnahme rechtfertigen, wenn sie einen Hang zur Nichtbeachtung geltender Vorschriften erkennen lassen.
Hinweis:
Dabei ist es ausreichend, wenn das dem Gewerbetreibenden vorgeworfene Verhalten einen Straftatbestand objektiv verwirklicht; unerheblich ist dagegen, ob ihm auch der subjektive Tatbestand und ein Verschulden nachgewiesen werden können, da die Gewerbeuntersagung als Teil des Gefahrenabwehrrechts präventive Zwecke verfolgt (BayVGH, Beschl. v. 12.7.2012 – 22 ZB 11.2633, juris Rn 7).
Aufgrund der Bindungswirkung aus § 35 Abs. 3 GewO darf die Gewerbeaufsichtsbehörde bei der Sachverhaltsermittlung nicht zum Nachteil des Gewerbetreibenden von dem Inhalt eines Strafurteils abweichen, wenn sich dieser auf die Feststellung des Sachverhalts, die Beurteilung der Schuldfrage oder die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten i.d.S. § 70 StGB begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Hinweis:
Nach § 35 Abs. 3 S. 3 GewO entfalten eine Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a StPO), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, die gleiche Bindungswirkung wie ein Urteil.
Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit kann auch auf noch nicht rechtskräftig festgestellte Straftaten abgestellt werden (VG Köln, Urt. v. 19.6.2019 – 1 K 11649/17, juris Rn 25). Eine zeitliche Grenze für die Heranziehung von Straftaten bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden setzt das Verwertungsverbot des § 51 BZRG. Nach dieser Bestimmung dürfen die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden, wenn die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder zu tilgen ist. Die Tilgungsfrist beträgt nach § 46 BZRG mindestens fünf und höchstens 20 Jahre. Sie läuft vom Tag des ersten Urteils an (§ 47 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 BZRG; VG Köln, Urt. v. 19.6.2019 – 1 K 11649/17, juris Rn 31).
Weder eine günstige Sozialprognose im Rahmen einer Strafaussetzung zur Bewährung noch ein späteres Wohlverhalten begründen für sich eine positive gewerberechtliche Prognose. Um hieraus eine Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abzuleiten, verlangt die Rechtsprechung einen erkennbaren Reifeprozess, der verneint wird, wenn das Verhalten lediglich verfahrenstaktisch zu erklären ist. Insoweit kommt es regelmäßig auf die Feststellungen des Strafgerichts an, ob zu erkennen ist, dass das Verhalten (Geständnis) tatsächlich von Einsicht und Reue getragen gewesen ist und nicht nur mit der Hoffnung auf eine geringe Strafe begründet werden kann (BayVGH, Beschl. v. 17.8.2020 – 22 ZB 20.1037, juris Rn 11).