Dem Vorsitzenden obliegt nicht nur die Bestellung, sondern auch die Auswahl des Verteidigers (KK-Laufhütte, § 142 StPO Rn. 1). Auf die Bestellung eines bestimmten Verteidigers hat der Angeklagte keinen Rechtsanspruch (BVerfG StV 2006, 451).
Der Grundsatz des fairen Verfahrens fordert aber, seine Wünsche soweit möglich zu berücksichtigen (so schon BVerfGE 9, 36). Dies ist in § 142 Abs. 1 StPO berücksichtigt, wonach dem Angeklagten Gelegenheit gegeben werden soll, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger seiner Wahl zu bezeichnen. Die Soll-Vorschrift des § 142 Abs. 1 StPO beinhaltet abweichend von ihrem Wortlaut als Ausfluss des Anspruchs auf ein faires Verfahren eine grundsätzliche Anhörungspflicht, von der nur in seltenen Ausnahmefällen abgewichen werden kann (OLG Stuttgart StV 2014, 11).
Die Länge der Frist ist gesetzlich nicht geregelt, sie muss jedoch angemessen sein. Fristen von nur drei oder vier Tagen oder gar von wenigen Stunden sind zu kurz (SSW-StPO/Beulke, § 142 Rn. 15) und legen zudem den Verdacht nahe, dass das Benennungsrecht des Angeklagten unterlaufen werden soll.
Hinweis:
Die vom Gericht gesetzte Benennungsfrist ist keine Ausschlussfrist. Der Angeklagte hat daher jedenfalls dann, wenn durch eine zwischenzeitlich erfolgte Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts noch keine Kosten entstanden sind und keine Verfahrensverzögerung eintritt, auch nach Fristablauf das Recht, einen Verteidiger seiner Wahl zu benennen, der dann bei gleichzeitiger Entpflichtung des bisherigen Verteidigers beizuordnen ist (OLG Köln StV 2015, 20). Wird ein nicht vom Angeklagten benannter Verteidiger nur deshalb beigeordnet, weil das Gericht versehentlich davon ausgeht, die Frist sei bereits abgelaufen, ist die Beiordnung aufzuheben und der vom Angeklagten fristgerecht benannte Verteidiger zu bestellen (OLG Celle NJW 2012, 246).
Macht der Angeklagten von seinem Benennungsrecht Gebrauch, ist gem. § 142 Abs. 1 S. 2 StPO der bezeichnete Verteidiger zu bestellen, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht. Das Merkmal "wichtiger Grund" ist daher eng auszulegen. Eine Ablehnung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, dem Recht des Angeklagten auf einen Anwalt seines Vertrauens gebührt grundsätzlich der Vorrang (Burhoff, Handbuch EV, Rn. 2095).
a) Keine örtliche Einschränkung
Die früher geltende Einschränkung, wonach ein Pflichtverteidiger möglichst aus dem Kreis der im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwälte ausgewählt werden sollte, ist mit dem 2. Opferrechtsreformgesetz entfallen (hierzu Burhoff ZAP F. 22, S. 483). Seitdem ist die Gerichtsnähe des Verteidigers keine wesentliche Voraussetzung für eine Beiordnung mehr (Meyer-Goßner/Schmitt, § 142 StPO, Rn. 5). Außerdem ist es nicht mehr erforderlich, dass zwischen Angeklagtem und Verteidiger ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht oder dass der auswärtige Verteidiger über Spezialkenntnisse verfügt, die gerade seine Beiordnung erforderlich machen (KK-Laufhütte, § 142 StPO, Rn. 5).
Hinweis:
Das vom Gesetzgeber ausdrücklich aufgegebene Kriterium der Ortsnähe darf auch nicht "durch die Hintertür" wieder eingeführt werden, etwa indem eine Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" o.ä. erfolgt. Derartige Beschränkungen sind unzulässig (KK-Laufhütte a.a.O.).
Gänzlich irrelevant ist der Kanzleisitz des Verteidigers aber nach wie vor nicht. So kann eine große Entfernung zum Gerichtsort im Einzelfall nach wie vor einen wichtigen Grund i.S.d. § 142 Abs. 1 S. 2 StPO darstellen, allerdings nur, wenn gerade hierdurch eine sachdienliche Verteidigung und/oder der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gefährdet werden (OLG Brandenburg StRR 2015, 42; SSW-StPO/Beulke, § 142 Rn. 22).
Dies wird freilich nur selten der Fall sein. Insbesondere beim nicht inhaftierten Angeklagten ist in der heutigen Zeit eine ausreichende Kommunikation auch ohne ständige Anwesenheit des Verteidigers vor Ort gewährleistet und ein längerer Anreiseweg des Verteidigers wird kaum einmal den Verfahrensablauf behindern (a.A. KG, Beschl. v. 8.7.2013 – 2 Ws 349/13, für eine Entfernung von ca. 540 km zum Kanzleisitz, diese brächte im verstärkten Maße Unzuträglichkeiten bei der Planung und Durchführung gerichtlicher Termine mit sich).
Darüber hinaus darf die Beiordnung des vom Angeklagten gewählten Verteidigers nicht allein deshalb unterbleiben, weil die Staatskasse ein Interesse daran hat, die Kosten der Verteidigung, insbesondere was Reisekosten betrifft, möglichst gering zu halten. Derartige Bestrebungen verstoßen gegen das auch dem Angeklagten, der keinen Wahlverteidiger hat, zustehende Recht, von einem Anwalt seines Vertrauens verteidigt zu werden. Fiskalische Interessen haben hinter die Rechte des Angeklagten zurückzutreten (OLG Brandenburg StRR 2015, 42).
b) Konfliktverteidigung/Fehlverhalten des Verteidigers
Der Verteidigungsstil des vom Angeklagten benannten Verteidigers ist grundsätzlich kein geeignetes Ermessenskriterium. Eine Beiordnung darf deshalb nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der in Betracht kommende Verteidiger habe in früheren Verfahren eine nicht kon...