aa) Keine Bindung an § 244 Abs. 3–5 StPO
Eine erhebliche Einschränkung der Beweisaufnahme beinhaltet § 420 Abs. 3 StPO. Hiernach bestimmt der Strafrichter den Umfang der Beweisaufnahme, was zur Folge hat, dass die Verteidigung zwar wie im Normalverfahren Beweisanträge stellen kann; diese stellen jedoch lediglich Anregungen an den Strafrichter dar, denen er nur entsprechen muss, wenn dies zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts nach § 244 Abs. 2 StPO erforderlich erscheint.
Ist das Gericht dagegen der Auffassung, dass der Sachverhalt bereits erwiesen oder genügend aufgeklärt ist, kann es die Anträge ablehnen, ohne an § 244 Abs. 3–5 StPO gebunden zu sein. Aus diesem Grund kann der Angeklagte eine Sprungrevision gegen das Urteil des Amtsgerichts nicht auf eine Verletzung des § 244 Abs. 3 stützen, eine entsprechende Rüge hat von vornherein keinen Erfolg (KG Berlin, Urt. v. 19.2.2015 – 161 Ss 174/14, NJOZ 2015, 1968). Auch besteht keine Bindung des Gerichts an § 245 Abs. 2 StPO, der Strafrichter darf daher Anträge auf die Erhebung präsenter Beweise zurückweisen (KK-StPO/Graf, a.a.O., § 420 Rn 7).
Hinweis:
Die im Normalverfahren mitunter zu beobachtenden Versuche der Verteidigung, durch die Stellung von Beweisanträgen und die Auswertung etwaiger Ablehnungsbeschlüsse in Erfahrung zu bringen, wie das Gericht aktuell den Verfahrensstand beurteilt, versprechen im beschleunigten bzw. im Strafbefehlsverfahren keinen Erfolg. Zwar bedarf die Ablehnung eines Antrags auch hier der Begründung; in der Praxis zahlreicher Amtsgerichte beschränkt sich diese jedoch auf die floskelhafte Wendung, die beantragte Beweiserhebung sei zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 420 Rn 11; krit. MüKoStPO/Putzke/Scheinfeld, a.a.O., § 420 Rn 24, da dies die Strafrichter zu Missbrauch des Abs. 4 einlade).
bb) Kein Verbot der Vorwegnahme der Beweiswürdigung
Darüber hinaus findet das Verbot der Beweisantizipation im Anwendungsbereich des § 420 Abs. 3 StPO keine Anwendung (KK-StPO/Graf, a.a.O.). Das Gericht ist deshalb nicht gehindert, die Erhebung eines Beweises mit der Begründung abzulehnen, dass diese an seiner bereits vorliegenden Überzeugung nichts ändern würde, vgl. KG Berlin, Beschl. v. 16.10.2017 – (5) 121 Ss 143/17 (65/17). Auch dies zeigt, wie schwierig es für die Verteidigung sein kann, entlastende Beweiserhebungen durchzusetzen.